[17] Ein Murabgang mit Folgen (Sammelthreads)

J-C, In meiner Welt, Mittwoch, 17.07.2024, 20:10 (vor 524 Tagen) @ J-C
bearbeitet von J-C, Mittwoch, 17.07.2024, 20:14

In der Steiermark haben Unwetter dafür gesorgt, dass Strecken unpassierbar wurden. Verspätungen, SEVs und ein eher weniger stabiler Fahrplan sind die Folge.
Unter anderem auch, dass der NightJet Graz - Berlin des nächtens über Fehring, Hardberg und Aspang fuhr

Heute habe ich in Wien am Vormittag eine Erledigung und hatte nicht das Bedürfnis, länger zu verweilen, ging es also zurück. Zufälligerweise habe ich so 50 Minuten vorher die Verbindungen gecheckt. Mir war der Murenabgang gestern Abend klar, aber ich ging davon aus, dass man dann eben heute schon ein Ersatzkonzept hat, aber auch in Österreich geht halt doch nicht alles mal eben von gestern auf heute.

Die Folge, der Railjet, den ich nehmen wollte, war 50 Minuten verspätet.

Aber das war nichts gegen das, was ich dann bekam: Der EC 106 Porta Moravica, der bis Przemysl nahe der ukrainischen Grenze zwischen Polen und der Ukraine fährt und der an sich normalerweise um 8:10 in Wien Hbf abgefahren wäre... der wurde umgeleitet. Über die selbe Strecke wie der NightJet? Neeeeeein.

Scotty weist einen zusätzlichen Halt in Kleinreifling aus, dort wurde eine tatsächliche Abfahrtszeit um 9:40 angegeben.

Um die Bedeutung dieser Tatsache darzustellen, erlaube ich es mir, mal das zu skizzieren.

[image]

In grün der Regelweg, in blau der Weg, den der NightJet nahm und in rot der Weg, den der EC106 heute nahm. Es waren kaum welche in dem Zug noch drin, als er ankam, wenn überhaupt irgendwer drin saß. Wer auch immer die Reise auf sich nahm, konnte ganz gepflegt eine Tour durch den Nationalpark Gesäuse - idealerweise im eingereihten SBB-Panoramawagen erleben.

Die Folge jedenfalls, schon eine Stunde vor tatsächlicher Abfahrt war eine Verspätung von 3,5 Stunden ausgewiesen. Die tschechische Fahrplanauskunft (und auch bahn.expert) gingen von einer Verspätung von 2,5 Stunden oder gar weniger aus.

Da ich bislang von Scotty noch nicht allzu sehr betrogen wurde, habe ich diese Angabe mal einfach so als Tatsache hingenommen, spazierte durch den Belvedere-Park, dann noch kurz durch den botanischen Garten nebenan (wenn man mal länger um den Wiener Hauptbahnhof verbringt, kann ich das nur wärmstens empfehlen). Ich war dann doch ein wenig skeptisch, weil sich über eine halbe Stunde hinweg nicht wirklich was an der Verspätungsangabe ändert, aber siehe da... der Zug fuhr fast exakt zu der Minute ab, die Scotty vor knapp 1 Stunde vorhersagte. Ich war bamboozled! Gut, auch die Anzeige war kurz erstaunt, da wurden kurz 100 Minuten draus (da wäre der Zug ja schon längst in Tschechien), dann doch die 210 Minuten, mit entsprechenden automatischen Ansagen.

Es fehlte ein Wagen, dennoch waren mehr als genug Plätze frei. Ich hatte einen Vierer für mich.

Im SBB-Großraumwagen geht es also nach Hause, was ja auch mal eine schöne Abwechslung für mich darstellt. Der Zug wurde von einer 1116 bespannt, das heißt, ein Lokwechsel in Breclav wird fällig. Den Bahnhof erreicht man nach einer verlängerten Fahrzeit durch 3 Betriebsaufenthalte, einer bei der Baustelle nahe Deutsch Wagram, der andere în Hohenau und der dritte am Bernhardsthaler Frachtenbahnhof. Letztere hat damit zu tun, dass in Tschechien man etwas zu schnell mit dem ETCS fertig wurde, die ÖBB-Loks (vor allem ÖBB-Railjets) haben damit ihre Problemchen.

Dieser Artikel auf railvolution.net vom März klärt darüber auf

Der Zugbegleiter konnte die Situation nicht schönreden, er hat uns am Ende bei der Ansage für die Ankunft, wo sogar das SBB-Jingle zu hören war, noch ein schönes Abenteuer gewünscht, auf Englisch hat er am Ende die Hoffnung vorgetragen, dass man die Fahrgäste nächstes Mal hoffentlich unter besseren Umständen begrüßen kann.

War dann doch sympathisch, das hat die Stimmung definitiv aufgelockert. Weil die Klimaanlage natürlich auch funktionierte (wir reden von einem SBB-Wagen, natürlich funktioniert die Klimaanlage!!!)
In Breclav selbst dauerte der Lokwechsel eine längere Weile. Muss man sich vorstellen, man hatte definitiv lang genug Zeit, um eine entsprechende Lok zu organisieren, die Vorkehrungen zu treffen, um eben einen möglichst flotten Lokwechsel zu ermöglichen...
...und dann kuppelt man eine 362 an, die die 160 km/h nicht ausfahren kann und brauchte fast eine halbe Stunde dafür. Mehr als ich kalkuliert habe. Möglicherweise hat man auf einen Metropolitan aus Budapest noch gewartet, was gar keinen Sinn ergibt:
eine Stunde zuvor gibt es ja mit dem Báthory, der in Breclav pünktlich losfuhr, bereits eine Direktverbindung aus Richtung Budapest nach Polen, ein Anschluss von eben jenem Zug ist dann auch überhaupt nicht vorgesehen. Es ist gar nicht möglich, dass irgendwer im Voraus diese Fahrt so gebucht hat, weil eine solche Verbindung gar nicht ausgewiesen wird. Spätestens in Polen mit der Reservierungspflicht hätte man davon gewiss abgesehen.

Aber ja. Wer auch immer mit 4 Stunden Verspätung in Breclav ankam, der hatte das Glück, seinen Anschluss zu erreichen. Denn ja, am Ende wurden es eben 4 Stunden Verspätung. Meine persönliche Verspätung hingegen betrug eben ca. eine Stunde. Das ist mir schon mehr als einmal vorgekommen, auch mehr als 1 Stunde, das aber auch nicht wirklich signifikant oft.

Heute dürften nur die ECs nach Polen halbwegs zuverlässig laufen, da ist es tatsächlich sinnvoll, auf die Online-Fahrplanauskunft zu schauen. Kann man froh sein, dass man nicht erst am Bahnhof erfährt, was los ist.

Und dennoch, dass eine Stunde vorher Gleis und Abfahrtszeit akkurat vorhergesagt werden konnte, das fand ich schon erstaunlich. Diese Umleitungstrasse konnte man zwar schon planen, aber man muss bedenken, es geht teils um eingleisige Strecken, es geht um eine gar nicht so wenig ausgelastete Weststrecke. Über so eine weiträumige Umleitung mit so vielen Dingen, die Schief gehen können, tatsächlich zuverlässig die Verspätung und das Gleis vorherzusagen, sodass ich komplett gemütlich, ohne Stress einen schönen Spaziergang noch haben konnte, ohne mir Sorgen zu machen, dass mir zwischendurch der Zug abfährt, das ist doch eine schöne Sache.

Ich war nur ein wenig enttäuscht, der tschechische Zugbegleiter nutzte den ÖBB-Wagen, um die Ansage zu machen, ich hab eigentlich gehofft, eine Ansage mit SBB-Jingle in Tschechien aufnehmen zu können :D

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Umwege erweitern die Ortskenntnis ~ Kurt Tucholsky


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