Diskussion: der (Un)sinn von Touristen-ICEs (Allgemeines Forum)

Hustensaft, Dienstag, 19.06.2012, 14:47 (vor 4348 Tagen) @ Oscar (NL)

Das Problem ist nicht nur, dass Deutschland weitaus "zersiedelter" ist, sondern auch, dass es die Bahn vor vielen Jahren verpasst hat, sich im innerdeutschen Urlaubsverkehr zu etablieren. Zähle einfach mal, wie viele Touristenorte denn heute beispielsweise an der Nordsee noch mit der Bahn erreichbar sind:

Sylt, Dagebüll, St. Peter-Ording und Büsum in Schleswig-Holstein sowie Cuxhaven und Norddeich in Niedersachsen. Alle anderen Bahnhöfe liegen doch ein gutes Stück von der Küste entfernt und der ÖPNV in der Fläche ist dort eher unterentwickelt. An der Ostsee sieht es übrigens allenfalls in Meck-Pomm etwas besser aus, ansonsten sind auch die dort mit der Bahn noch erreichbaren Ziele "sehr schön übersichtlich".

Der Tourist, der auf das Auto und damit die Mobilität am Zielort verzichtet, möchte zumindest bequem an den Zielort gelangen - und bequem heißt umsteigefrei sowie mit ausreichend Platz für das Urlaubsgepäck. Bei der begrenzten Zahl an Zielen wird es also dünn, nur der 2170/2171 kann sich am Wochenende behaupten. In den Alpen sieht es etwas besser aus, nicht umsonst konnte das Zugpaar 2082/2083 sowie die Ableger 2084/2085 sich halten, der 1986 fährt schon nur noch an Samstagen. Dennoch brauchen auch diese Züge die Zwischenhalte, da ohne die Fahrgäste, die unterwegs aus- bzw. zusteigen die Auslastung auch mau wäre.

Die Bahn lässt hier m.E. Marktanteile liegen, die beispielsweise mit garantierten Buszubringern, welche auch bei Verspätung definitiv auf den Zug warten, durchaus realisierbar wären. Andererseits ist der ICE das denkbar ungeeignetse Mittel, da er bis heute nicht auf Reisende mit (viel) Gepäck eingerichtet ist - und an der See wie in den Alpen wird die Gepäckmenge eben schnell etwas größer.

Was die Bahn also in den rund 4 Jahren machen will, wenn sie die ICs endgültig auf das Abstellgleis zu schieben gedenkt? Schon heute hat man viel getan, um auch die Urlaubs-ICs unattraktiv zu machen: Der 2170 fuhr einst ab Fulda über die SFS, mittlerweile geht es via Gießen und Marburg und damit glatt 30 Minuten länger, von Frankfurt nach Westerland also sage und schreibe 8 Stunden und 6 Minuten, das ging auch schon mal fast 30 Minuten schneller. Aber wahrscheinlich passen diese Züge, ebenso wie die Wochenendverstärker, nicht in das Schöne-neue-ICE-Welt-Konzept, welches eben ab und an auch seine Grenzen findet.


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