(Ge-)Danke und Sprachen (Reiseberichte)

Tobs, Region Köln/Bonn, Freitag, 15.11.2024, 18:07 (vor 399 Tagen) @ JanZ

Das kenne ich nur zu gut. Jedes Mal möchte man den Kopf in den Sand stecken, vor lauter Scham über den eigenen, schrecklichen Akzent. Ich selbst versuche Englisch immer (zumindest aktiv) zu vermeiden und presche dann immer auf Französisch vor, da es so zumindest schwieriger zu sein scheint, mich als Deutschen zu enttarnen. Ganz witzig ist das übrigens in Brüssel, wo mir Flamen sehr oft auf Niederländisch antworten, was ich als Kompliment verstehe.


Es kann aber gut sein, dass sie das immer tun, wenn jemand Französisch mit ihnen spricht.

Das wäre in der Tat eine mögliche Erklärung, derer ich mir unbewusst war. Ich kann mich an einen Floristen in Antwerpen erinnern, der klar sagte, dass er mich nur in niederländischer Sprache bedienen werde. Das akzeptierte ich dann und wir haben uns dann tatsächlich auch noch (relativ) lange über Politik, er gab seine (sehr) beschränkt positive Meinung zu Bart De Wever, der zu diesem Zeitpunkt frisch gewählter Bürgermeister ebd. Stadt war zum besten.

Am Bahnhof gab es übrigens einen Kiosk, mit einer sehr charmanten, jungen, maghrebinischen Verkäuferin, den ich regelmäßig aufsuchte. Sie bediente mich immer auf Französisch und als sie erfuhr, dass ich Niederländisch könne, sagte sie mir, übrigens auf Französisch (und mit einem herzlichen Augenzwinkern), dass sie mich beim nächsten Besuch auf Niederländisch bedienen werde. Es beinhaltet eine gewisse Ironie, dass dieser Besuch bis heute ausgeblieben ist.

Eine letzte, mir in sehr guter Erinnerung gebliebene Anekdote zum Schluss: Ein relativ junger Obdachloser, den ich übrigens erst auf dem zweiten Blick als solchen registriert habe, sprach mich auf Niederländisch an, um ihn abzuwimmeln antwortete ich direkt auf Französisch, dass ich des Niederländischen unmächtig wäre. Er stammelte sich dann, bestimmt fünf Minuten, mitunter mit Händen und Füßen einen ab, um mir zu erklären, dass er Geld für den Bus bräuchte, um seinen Vater zu besuchen. Ich glaube schon, dass ihm klar war, dass ich ihm kein Wort glaubte, aber seine Performance schien uns beide, im Laufe des Prozess, beide gleichermaßen zu amüsieren. Jedenfalls bin ich bis heute der Meinung, dass er sich den 5-Euro-Schein, den ich ihm gab, mehr als verdient hatte. Er verabschiedete sich sodann sehr höflich und wir zogen beide unserer Wege, Genesungswünsche für seinen Vater gab es natürlich auch noch. -;)

In meinem Kauderwelsch-Sprachführer Flämisch ist das Bild von einem Schild: "Vlamingen, spreek steeds uw taal in Brussel".

... Womit ich gewissermaßen sympathisiere, insoweit es darum geht, die Sprache in Brüssel, als Teil der städtischen Kultur zu erhalten. Aber auch das bitte nur dann, wenn alle Gesprächsteilnehmer*innen der Sprache auch mächtig sind.

Komischerweise stört es mich - mit deutscher Muttersprache - keineswegs, wenn in der Bahn "Nächster Halt: Ariolo" angesagt wird, "Prossima fermata: Arth-Goldau" hingegen sehr.


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