Kleiner Nachschlag - warum ich 5h Zug fahre statt 3h Auto (Sammelthreads)

J-C, Da, wo ich grad gedanklich nicht bin., Freitag, 09.08.2024, 17:34 (vor 289 Tagen) @ J-C
bearbeitet von J-C, Freitag, 09.08.2024, 17:39

In einem oft stark ausgelasteten polnischen Abteilwagenzug reisen, dann meist verspätet ankommen - die Verspätungen kommen meist aus Tschechien und der Baustelle bei Deutsch Wagram in Österreich - und somit erst die zweitbeste Verbindung ab Wien kriegen, wahlweise mit einer Straßenbahn (weil derzeit die U4 teils gesperrt ist) erstmal den Bahnhof wechseln, um dann einen Zug zu erwischen… oder gar einen Weg nehmen, der einen SEV und 1,5 Stunden Busfshrt beinhaltet, um dann nach insgesamt 5 Stunden von Tür zu Tür - meist in Wahrheit mehr zu kommen anstatt ins Auto zu steigen, ohne Umstiege und dafür einen fixen Platz über die Landstraßen innerhalb von 3 Stunden sein Ziel zu erreichen? Warum würde ich wohl sowas tun?

Bin ich wahnsinnig, komplett realitätsfern? Oder habe ich nicht doch eine gar nicht so schlechte Möglichkeit gefunden, ans Ziel zu kommen, die die über 2 Stunden Mehraufwand rechtfertigen?

Ich hab kein eigenes Auto zur Verfügung und der Spritpreis wäre da auf Dauer allein schon erheblich. Denke für dir Aufmerksamkeit.

Ich weiß, ich muss ja nichts rechtfertigen oder so, das habe ich auch gar nicht vor. Aber es ist mir heute auf der Rückfahrt eingefallen, nachdem mein Zug 30 Minuten verspätet war, ich aber ohnehin sonst nicht früher mein Ziel erreicht hätte. Baustellen und so.

Zurück zu heute Morgen, ich habe heute schon frei, nachdem ich für den Probemonat 1 Tag und 6,5 Stunden (die ich dank Gleitzeit zu einem vollen Tag zugearbeitet hab) Urlaub hab und mal etwas früher zu Hause sein wollte, um ins Wochenende zu starten. Also erstmal ausschlafen (mein Pendeln hat mich zum Frühaufsteher gemacht und immer wenn ich nichts in Wien zu tun hatte, brach meine Struktur zusammen xD), entspannt noch eine Waldviertler Mohnzelten genossen und dann geht es mit einem RegioBus zum Bahnhof.

Dort angekommen war der REX41 von Wien nach Česke Velenice über 20 Minuten verspätet - Hintergrund war eine Steckenunterbrechung bis 7:30, die noch 2 Stunden später ihre Nachwehen hatte - kurzerhand beschloss ich, weil der Zug ja auch nach Wien zurückkehrt, dieses Mal auch einfach die 3 Minuten rüber nach Tschechien zu fahren und dann wieder zurück.
Ich fand mich im Oberdeck wieder, wo ein Rucksack auf dem Sitz war. Schnell war mein Plan geschmiedet, bei der Rückfahrt zu schauen, ob den wer am Bahnhof in Gmünd vielleicht vermissen würde. Ich weiß selbst, wie bitter ein Verlust ist, da will ich es anderen leichter machen.

War aber gar nicht nötig, denn dann fand sich die Besitzerin und ihr Partner, sichtlich ein älteres Ehepaar, wieder und war froh, die Tasche an Ort und Stelle wiederzufinden. Man hat nicht auf‘s Ziel geschaut, panickierte, als der Zug nicht nach Wien, sindern eben den kurzen Abstecher nach Tschechien nahm und wollte gleich aussteigen. Aber alles war ja gut, man hat keine Zeit verloren und auch keine Wertsachen :)

Stattdessen gewann man ein entspanntes Gespräch über die Fahrt hinweg, wie Bahnfahren eben etwas schöner ist als im Auto zu sein. Einig ist man sich, dass das Leben auf dem Land seine Vorzüge hat, die man nicht missen will. Ich lebe ja seit 2 Jahren an sich auf dem Land und es funktioniert einfach. Mal schauen, wie‘s dann weiter geht. Ob ich in Teilzeit arbeite und studiere oder was völlig anderes daherkommt, alles ist möglich!

Denn sehen wir es mal so. Angenommen ich hätte ein Auto zur Verfügung - bei meinen Eltern käme der ÖV da gar nicht in Frage - so mag ich in der Theorie zwar Zeit sparen. Aber auch, ich verliere etwas. Nein, das schlechte Gewissen würde da nicht fahren, meine Verkehrsmittelwahl basiert bewusst nicht primär auf den Umweltschutz. Ich würde die Zeit dazwischen verlieren. Klar, man bekommt beim Autofahren was von der Landsxhaft mit, man muss aber die ganze Fahrt über fokussiert sein auf die Reise.

Währenddessen in der Bahn. Erfreulicherweise war der Zugbegleiter etwas informativer als ich es sonst kennen würde und informiert bei Kreuzungen wegen der Verspätung über die Wartezeit. Die Franz-Josefs-Bahn ist eben weitgehend eingleisig, man will irgendwann mal was dran ändern, aber das wird noch etwas dauern.

Es ist vor Tulln, da habe ich nach weniger als 2 Stunden Fahrt doch das Bedürfnis, ein WC aufzusuchen.

Wie wäre es im Auto gegangen? Der meiste Teil der Fahrt verläuft dort nicht über eine Autobahn. Da müsste man erstmal warten bis zur nächsten Möglichkeit.

Und man hätte vielleicht auch kein WC, das mit einer Holzoptik und einem Bergpanorama am Fenster tapeziert wurde.

Wie wäre es so mit Essen und Trinken? Man soll ja nicht dehydriert sein. Fahre ich selbst, so muss ich dafür auch eine Pause einlegen. Das addiert also schonmal die Zeit alles.

Will ich einfach nur die Landschaft genießen? Im Zug muss ich nur aus dem Fenster rausschauen. Im Auto würde ich da wohl einen Unfall bauen, wenn ich nicht suf die Straße schaue.

Oder einfach mal im Handy was schauen, vielleicht mal mit wen telefonieren? Freisprechen geht vielleicht, aber chatten? Nope!

Stattdessen steigt man in Tulln auf einen REX4 aus Krems ebenso zum Franz Josefs Bahnhof um. Wegen Baustellen wird der Zug, der leicht verspätet ist, vorgelassen. Das hat der Zugbegleiter auch so kommuniziert. Es geht bis zum innen aufgefrischten Bahnhof. Grad fährt die Tram weg. Naja, für meine Zwecke habe ich ohnehin einen Wanderrucksack mit, nachdem mein Rollkoffer doch nicht so adäqut war und lief einfach ein paar Stationen vor. Mit dem D-Wagen geht es ins Zentrum, dort weiter mit der Linie 71 zim Eingang vom Belvedere-Garten.

Denn wie schon letzte Woche nutze ich den Bahnhofswechsel auch heute dazu, durch den Schlosspark Belvedere zu spazieren. am Hauptbahnhof angekommen nutzte ich nicht den EC Richtung Polen, wo ich nur zufällig noch einen freien Platz finde und wo auch oft die Klimaanlagr ausfälltc sondern einen wunderschönen ČD Railjet mit der Zugnummer 256.

Der Zug war fast pünktlich, viele steigen ein. Viele Plätze sind bis Dresden oder Berlin reserviert. Am Ende nahm ich, nachdem sich der Zug in Bewegung setzte, auf einen reservierten, nicht in Anspruch genommenen Platz. Warum auch immer da wer unbedingt zwischen Wien und Breclav reservierte, um den Platz dann nicht in Anspruch zu nehmen… vielleicht eine andere Platzwahl, ein Anschlussverlust? Kann ich nicht sagen.

Was ich sagen kann ist, dass die Fahrt sehr angenehm war. Keine Probleme, man kam recht reibungslos nach Tschechien, wo ich in einen Schnellzug wechseln würde. Man setzt dort einen RegioPanter statt eines InterPanters ein. Sas ist im Prinzip so, als würde man einen verkehrsroten Dosto anstelle eines Twindexx IC2 einsetzen. Im Prinzip ähnlich, aber doch etwas weniger Komfort. Aber was soll‘s.

Solche Erlebnisse würde ich im Auto nicht haben. Ich würde stur durch die Landschaft fahren müssen und immer die Verkehrsregeln beachten. Was bliebe schon viel an Reisegefühl über?
ein Lokführer wird bezahlt, ein Busfahrer ebenso.

Und, ich muss nicht völlig anwesend sein, ich kann auf der Zugfahrt auch pennen. Schlafmangel? Kein Problem, es ist relativ egal, wie anwesend man auf einer Zugfahrt ist.

Einige Beiträge hier von mir sind ja während einer Zugfahrt entstanden. Während einer Autofahrt einen Beitrag verfassen wäre schwieriger denke ich mal. Zumindest als Fahrer.

Und obwohl ich wegen Baustellen und Fahrzeitverlängerungen eben nicht so schnell ans Ziel komme wie sonst möglich, ein Problem sehe ich darin nicht. Zeit ist am Ende eben relativ.

--
Umwege erweitern die Ortskenntnis ~ Kurt Tucholsky


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum