Keine Rechtfertigung des Verhaltens (Aktueller Betrieb)

Sanformatiker, Dienstag, 27.08.2024, 10:26 (vor 24 Tagen) @ Knochendochen
bearbeitet von Sanformatiker, Dienstag, 27.08.2024, 10:27

Ich habe in meinem Beitrag nicht das Verhalten des Zugbegleiters gerechtfertigt, sondern lediglich einen Erklärungsansatz auf Grundlage der bestehenden Rechtslage geboten, warum er sich so verhalten haben könnte, wie er sich verhalten hat.

Ich habe deinen Beitrag auch nicht als Rechtfertigung für das Verhalten oder Verteidigung des Zubs verstanden.

Ich stimme dir zu: Wir sollten die Bahn als Verbundsystem betrachten und nicht als Aneinanderreihung von EVUs, die sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben und nicht für Verfehlungen der anderen einstehen wollen. Ein unbedarfter Bahnkunde unterscheidet nicht zwischen DB Fernverkehr, den NS oder sonstigen Beförderern; für ihn ist das einfach "die Bahn".

Insbesondere weil - seit da die 408 fahren müsste es jedenfalls immer so sein - in diesem Fall draußen am Zug ja sogar DB dran steht. Und selbst bei den 406 hat nicht jeder auf das Logo am Zug geachtet - der ansonsten wie jeder ICE aussieht - und selbst wenn war die Chance gut einen mit DB-Logo zu erwischen. Und denken wir an den ICE International nach Brüssel: Da ist es ja wieder anders, da bleibt die DB Beförderer.

Demensprechend sollten sich die Beförderer auch verhalten. Wenn einem Kunden die Aufhebung der Zugbindung mitgeteilt wird, muss er sich darauf verlassen können, dass dies auch für die gesamte Strecke gilt, sofern es nicht anders angegeben wird. Dass jemand die Beförderungsbedingungen ließt, kann man wohl im formaljuristischen Sinne erwarten, aber nicht als Unternehmen, was gerne als kundenfreundlich gesehen werden möchte und es sich auf die Fahne geschrieben hat, ein zentraler Baustein in der Mobilitätswende zu sein.

Verschärfend kommt hinzu: Die Beförderungs- und Tarifbestimmungen dürften als AGB angesehen werden und im Zweifel auch so behandelt werden. Diese dürfen - eben weil man die nicht jedes Mal bis ins letzte Detail liest und ehrlich gesagt auch gar nicht immer bei jedem Vertrag kann - eben keine überraschende Klauseln enthalten. Wenn einem der Vertragspartner - sogar proaktiv und nicht nur auf Nachfrage - mitteilt, dass die Zugbindung aufgehoben ist (und das ohne Einschränkungen), dürfte jede abweichende Regelung in den Tiefen des Kleingedruckten daher im Zweifel sogar unwirksam sein. Nützt einem in dem Moment vor Ort natürlich nix, wenn man vor dem Zugbegleiter steht. Das müsste man am Ende mindestens mit der Bahn oder sogar vor einem Richter ausdiskutieren.

Es sind nicht die großen Generalsanierungen, Neubaustrecken und Bauprojekte, die einen signifikanten Eindruck beim Kunden hinterlassen. Oft sind es die kleinen, schnell umzusetzenden Dinge, wie z.B. einfach in solchen Situation, wie im Ausgangsbeitrag beschreiben, Kulanz (oder bessere Kommunikation, für die, die sich an dem Wort stören) walten zu lassen, die den größten Unterschied beim Kunden machen und noch nichtmal viel kosten.

Auch die "großen" Dinge hinterlassen einen Eindruck beim Kunden und ärgern ihn sicher auch. Aber beim Beispiel Generalsanierungen ist dem Fahrgast halt auch klar: Irgendwann ist das nötig und muss gemacht werden. Das erzeugt Verständnis. Aber gerade diese persönlichen Erfahrungen mit solchen Fällen, in denen man selbst betroffen ist, prägen natürlich das Verhältnis zu Bahn besonders und nachhaltig. Das Problem ist halt: Gerade direkt beim Kunden ist es natürlich besonders schwierig ein konsistentes freundliches Verhalten gegenüber dem Fahrgast sicherzustellen. Es sind halt tausende Zugbegleiter, mindestens hunderte an den Schaltern in den Reisezentren, bestimmt auch tausende in den Bistros und Restaurants. Und da reicht ein unzufriedener Stinkstiefel oder ein Hundertprozenter, der die gute, freundliche und kundenorientierte Arbeit von mindestens 95% aller Bahner mit einer Aktion zu Nichte zu machen. Denn gerade die negative Erfahung prägt sich der Mensch halt ein. Und den Hundertprozenter wird man im Zweifel nicht mal los, er macht ja nach den Buchstaben der Spielregeln ja sogar alles richtig.


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