15 - Jahreswechsel in der Schweiz (Sammelthreads)

J-C, Da, wo ich grad gedanklich nicht bin., Mittwoch, 03.01.2024, 23:16 (vor 478 Tagen) @ J-C
bearbeitet von J-C, Mittwoch, 03.01.2024, 23:19

Es ist noch dunkel, die Morgendämmerung setzt so langsam an, vor mir liegt ein langer Reisetag, 13 Stunden lang werde ich unterwegs sein, 5 Mal eine Grenze überschreiten… es weht etwas Abenteuerlust mit

5:49. Das ist die Abfahrtszeit des Nightjet aus Berlin, welcher schon vor Fahrplanwechsel fast immer auf dir Minute pünktlich war und nun dank Führung über Prag die paar Ausreißer durch polnische Geschichten nun noch seltener wurden.

Irgendwie poetisch. Während die Mehrheit vor dem Abschluss einer Nachtreise stehen und schon um Punkt 7 Uhr in Wien aussteigen, startet meine Reise erst. Erfreulicherweise war der Kiosk in der Woche offen, doch einen Platz fand ich nicht. Denn der Zug hat neben einem Schlafwagen und 2 Liegewagen genau einen Sitzwagen. Und der wird von jenen belegt, die sich den Aufpreis für den Liegewagen gespart haben. Aber ok, 1 Stunde halte ich auch auf dem Boden sitzend aus. Ein anderer Fahrgast hingegen hat die Toilette als Privatabteil missbraucht. Ich hab hingegen es mir gemütlich gemacht, so man es sich eben am Boden sitzend gemütlich machen kann.

Anscheinend waren dann auch die Zuglaufschilder aus (oder wie auch immer diese Dinger an den Türen heißen), man behalf sich mit einem handbeschriebenen DIN A4 Zettel, den man am Halter jeweils befestigte.

„Berlin
Graz“
steht in großen Buchstaben geschrieben. Wenn ich so denke, der Zug startet abends in Berlin, fährt durch Dresden, das Elbtal, Prag, Brno… in Breclav ist bereits eine Stunde vorher der Zugteil nach Budapest abgefahren und ich… sitze auf dem Boden und nutze den Zug für einen kleinen Bruchteil seiner Strecke.

Doch weiter im Text. In Wien pünktlich angekommen (nachdem man zu früh dran war und deswegen erstmal an der Autoreisezuganlage geparkt wurde), ging es nach kurzem Einkauf zum RJX nach Zürich. Wegen der Reisezeit wird er bis Feldkirch auch doppelt geführt. Ich habe im Familienbereich reserviert, da da noch in der grafischen Reservierung am meisten Plätze frei waren…

ja nur dann war ich da und der Wagen wurde zufälligerweise auch zu seinem Zweck genutzt - nebst völlig zu erwartender Lautstärke. Das waren letztlich such 3€ zum Fenster rausgeschmissen. Der Wagen nebenan, wo mir gar nicht so viele Plätze angezeigt wurden, war in Wahrheit halbleer. Ich bekam auf Anhieb einen Vierer - wobei später sich wer dazusetzen würde. Gut, dann werde ich der Warnung im Scotty von wegen hoher Reisendenfrequenz weniger Beachtung schenken. Dank Klimaticket hab ich eh freie Wahl bei den Zügen und kann adhoc umdisponieren.

Es geht recht entspannt bis nach Zürich. Und das auch pünktlich. Keine Verspätung bei der Durchfahrt in Deutschland, erst in Liechtenstein entstand eine kleine Verspätung bei der Kreuzung mit einem verspäteten RJX aus Zürich, aber da der Zug nicht in Sargans hielt, konnte die Verspätung aufgeholt werden.

Die Reise war recht kurzweilig. Höhepunkt war sprichwörtlich der Arlbergpass, schön zugeschneit dort, während es im Tal trocken war.

Und auch praktisch, ich fand mit Maya Mobile einen Anbieter von eSIM aus den USA, wo man für 19$ (und ja, abgerechnet wird da tatsächlich in US-Dollar) das mobile Internet in ganz Europa für 10 Tage mit 10 GB nutzen konnte. Also auch außerhalb der Schweiz und das mit 5G. So konnte ich relativ freizügig auch in der Schweiz in Kontakt bleiben. Das ist schon praktisch.

In Zürich angekommen, beschloss ich, mit der IC Linie 5 - befahren mit ICN - zu reisen. Tatsächlich war ich entzückt, wie zackig der Lokführer den Zug bediente. Der macht nicht irgendein Larifari von wegen zu früh bremsen und dann ausrollen lassen etc.
Nein, da ist ein Virtuose am Werk, der jedes Mal nahezu eine Punktlandung fabriziert.

Und was mir besonders aufgefallen ist: während man in Deutschland und Österreich meist doch etwas Abstand hat zu der Bebauung, fliegt man im Prinzip in der Schweiz oft an den Häusern vorbei. Mit Anbruch der Abenddämmerung war die Reise wie ein Traum geworden. Butterleicht und komfortabel geht es durch die Landschaften und Städte, die Halte sind kurz. Nach relativer Stille durch die Pendler aus Zürich, hörte man zuerst in den ländlichen Bereichen erst die schönen Dialekte der Gegend und dann in Biel der Cut, es wurde nur noch Französisch gesprochen.

Das ist jedes Mal beeindruckend und dafür liebe ich das Land auch :)

Die späteren Tage sahen wenig Reisen vor. Immerhin lernte ich die Bahnen in der Gegend um Lausanne kennen und habe nun beide Linien der dortigen Metro komplett befahren. Irgendwie denke ich bei den Metros aus Paris… was seine Gründe hat, wo die m2 ja mit Gummireifen und ähnlichen Zügen wie in Paris bestückt sind.

Am Tag vor der Abreise übernachtete ich in der Ostschweiz bei Verwandten. Das war praktisch, denn so konnte ich auf der Rückreise etwas flexibler sein.
Tatsächlich konnte ich so den Twindexx nutzen… ich bin mir sicher, dass der Vorgänger eine bessere Laufruhe hatte und mit dem Eindruck war ich nicht alleine. Während der Zug bei der Fahrt vom Tessin über den Gotthard-Basistunnel letztes Jahr eine passable Figur machte, wurde mir tatsächlich auf der Fahrt von Lausanne nach Bern da schon etwas schlecht. Und mir wird nur äußerst selten im Zug schlecht. Das kriegt auch ein 612er nicht hin bei mir.

Da war die Fahrt im klassischen Reisezugwagen später auf den IR doch eine Erholung. Aber immerhin, das System funktioniert einfach. Anschlüsse sind just in time, die Pünktlichkeit formidabel (abseits vom über 30 Minuten verspäteten EC aus Italien, den ich aber eh nicht nahm). So soll es doch sein.

Es war für die Rückfahrt eine gute Entscheidung nicht zu reservieren. Nach einem Kaffee am Morgen fiel recht spontan - dank BahnCard 50 war das bezahlbar für mich - die Entscheidung, nicht 1 Stunde auf den RJX zu warten, sondern gleich über München zu fahren. So konnte ich auch mal eine neue Strecke abhaken und dabei nach vielen Jahren wieder im Pendolino fahren. Sehr kurzweilig das ganze. In Gegensatz zum Gehoppel im Twindexx macht mir die Neigetechnik im „Astoro“ gar nichts aus. Obwohl ich entgegen der Fahrtrichtung saß. Eine Langsamfahrstelle fiel mir auf und einmal musste man kurz vor der Einfahrt am Bahnhof warten. Man kam aber sonst recht flott mit bis zu 160 km/h voran. Schade nur, dass das Bordbistro nichts warmes wegen eines technischen Defekts bot. also nur Sandwich und Rivella im Elvetino. Fein…
Pünktlich kommt man am Starnberger Flügelbahnhof an - ich hab da nachgeschaut. Wollen die das allen ernstes erst bis 2038 fertig neugebaut kriegen? Was wird da so lang eigentlich getrödelt?

Es ist dann auch erstaunlich, wie man von dort zum Gleis 11 braucht. Ist fast vergleichbsr, wie wenn man von der U1 in Wien Hbf auf den Fernbahnsteig will. München Hbf ist eben gigantisch.

In München eingestiegen geht es im RJX nach Wien. Aus fadenscheinigen Motiven, die nicht erörtert wurden, wurde einfach so eine Verspätung von 9 Minuten bis Rosenheim erstellt, die konnte bis Salzburg kaum aufgeholt werden. Doch kam man letztlich dennoch pünktlich in Wien an. Man hat einfach den Teil aus Bregenz schon vorher einfahren lassen, so musste unser Zug nur noch ankuppeln. Bedeutet eben ein paar Minuten Verspätung bei der Abfahrt von Wien weiter nach Budapest, da ja der Teil sus Bregenz sonst nach dem Budapester Teil zum Flughafen fährt, dieses Mal aber eben zuerst fuhr.

Praktischerweise war mein Anschluss nach Tschechien am selben Bahnsteig zu erwarten und so konnte ich die halbe Stunde am Bahnsteig verweilen.

Zwar kam mein letzter Zug letztlich 5 Minuten verspätet an, aber im Prinzip war das ganze doch ganz formidabel über die Bühne gegangen.

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Umwege erweitern die Ortskenntnis ~ Kurt Tucholsky


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