Ein Beförderungsvertrag ist kein Reisevertrag (Allgemeines Forum)

JoeO, Braunschweig, Montag, 05.05.2025, 19:07 (vor 19 Tagen) @ Hustensaft

Das Grundproblem derer, die vertragliche Ansprüche auf einen verlängerten Mindestaufenthalt irgendwo geltend machen wollen ist, dass sie entweder nicht wissen, dass sie mit der Bahn einen Beförderungsvertrag geschlossen haben oder dass sie nicht wissen, was ein Beförderungsvertrag rechtlich beinhaltet.

Ein Beförderungsvertrag ist ein Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB. Die vertraglich geschuldete Werkleistung der Bahn ist die Beförderung von A nach B. Wenn der Fahrgast irgendwie vom Start- zum Zielort befördert (oder zumindest eine Befördenungsmöglichkeit angeboten) wurde, dann wurde der Vertrag erfüllt.
Der Fahrplan (und damit die gewählten Züge, bestimmte Strecken oder Unterwegshalte etc. sind kein Vertragsbestandteil)

Wollte man einen Vertrag, der mehr als die reine Beförderung von A nach B beinhaltet, so müsste ein Reisevertrag nach §§ 651a-y abgeschlossen werden. Einen solchen schließt die Bahn aber beim Ticketverkauf nicht ab. Auch ist gesetzlich geregelt (§ 651a BGB) das die Regelungen des Reiserechts nicht für reine Beförderungsverträge gelten.

Ein Fahrplan zeigt zwar die angebotenen Reisemöglichkeiten auf, ist aber selbst kein Vertragsbestandteil. Es ist ein Plan, der durchaus geändert werden kann. Änderungen im Fahrplan sind daher keine Vertragsänderung.

Das im Eisenbahnalltag Änderungen und Verspätungen auftreten können, hat der Gesetzgeber schon vor über 75 Jahren berücksichtigt. Seit 1938 ist die Bahn von der Haftung von Folgeschäden von Verspätungen befreit. Bis 2009 (Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007) war jeglicher Anspruch gegenüber der Bahn bei Verspätungsfolgen/Fahrplanänderungen ausgeschlossen. Seitdem gibt es Ansprüche aus der Fahrgastrechteverordnung, aber keine weiteren, darüberhinausgehenden Rechte.

Wie ist es bei zuggebundenen Fahrkarten?
Auch da ist der Fahrplan kein direkter Vertragsbestandteil. Es gibt als Gegenleistung für eine Preisermäßigung nur eine Einschränkung der Gültigkeit des Tickets auf bestimmte Züge. Ändert sich der Fahrplan (oder kommt es zu größeren Verspätungen) so fällt diese Einschränkung einfach weg und es können auch andere Züge genutzt werden. Einzelheiten sind in den Beförderungsbedingungen geregelt.

Als Gleichnis zum Beförderungsvertrag mit zusätzlichen Regelungen, die nicht Vertragsbestandteil sind kann ein Brötchenkauf beim Bäcker dienen:

Dein Bäcker verkauft Brötchen. Er erzählt Dir auch, dass die schöne Maria in der nächsten Woche von Montag bis Donnerstag den Brötchenlieferservice übernimmt. Daraufhin bestellst Du für die nächste Woche von Mo.-Do. jeweils 5 Brötchen mit Lieferung. Rechtlich hast Du nun einen Kaufvertrag über 4x5 Brötchen abgeschlossen. Zumindest für den Bäcker ist klar, dass der Zweck des Brötchenkaufs natürlich ein Treffen mit der schönen Maria ist. Der Plan ist auch, dass Maria mit den Brötchen zu Dir kommt.
Nun gibt es eine Planänderung. Da der Bäcker einen Personalengpass hat, muss Maria nun in der Backstube aushelfen. Die Brötchenlieferung übernimmt deshalb kurzfristig Frührentner Karl.
Tatsächlich ist aber nur der Kauf (und evtl. die Lieferung) Bestandteil des Vertrages. Dass statt Maria nun Karl bei Dir mit den Brötchen auftaucht ist sicher ärgerlich. Einen Anspruch auf eine Begegnung mit Maria hast Du aber nicht.

Genausowenig besteht bei einem Beförderungsvertrag von A nach B ein Anspruch, dass diese Beförderung über bestimmte Wege, mit bestimmten Zügen oder bestimmten Zwischenaufenthalten erfolgt.


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum