Lagebericht sus dem Impfzentrum. (Sammelthreads)

Der Blaschke, Donnerstag, 29.04.2021, 11:28 (vor 1086 Tagen) @ Der Blaschke
bearbeitet von Der Blaschke, Donnerstag, 29.04.2021, 11:30

Hallöchen!

Geil, so ein Impfzentrum. Man tritt ein - und erstmal gibt's vom Sicherheitsdienst eine Wartemarke. Was für ein Job: alle 38 Sekunden jedem fragen, ob er zur Erstimpfung kommt, dann den Buzzer drücken und den Zettel überreichen. Dann heißt es warten. Aber nicht lange. Das läuft alles industriell wie am Fließband. Ein bißchen wie beim Zirkeltraining. Es gibt diverse Stationen. Überall werden Zettel kontrolliert, ausgefüllt, ergänzt, Haken gesetzt und Namenskürzel vermerkt. Nur meinen Personalausweis - den will nie jemand sehen! Wie bei den Student:innen-Tickets im Zug. Man lobt mich, dass ich die Formulare, die man vorher daheim ausfüllen soll, ausgefüllt habe. Sogar ordnungsgemäß. Dann wogt Enttäuschung hervor - beim Fiebermessen bin ich nicht heiß; und das, wo gleich 4 Damen an der Registrierung stehen. Wir lachen trotzdem alle mal; Fröhlichkeit muss sein. Dann zur nächsten Station und der nächsten Kontrolle. Nein, kein Arztaufklärungsgespräch vonnöten. Die nächsten Eintragungen auf dem Laufzettel. Weiter geht's. Papierkram abgeben und wieder warten. Diesmal wird man namentlich aufgerufen wie beim Arzt - diese Form des Datenschutzes schätze ich ja sehr. Witzig ist ja, dass wir fast alle da ja Versehrte sein müssen und Kaputte; weil wegen Bevorzugung und so. Derweil werde ich zur nächsten Station gerufen. Deren Sinn sich mir nicht erschließt; außer das dem Laufzettel ein paar Kreuze und ein Namenskringel hinzugefügt werden. Wieder raus aus'm Kabuff und warten. Dann werde ich abgeholt, ins nächste Séparée. "Oberarm freimachen" werde ich angebellt und ehe ich mich versehe, hat mir die Johanniterin die Spritze eben dort reingejagt. Bzw deren Inhalt. Irgendwie bescheiden die Dosis - da bietet so ne Literflasche Cola länger Genuß; selbst bei mir. Aber jetzt ist es soweit. Je suis, I am, ich bin bioNtect! Juchhu. Dann darf ich mitsamt Papierkram weiterziehen zur nächsten Station. Dort sammelt man das meiste der Zettellage wieder ein. Nur meinen Impfpaß bekomme ich wieder mit. Vorbei der irgendwie auch aus der Reihe fällt: überall sah ich so schöne gelbe - nur mein altes Vorkriegspapier ist grau. Aber dafür ist die älteste Eintragung irgendwie 47 Jahre alt. Nun soll ich warten. 15 Minuten. Man will gucken, ob ich gleich sterbe. Es läuft ein 'Film' von 15 Min Länge - wenn man dieselben Bilder wiedersieht, so wird erklärt (!), sind die 15 Minuten rum. Ich beschäftige mich aber mit dem Smartphone. Gibt aber kein WLAN da. Und dann stelle ich fest, dass niemand meine Wartezeit kontrolliert! Ich kann also auch nach 12 Minuten gehen. Oder auch 18 Minuten da sitzen bleiben. Hey, DAS IST DIE 'NEUE FREIHEIT'! Yüppieh!

Und jetzt sitze ich daheim. Werde den Tag genießen, mir eine herrliche Cola gönnen (bzw auch zwei. Oder drei), Unterschichten-TV anschauen und alle Fenster aufreißen und jedes hereinfliegende SARS-CoV2-Virus mit einem hämischen Grinsen begrüßen!

Und kurz vor meinem nächsten Burzeltag darf ich nochmal hin - dann gibt's die nächste Dosis und dann irgendwie noch ne Woche warten und dann bin ich safe, clean, sicher. Denn auch wenn ich kein Eisenbahner bin - deren Philosophie verinnerliche ich trotzdem: immer zur sicheren Seite hin!


Schöne Grüße von jörg


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