Bahnhofs-Köf / Personalverfügbarkeiten generell (Allgemeines Forum)

Alibizugpaar, Köln (im Herzen immer noch Göttinger), Donnerstag, 23.03.2023, 11:35 (vor 1001 Tagen) @ Ludo

Die Bundesbahn konnte früher noch an jedem normalen oder etwas größeren Bahnhof Züge und Einzelwagen rangieren. Und es gab noch Rangierer und Wagenmeister.

Das geht heute teils nicht einmal mehr in Großknoten.

Das liegt nicht nur am heute überwiegenden Triebwagen-Alltag. Daß man nichts mehr rangieren konnte, das war schon vor 25 Jahren so. Als noch fast überall jede Menge Lok-Wagen-Kompositionen unterwegs waren.

Überhaupt die schon menschenleeren Bahnbetriebsanlagen zu jener Zeit: Ich war wochentags auf Privat-Begleitung. Aufgabe für den Hannoveraner Dispo-Tf: Mit 218 zwei Schad-110 nach Braunschweig überführen. Also mit dem Diesel vom Hbf zum Lokschuppen Ost gerollt. Drehscheibe nicht besetzt, 110er von der falschen Seite zugeparkt, Funk:

Tf: Chef, keiner da, komme nicht ran.
Chef: Wie keiner da?
Tf: Alles zu, habe 2x laut gepfiffen, kommt keiner.
Chef: War doch alles angemeldet.
Tf: Keiner da, außerdem zugeparkt.

Dann die drei Falschparker zusammengeschoben, gekuppelt (ein zufällig anwesender
Fern-Tf stieg nebenan von seiner 103 und half mit) und mit der 218 umgesetzt. 110er in den Hbf auf so ein Zwischengleis ohne Bahnsteig gezogen, einmal herum, dann mit + 80 ab.

In Braunschweig war dann der avisierte Rangierer nicht da, der auf die letzte Zehner steigen sollte, um die Schadloks durch den Tunnel ins Werk zu schieben. Wir waren ja auch was spät dran.

Tf: Chef, keiner da, komme nicht weiter.
Chef: Wie keiner da?
(...)

Mit der 218 umfahren und zum Werk hoch gezogen. Noch mehr Verspätung.

Oben dann 218 zur Abstellung auf die Schiebebühne. Nicht besetzt. Funk, warten, warten, warten. Lecker Brötchen vom hannoveraner Wurst-Basar verschlungen, warten, warten, warten.

Auftrag zurück, 2x 141 nach Hannover fahren.

Tf: Meister, eure Loks sind zugestellt, komme nicht ran.
Stellwerk: Wie zugestellt?
Tf: Steht ein 614 im Weg, die beiden 141 dahinter sollen nach Hannover.
Warten, warten, warten, warten, warten, warten, warten, warten, warten, warten.
Stellwerk: Brich ab, fahr nach Hause. Kriege keinen ran für die 614.

Mit einem IR Gastfahrt zurück nach Hannover. Dort an mit über dreieinhalb Stunden Verspätung.

Der Tf sagte "Pfff, ist inzwischen Alltag. Aber wird ja jede Minute bezahlt."

Mir war klar: Die Bundesbahn mutierte unter der Bahn AG zu einem Saftladen.

--
Gruß, Olaf

"Die Reise gleicht einem Spiel; es ist immer Gewinn und Verlust dabei und meist von der unerwarteten Seite."

Goethe an Schiller 1797


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum