[OT] Schweden scheitert gewaltig (Allgemeines Forum)

J-C, In meiner Welt, Dienstag, 16.06.2020, 19:54 (vor 2002 Tagen) @ Alphorn (CH)
bearbeitet von J-C, Dienstag, 16.06.2020, 19:57

Falls du Corona meinst: die Schweden haben eine andere Philosophie ...


Aber keine sehr effektive.

Dass sie verteidigt wird, obwohl dessen Chefepidemiologe einräumte, dass die Strategie falsch war, halte ich für bedenklich.

Übrigens, es ist das selbe Land, welches sich schon seit 2010 auf eine solche Pandemie vorbereitet hat. Also eigentlich beste Voraussetzungen, um ein Musterschüler in der Covid19-Krisenbewältigung zu sein.


Schweden hat bereits 5000 Tote,

Tendenz stark steigend

Norwegen (mit halb so vielen Einwohnern) nur 250

Dabei hat Norwegen eine ähnliche Bevölkerungsstruktur wie Schweden. Gerade Schweden hat eigentlich von Haus aus Social Distancing gesellschaftlich etabliert.

Schlimmer noch (und damit semi-relevant für den neuen Zug): Die täglichen Neuinfektionen nehmen stark zu.

Teil der Wahrheit ist aber auch, dass sowohl mehr Tests verfügbar sind und diese nun auch gratis durchgeführt werden - das ist wiederum eine Tatsache, die tatsächlich Schweden wiederum richtig gut gemacht hat. Wünschenswert wäre es, wenn Tests für alle eben auch bei uns angeboten werden. Ich fühle mich ehrlich gesagt etwas unwohl, wenn ich weiß, dass ich unwissentlich die Krankheit verbreiten könnte, während ich davon nichts spüre.

Schweden hat es (bisher) geschafft, die Kurve abzuflachen und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden.

Aber das reicht nicht: Auch mit nicht überlastetem Gesundheitssystem sterben viele.[/url]
Bor allem hat man das Ziel, die Risikogruppen zu schützen, phänomenal verfehlt.


Und wenn das Ziel die Herdenimmunität ist, geht das nur mit zirka 60'000 Toten - sonderbar bei einem Land, welches seine 350 jährlichen Verkehrstoten mit "Vision Zero" auf Null bringen wollte.

Es ist dieses Paradoxon, welches ich nicht verstehe. Was ich aber umso trauriger finde ist, wenn es ernsthaft Wissenschaftler dort gibt, die sagen, dass alle anderen Länder es falsch machen, aber Schweden richtig liegt.

Aber so richtig schlecht ist mir geworden, als ich einen Artikel in der Berliner Zeitung las, worin Chefepidemiologe Anders Tegnell wortwörtlich so zitiert wird:

Ein zweites Schlaglicht: Staatsepidemiologe Anders Tegnell empfahl kürzlich in einem Interview allen, die aus den enormen Infektions- und Todesraten in Schweden einen Misserfolg lesen, sie sollten ruhig „etwas kaltblütiger“ sein – die Pandemie sei längst nicht zu Ende, und langfristig werde Schweden erfolgreicher sein als der Rest der Welt.

Das, was Schweden tut, ist wie eine Autofahrt im Nebel mit höherer Geschwindigkeit als die Sicht erlaubt - ein Glückspiel mit Leben oder wie ich es nenne: schwedisch Roulette. Und das, was Herr Tegnell da gesagt hat, ist nichts geringeres als ein Zeugnis der Geringschätzung von Menschenleben einer verfehlten Strategie zuliebe. Das kann sehr gut als Grund hergenommen werden, wieso man bei solchen Angelegenheiten als Politik nicht alles an die Wissenschaft deligieren sollte, sondern die Politik Entscheidungen treffen muss. Ein Wissenschaftler kann verdammt kaltblütig sein, was Menschenleben angeht.

Und - um zurück zum Thema Bahn zu kommen - es gibt kaum ein Anzeichen, dass man seine Strategie irgendwie ändert, dass jetzt Beschränkungen kommen, die die Zahlen runterpushen.

Und wenn 2021 dieses Land weiterhin an seiner Strategie festhält - und ob eine Immunität nach einer Infektion auch nachhaltig wirkt, ist noch nicht gesichert, also es kann für eine ganze Weile weiter so laufen, dann wird wie gesagt nichts aus einem Fernverkehr von Schweden nach Europa, weil das Land sich so lange selbst mit Absicht als Problemzone hält, bis es Medikamente und Impfung dagegen gibt.

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Umwege erweitern die Ortskenntnis ~ Kurt Tucholsky


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