HGV soll kein Selbstzweck sein (Sammelantwort). (Allgemeines Forum)

Oscar (NL), Eindhoven (NL), Freitag, 24.07.2020, 12:26 (vor 1364 Tagen) @ Power132

Power132:

Was bringt HGV, wenn es wenig Anschluß gibt und zwar an die "normalen" Strecken. Es bringt doch nicht viel, quer durch Europa mit 300 oder mehr zu fahren, wenn es Regionen gibt, die nicht am HGV partizipieren könne, weil man erst umständlich an die HGV Strecken rankommt.

Bei HGV muss man mit Kompromissen leben. Lasse ich Halte aus, dann ist mein Zug zwar schneller, aber dann sind die Fahrgäste länger unterwegs, bevor sie den Zug haben. Das kann man allerdings dadurch kompensieren, dass man IC-Verbindungen zu den Rennbahnhöfen anbietet.

Hier in Eindhoven (NL) überlegt man, wie man die Stadt am besten an das europaweite HGV-Netz anbinden kann. Manche meinen, in Eindhoven soll der Thalys, ICE und/oder Nachtzug halten, wenn auch nur einige Male am Tag. Selber bin ich dafür, dass man möglichst bequem Rotterdam (eurostar), Antwerpen (Thalys) oder Düsseldorf (ICE, nightjet) erreicht. Im Falle Düsseldorf z.B. stündlicher "IC".

Wäre es nicht sinnvoller, das bestehende Netz fit zu machen und Teile davon auf HGV zu optimieren? Man muss die Fahrgäste in die Züge bekommen, damit sie ihr Auto stehen lassen oder ganz abschaffen. Das schafft man aber nicht damit, HGV Strecken in die Welt zu pflanzen und sich nur auf Metropolen zu konzentrieren, um dem Flugzeug Kunden abzujagen.

Vor 10-15 Jahren schrieb ich hier noch, dass in Deutschland Otto dank ICE nicht mehr mit seinem Mercedes von seinem bahnlosen Wohnsitz zum Zielort fahren muss. Stattdessen hat er einen kleinen bequemen Volkswagen, fährt zum ICE-Bahnhof und fährt ab dort per Bahn weiter.
Dieses Szenario ist allerdings nur treffend, wenn sein Zielort ordentlich mit ÖPNV verknüpft ist. Also das Bankgebäude in Frankfurt; nicht sein Onkel der in einem bahnlosen Dorf im Odenwald wohnt.

Fällt mir gerade ein:

1. so manchmal machen wir uns lustig über die Franzosen und ihre Bahnhöfe wie "Le Creusot TGV" mitten in der Pampa. Zugleich kommen Jean-Claude und Marie-Claire mit ihrem Renault leichter zu so einem Bahnhof als Otto und Bärbel mit ihrem Volkswagen nach Göttingen.
Na gut, Deutschland kann es auch mehr oder weniger. Montabaur ist ja auch sowas wie "Koblenz ICE".

2. das MaaS-Verfahren (ich berichtete schon eher) habe ich als Bedrohung für die Bahn dargestellt, bietet aber auch Chancen. Vielleicht soll die Bahn callabike und/oder Carsharing mehr/besser vermarkten; erst recht wenn selbstfahrende Autos kommen. Dann reist man die grossen Abschnitte schneller als das Privatauto und ist man trotzdem mobil vor Ort, auch wenn es an ÖPNV fehlt.

Es muss eher daran gedacht werden, Regionen erst einmal (wieder) an das Schienennetz anzuschließen und diese zu verbinden. Dann kann man auch über ein europäisches HGV Netz nachdenken. Der Mix macht es.

Das muss nicht unbedingt in dieser Reihenfolge (China macht es sogar andersrum = erst das schnelle HGV-Rückgrat, danach die "Haarfässer"). Wieso nicht gleichzeitig? Italien investiert zur Zeit auch in S-Bahnen dort wo die Frecce halten (Turin, Bologna).

Zum europaweiten HGV-Netz: nette Sache... für uns ICE-Fans. Es soll aber kein Selbstzweck sein. Manche Relationen (Mailand-Rom, Paris-Marseille, Madrid-Barcelona) sind für HGV prädestiniert und kann man nonstop fahren; andere, langsamere Züge halten dafür in Lyon, Zaragoza und Bologna. Deutschland ist mit seiner polyzentrischen Struktur weniger dafür geeignet.

Power132: (2. Beitrag)

Aber wenn man keinen gesunden Mix aus ÖPNV und HGV hinbekommt. bringt HGV wenig.

Doch, tut er:

Henrik:

Frankreich? Spanien? ..für so einige Träumer hier ja das Traumland ihrer feuchten Träume in Sachen HGV. ÖPNV? Regionalverkehr? Fehlanzeige. nix. nada.

Meinetwegen auch China, wenn man das ÖPNV-Angebot vergleicht mit der Einwohnerzahl der Städte.

Hauptsache ist nur, dass die Konzepte von FR/ES/CN nicht unbedingt auf Deutschland übertragbar sind.

Alibizugpaar:

Gesund wird der Mix erst, wenn der Schnellverkehr zwischen diversen weiteren Punkten vom langsamen Regio/Cargo getrennt ist.

Das geht allerdings auch erst nur wenn Platz vorhanden ist. Leider sind wir nicht in China wo alles was nicht passt passend gemacht wird.
Zudem kann man die Frage stellen: ob man mehr Rennbahnen braucht, oder doch mehr Cargobahnen. Bei uns wurde z.B. die Betuweroute gebaut. Deutschland verfügt schon über einige Cargo-Korridoren; diese sollte man konsequent ausbauen.

Hamburg - Köln in vier Stunden sind mehr eine Form fortgeschrittener Altersverkalkung statt zeitgemäßem beschleunigten Fernschnellverkehr.

Laut Google Maps ist Hamburg-Köln 425 km. Der ICE-Fan in mir sagt: ein Chinese reist das in 2 Stunden.
Problem bei Hamburg-Köln ist aber dass man:

1. ab HH-Hbf 15 Minuten verbummelt bis man HH-Harburg vorbei ist. In China wäre HH-Harburg dann der Rennbahnhof von Hamburg (ab dort z.B. 335 km nonstop in 1:40 nach Kopenhagen). Dann verschiebt man aber ein Problem, denn ab HH-Harburg muss man dann in die Innenstadt von Hamburg kommen.

2. in Rhein-Ruhr-Sieg noch Dortmund, Essen, Duisburg und Düsseldorf anbinden muss. Die Städte liegen so dicht beieinander, dass man quasi wieder in die Bremse muss, sobald man die 200 km/h vmax berührt. Dort hilft keine Rennbahn.

Verbleibt der Abschnitt HH-Harburg - Dortmund. Das wäre etwa 350 km Rennbahn, Fahrzeit 1:30 (IC: 2:00 mit extra Halten). Summa summarum kann man das vielleicht auf 3 Stunden reduzieren, aber nicht auf 2.

Zu guter letzt: Deutschland steht in Vergleich zu China gar nicht sooo schlecht da.
Klar ist es beeindruckend, dass China 32.000 km an Rennbahnen hat.
China hat dann auch 16 mal soviele Einwohner als Deutschland.
Da Deutschland ein relativ kompaktes Land ist, sind die durchschnittlichen Fernverkehrsabstände kleiner und somit 300+ km/h weniger lohnend.
Wenn ich in Deutschland Rennbahnen und ABS >= 200 km/h zusammenrechne, komme ich auch an 2.000 km, was 1/16 Teil von 32.000 km ist.


gruß,

Oscar (NL).

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Mit den neuen IC-Triebwagen wird alles besser !!

Trans-Europ-Express 2.0? Abwarten und TEE trinken!

Schienenstränge enden nicht an einer Staatsgrenze, sondern an einem Prellbock.


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