Deswegen habe ich auch nichts zu entscheiden (Sammelthreads)

J-C, In meiner Welt, Dienstag, 05.04.2022, 22:06 (vor 1343 Tagen) @ ICE 1612
bearbeitet von J-C, Dienstag, 05.04.2022, 22:10

kann ich einfach nicht so stehen lassen.

Und das ist absolut dein gutes Recht.

[...]

Meine Haltung zur Maskenpflicht entspringt also nicht irgendwelcher Panik, sondern ich bewerte das ganz rational. Und ich denke schon, dass bei dieser Gefährdung beispielsweise für Menschen mit chronischer Nierenerkrankung von gesunden Menschen in deinem Alter verlangt werden kann, während des kompletten Aufenthalts in öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maske zu tragen, da doch der ÖPNV grundsätzlich der ganzen Gesellschaft offenstehen und Inklusion darin gelebt werden soll.

Das ist an sich absolut richtig. Würde man meiner Argumentation folgen, würde man es mehr oder weniger bewusst zulassen, dass hier eine nicht unerhebliche Anzahl an Menschen einer hohen Gefahr ausgesetzt wird und letztlich eben mit diesem Virus in größere Probleme kommt. Ich werde nicht einmal meine Einschätzung rechtfertigen. Die Konsequenz von so Dingen wie dem Freedom Day, wie man ihn in UK sieht, wird ziemlich sicher sein, dass da sehr viele Menschen erheblich erkranken, das wird die Gesundheitssysteme stark belasten (und auch hier kann das ein Problem sein, über die NHS müssen wir jetzt mal nicht reden), das wird zu Todesfällen führen. Das Problem ist: ewig kann das eben auch nicht halten. Früher oder später wird es wohl den Zeitpunkt geben, wo Covid19 tatsächlich so zu behandeln ist wie andere Krankheiten.

Deine Argumentation, dass man die Maskenpflicht im ÖPNV aufheben kann, weil man sich sowieso überwiegend im Privatleben anstecken würde, ist unlogisch. Denn gerade weil im ÖPNV momentan Maskenpflicht herrscht, kann man sich dort schwerer anstecken, im Gegensatz zum Privatleben, wo zu jeder unvernünftigen Gelegenheit im Privatbereich die Maske fällt.

Beziehungsweise ziemlich verständlichen Gelegenheit. Für dich wird Tschechien mehr oder weniger nicht bereisbar sein, da die Maskenpflicht nur kaum befolgt wird und das auch keine Konsequenzen hat. Das sehe ich weder in Österreich, noch bei den paar Malen, wo ich mal in Deutschland bin.

Und dass man jetzt keine größeren Ansteckungscluster in Zügen lokalisieren kann, ist auch klar. Man hat ja viele Kontakte gehabt, ist viel in Zügen gewesen, im Supermarkt, etc. da kann man die Ursache kaum feststellen. Oder die Gesundheitsbehörde macht sich gar nicht erst die Mühe, das Contact-Tracing möglichst engmaschig anzubieten, wenn es denn überhaupt noch persönlich passiert. Ich bekam eine automatisch generierte Mail der Stadt Wien, habe einen Fragebogen ausgefüllt und kam im Nachhinein darauf, dass man 2 Stunden Reise je nach Perspektive doch schon als längere Reise bezeichnen kann. Für mich ist das ja nichts besonderes, mal eben 2 Stunden im Fernzug zu fahren. Mach ich öfters. Eine Stunde Fahrt ist dann für mich so schnell durch wie bei anderen mit der S-Bahn.

Vielleicht bereut man es ja dann Monate später doch, wenn man dummerweise vorher vollkommen gesund war und nachher trotz Boosterimpfung zu den 5-10% mit Long-Covid oder Post-Covid gehört... aber dann ist es eben zu spät, sämtliche Pläne für die nächsten Jahre kann man vergessen, man wird von einer ganzen Reihe von Medizinern hängen gelassen, weil es dafür eben noch keine durchschlagenden Therapien gibt, und kann seine Zeit kraft- und arbeitslos daheim im Bett verbringen.

Das gehört eben auch zu den wenigen Dingen, wo ich wirklich der Meinung bin, dass die Regierung hier ein erhebliches Defizit hat. Bei all den anderen Dingen kann ich ja irgendwie es noch nachvollziehen. Aber dass man nach 2 Jahren so wenig sich dranhängt, das Thema LongCovid ernsthaft anzugehen ist schlicht nicht akzeptabel. Ich werde es nicht haben, da bin ich mir ziemlich sicher. Ich meine, jetzt habe ich eine gewisse verstärkte Immunität mit kaum Kosten. Das ist ideal und hat sich bei denen, die ich kenne und die es auch hatten, ebenso gezeigt.

Klar kann man auch Glück haben und zu den 90-95% ohne Folgen gehören, aber meine Gesundheit wäre es mir nicht wert, dieses Risiko von 5-10% für eine Party mit Freunden ohne Maske einzugehen.

Ich bin so langweilig, ich kann mit Parties nichts anfangen. Mehr als maximal 2 weitere Personen kann ich auf Dauer auch nicht wirklich handhaben, da bin ich schnell ausgeklinkt.

Wenn es Glück ist, bei den sehr häufigen Besuchen im stationären Restaurant sowie im Bordbistro - bei letzteren war ich jede Woche im Frühjahr 2021 2 Mal drin, wurde wegen des Zwanges auch jede Woche getestet...
Ich habe auch in Ungarn eine Woche ohne Maske verbracht. Ohne Konsequenzen.

Und in den Zügen, in denen ich reise, sind ja eben die Nasenbären und Schnabeltiere unterwegs. Aber selten genug, dass das kaum Relevanz hat. Es ist irgendwie ironisch. Vor 1-2 Jahren würde ich jeden anmotzen, der die Maske nicht gescheit trägt und jetzt ist es mir mehr oder weniger egal...

Um auf ein weiteres Argument einzugehen, das du in diesem Beitragsbaum geäußert hast: nein, ich habe auch nicht keine Freunde mehr, sondern Kontakte spielen sich bei mir derzeit eben vorwiegend online und telefonisch ab, so lange, bis die Infektionstätigkeit wieder nach unten gegangen ist. Mit ebenfalls vernunftbegabten und umsichtigen Freunden soll das auch möglich sein. Und genauso lange werde ich auch keinen stark ausgelasteten Zug betreten, solange es nicht unbedingt notwendig ist. Mich eben an vernünftigen Maßstäben orientieren und nicht an irrationaler Lockerungseuphorie, Hamsterkäufen etc. beteiligen, die nach wissenschaftlichen Standards nicht angebracht sind. Natürlich würde ich mir auch wünschen, dass die Pandemie vorbei ist, nur das ist sie eben bei diesen hohen Zahlen und diesen Langzeitfolgen nicht, und Wissenschaftsleugnung kommt für mich wie bei der Klimakrise nicht in Frage.

Und du hast dafür auch verdammt gute Gründe. Ehrlich, in deiner Haut will ich nicht stecken und ich kann auch völlig verstehen, wenn dich mein Beitrag wütend gemacht hat. Dafür will ich mich ehrlich entschuldigen. Ich denke, du willst kein Mitleid, sondern einfach nur Respekt. Und ich denke, dass ich da etwas respektvoller sein sollte, wenn ich so einen Beitrag verfasse.

Mein Problem ist jetzt einfach nur, dass ich am Ende des Tages nie eine gescheite Meinung haben werde. Ich kann gar nicht die Zeit aufwenden, um eine profunde Kenntnis dafür zu haben. Ich will gar nicht für Verständnis werben, ich will einfach nur versuchen, meinen Gedankengang nachvollziehbar zu machen. Du hast halt aus guten Gründen eine entsprechend hohe Kenntnis darüber. Und als ich selbst infiziert war, habe ich mich auch verstärkt damit befasst... auch wenn ich eigentlich mich nicht so sehr damit befassen wollte. Mein Gedanke war eben, man findet immer für alles mögliche eine vulnerable Gruppe etc. Allein das Wort "vulnerabel" macht mich kirre. Vor allem so alleine als Begründung, wie ich es in den Medien so entnehme. Da kriege ich keinen Kontext, es sei denn ich finde einen Artikel in einem Medium, wo der Autor die Regierung natürlich wieder kritisiert und das auf eine Art und Weise, wo ich keinen Bock habe, mich damit ernsthaft zu befassen, weil viel zu oft solche Kommentatoren erwarten, dass die Regierung den Babysitter für die Bevölkerung spielt und überdies offenbar gar nicht erst versucht, die Entscheidungsfindung der Regierung nachvollziehbar zu erläutern. Wozu verbringt man beruflich Zeit mit sowas, wenn man dann dennoch einen 0815-Regierungsbashing-Beitrag daherrotzt?

Ich bin selbstverständlich an meinem Verhalten Schuld, aber aus meiner Perspektive heraus ist es halt einfach nur nervig, wenn man ständig über vulnerablen Gruppen redet, ohne das exakt zu benennen.

Es geht um wesentliche Risiken für einen wesentlichen Bevölkerungsanteil, der ohne das Corona-Virus nicht annäherungsweise in dieser Dimension betroffen wäre. Damit kann ich was anfangen, nicht was mit diesem "Ja da könnten ja vulnerable Gruppen hingehen". Es ist meine persönliche Präferenz, aber das Wort "vulnerable Gruppen" kann ich einfach nicht mehr hören.

Ehrlich gesagt, ich muss wohl lernen, einfach keine Meinung über bestimmte Dinge zu haben... alles andere führt mich nicht weiter. Das würde mir auch das mit dem Respekt und Gelassenheit mehr helfen.

Die Maßnahmen scheinen jedenfalls nicht für mich zu sein, weil ich zu denen gehöre, die kaum was zu befürchten haben.

Ironischerweise hat sich die Anzahl an Kontakten während der Corona-Pandemie eher gesteigert als gesenkt. Es liegt aber vielleicht an meiner Persönlichkeit, dass meine persönliche Gefährdung eher niedrig ist.

Also kurz gesagt, es ist meh.

--
Umwege erweitern die Ortskenntnis ~ Kurt Tucholsky


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