Fieser Vinter beim verrückten Finnen-Volk – 2/2 (Reiseberichte)

Krümelmonster, München, Mittwoch, 15.03.2023, 21:16 (vor 379 Tagen) @ Krümelmonster

Am Silvester-Morgen fuhr ich noch weiter Richtung Norden, und zwar mit dem aus Helsinki gekommenen Nachtzug. Er hatte 10 Wagen, davon ein Restaurant, plus hinten mehrere Wagen für bekehrte Stinktiere. Abfahrt war kurz nach halb 9. Ich wollte alle Guten-Rutsch-Glückwünsche versenden, solange es eh noch dunkel war – doch „schon“ kurz nach 9 Uhr dämmerte es, und während der Zug nach Nordosten fuhr, war es kurz nach 10 Uhr so hell, dass man draußen alles erkennen konnte. Kaum (oder gar nicht) später als im Süden! :-O Des Rätsels Lösung: Dort oben im Norden liegen die Längengrade sehr nah beieinander, bereits Oulu liegt so weit östlich wie Porvoo. Die Fahrt führte zunächst von Oulu gerade Richtung Norden. Der erste Zwischenhalt war nach über einer Stunde die Hafenstadt Kemi. Von der größten Schneeburg der Welt, die hier jeden Winter erbaut wird, sah man nichts, dafür war es noch zu schummrig. Kurz hinter Kemi überquerte der Zug den breiten Kemijoki (da man kein fließendes Wasser erkennen konnte, hätte man ihn ob der Größe auch glatt für einen See halten können^^) und verließ danach den Küstenbereich. Nun gab’s wieder Wald zu sehen, nicht mal Seen.^^ In der absoluten Wildnis (Pass auf, Schland, selbst hier gab’s durchgehend Internet!) hielt der Zug zweimal, in Tervola (nicht ganz 3.000 EW) sah ich tatsächlich zwei junge Mädels einsteigen. :D (Der zweite Halt Muurola hat unter 1.000 Einwohner. :D) Kurz vor dem Ziel wurde die übliche kurze automatische Ansage abgespielt, dann hielt die junge Zubine bestimmt 3 min lang einen Vortrag auf Finnisch und meinte am Ende nur: „Happy New Year!“ :D Anschließend folgte sogar eine automatische Ansage auf Chinesisch. :-O Nach 2:40 h war Rovaniemi erreicht, mit 65.000 Einwohnern die mit Abstand größte Stadt in Finnisch-Lappland.
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306 – 307 Der Bahnhof der nördlichsten Großstadt der EU
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308 – 309 Auf zum Polarkreis!
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310 Bei Ii mündet der Iijoki^^ („Ii-Fluss“; es gibt übrigens auch Yli-Ii, also „Ober-Ii“ :D)
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311 Auf diesem Bild habe ich einen BÜ versteckt^^
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312 Der Kemijoki, der größte Fluss Finnlands, kurz vor seiner Mündung
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313 – 318 Durch den Winterwunderwald geht es noch weiter gen Norden
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319 Wie bewegen sich Kühe durch die Stadt? Auf dem Muu-Rolla!
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320 Der Speisewagen als einziger Nicht-Dosto schaut einfach verboten aus :D
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321 Der Zug
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322 Meine Lok hat sich schon verkrümelt
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323 Geht ja noch^^ (normal wären 10, eher 20 Grad weniger)
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324 Die örtliche Dampflok
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325 Der hässliche Bahnhof^^
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326 Schneehaufen mit Kind als Größenvergleich
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327 Treppe (& Handschuh)
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328 Touri-Bus
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329 Zielgruppe ist klar :D

An den kürzesten Tagen des Jahres lugt die Sonne in Rovaniemi 2½ h lang ganz knapp über den Horizont (und so lange ist es auch nur auf Grund des Effekts der Refraktion: Wenn die Sonne knapp unterhalb der Horizontlinie ist, wirkt es aufgrund der Lichtbrechung in der Erdatmosphäre so, als wäre sie oberhalb – das zählt bei den 2½ h schon mit). Anfang des Winters ist der Himmel aber meistens wolkenverhangen: im Dezember hat Rovaniemi 1½ Sonnenstunden – aber nicht pro Tag, sondern 1½ in Summe für den gesamten Monat! :-O Als in der Stadt die McDonald’s-Filiale eröffnet wurde, war sie die nördlichste der Welt. Ich besuchte sie absichtlich nicht, da sich die weltweit nördlichste Filiale nunmehr 275 km weiter nördlich in Murmansk befand. Ja, und dann zeigte das Kremlmonster sein wahres Gesicht, sodass seit Februar die nördlichste McDonald’s-Filiale der Welt doch wieder in Rovaniemi liegt. -.- Zudem hat Rovaniemi übrigens die nördlichste Schlittenfabrik der Welt. :D
Rovaniemi hat eine wirkliche Touristenattraktion, und die liegt außerhalb der Stadt. Die Stadt wollte ich mir aber schon noch anschauen. Wie die meisten finnischen Städte (v. a. in Lappland!) wurde auch Rovaniemi im Zweiten Weltkrieg von Wehrmacht fast völlig zerstört und anschließend in hässlich wiederaufgebaut (ich verstehe bis heute nicht, warum die Finnen ihren Alvar Aalto so feiern! -.-). Spoiler: Rovaniemi ist selbst für finnische Verhältnisse hässlich. :D (Fast schon auf dem Level von Duisburg… :-/ ) Ich lief etwas durch die Stadt, anschließend verspeiste ich anlassgemäß ein Rentier. =)
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330 Büschn Schnee
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331 Die Kirche von Rovaniemi
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332 Von innen
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333 Jeder, absolut jeder: malt Lämmer in seine Kirchen
Lappland: „Hey, Rentiere sind doch so viel fancier!“
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334 Die Ounaskoski-Brücke ist als Straßenverbindung kaum mehr relevant, aber auf ihr verläuft die Bahnstrecke von Rovaniemi weiter nach Lappland hinein bis Kemijärvi (2014 elektrifiziert für ein tägliches Zugpaar!)
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335 Von den finnischen Städten, die ich gesehen habe, ist definitiv Rovaniemi am hässlichsten! :-/
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336 – 337 Hässlich :D
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338 Die Scheinwerfer sorgen bei Dunkelheit sicher für eine zauberhafte Atmosphäre. Aber vorher halt nicht so.^^
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339 Ein Paar (ja, großgeschrieben) schöne Häuser-Ensemble gibt es
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340 Man beachte die Eiszapfen^^
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341 Rentierli
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342 Noch mehr tierische Gesellschaft
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343 Die Krippe aus Eis kann man normalerweise ohne Probleme hier stehen lassen. (In den letzten Jahren war es aber im Winter sehr warm, zeitweise tatsächlich um den Gefrierpunkt.)
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344 Winterdeko
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345 Die Beiträge Finnlands beim ESCs zeichneten sich jahrelang durch sehr wenige erreichte Punkte aus. Oft schaffte Finnland es gar nicht in die Finnland-Runde, nachdem man im Halbfinale gescheitert war.^^ 2006 trat die finnische Band Lordi mit ihrem aus Rovaniemi stammenden Sänger in Monster- & Zombi-Kostümen auf und holte mit ihrem Hard Rock Song zur Überraschung aller Beteiligten plötzlich den Sieg! Seitdem heißt der „wunderschöne“ Hauptplatz von Rovaniemi offiziell Lordi-Platz. :D
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346 Und hier das zweite der Paar schönen Häuser in Rovaniemi
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347 Türkischer Pfeffer. Tatsächlich hat es mich nicht so arg überrascht, hier einen Dönermann zu treffen.^^ Man beachte auch die Eiszapfen oben am Dach! :-O
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348 Uff!
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349 Samisches Restaurant
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350 Rentierli aufm Teller: Für 36 € is(s)t man dabei!

Um 13 Uhr klarte plötzlich der Himmel auf! :-O Da färbten sich die Wolken rosa und bald begann es zu dämmern. Es war das erste Mal seit dem Hinflug, dass ich blauen Himmel sah – wenn auch nur kurz, denn 13:40 Uhr war Sonnenuntergang (und so spät auch nur wegen der Refraktion^^).
Nach dem Essen suchte ich nach einem Bus. Ich fand eine Bushaltestelle und bald – fernab des Fahrplans^^ – einen Bus. Ich kaufte ein Ticket für die einfache Fahrt, sah danach, dass Hin- und Rückfahrt günstiger gewesen wären und ärgerte mich kurz – doch dann fiel mir ein, dass auf der Strecke verschiedene Unternehmen fahren, die die Tickets wohl kaum gegenseitig anerkennen würden.^^ Es war ein auf die Touris ausgerichteter direkter Bus, er brauchte nur 20 min. Und so lange war es nur deshalb, weil er noch den Umweg zum Santa Park mitnahm. Bis dorthin war ich mit der Fahrerin allein im Bus. :D
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351 Bus mit Rentierli
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352 Um 14:20 Uhr ist es schon sehr schummrig
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353 Hier zu sehen ist die Mündung des Ounasjoki in den Kemijoki. Letzter fließt von links nach rechts.^^
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354 – 355 Noch weiter gen Norden
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356 Santa Park, ein unterirdischer Themenpark
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357 Auch hier gibt es natürlich Rentierlis als Deko
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358 – 360 Ein kleines Stück weiter gen Norden zieht es mich aber noch
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361 – 362 Angekommen
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363 – 364 Am Polarkreis
Etwas mehr als ein Poronkusema nördlich der Stadt war mein Ziel Joulupukin Pajakylä, das Dorf vom Weihnachtsmann. Der Weihnachtsmann kommt bekanntlich aus Lappland. Deshalb hat er ja auch Rentiere. ;-) Ursprünglich galt der Korvatunturi als die Heimat vom Weihnachtsmann – das ist ein Berg mit der Form eines Ohres. Als die Region als Heimat vom Weihnachtsmann immer populärer wurde, wollten die Finnen zunächst einen großen Themenpark dahinbauen. Dabei stellten sie aber fest, dass das Gebiet blöderweise mitten in einem Nationalpark liegt und noch dazu selbst für lappländische Verhältnisse abgelegen ist.^^ Kurzerhand bauen sie den Themenpark in der Nähe von Rovaniemi. 240 km ist ja keine Entfernung in Lappland.^^ Ich erwartete nun den Gipfel an geschmacklosem Kommerz, aber ich war tatsächlich sehr angetan, das ganze war echt schön gemacht!!! Die eigentliche Zielgruppe sind natürlich Familien. Die Kiddies können hier den Weihnachtsmann treffen. Man kann Postkarten mit speziellem Weihnachtslogo verschicken (dabei kann man sogar auswählen, ob sie gleich versendet werden sollen oder erst zum nächsten Weihnachtsfest^^). Hier sieht man eine Webcam vom Areal inkl. Thermometer (das inzwischen nicht mehr so oft – 20 oder drunter anzeigt…). Bei meinem Besuch waren es minus 6 Grad, aber ehrlich gesagt war ich auch nicht traurig über die „Wärme“.^^ Ich hatte dem Besuch zwar entgegengefiebert, aber war irgendwie davon ausgegangen, dass ich enttäuscht würde. :D Stattdessen hatte ich zu wenig Zeit. -.-
Wenn ich schon mal da war, wollte ich auch irgendwas mit Tierchen machen. Nicht nur aus Zeit-, sondern eher aus Geldgründen musste ich mich zwischen Rentieren & Huskys entscheiden. Naja, Huskys sieht man gelegentlich auch in Schland (auch wenn die mich meistens überhaupt nicht beachten -.-). Aber Rentiere nicht so oft. ;-) Also wurden es die Rentiere. Die große Runde (3 km, 35 min) kostet 70 €, muss aber im Voraus reserviert werden. Vor Ort hat man nur die Auswahl zwischen der kleinen Runde (400 m) für 18 € oder der mittelgroßen (1 km) für 29 €. (Bei den Huskys ging es um die gleichen Distanzen und Preise, allerdings laufen Huskys ja wesentlich schneller als Rentiere, sodass man nicht so lange etwas davon hat.^^) Leider kamen gerade zwei große Gruppen an, sodass die mittelgroße Runde bis auf weiteres nicht möglich war. Deshalb nahm ich nur die kleine Runde. Die Traberei hat geschätzt 7 – 8 min gedauert.^^ Ich bin auf jeden Fall froh, dass ich’s gemacht habe! Hier gibt’s ein kurzes Filmchen.
Am Ende ließ ich mich noch mit dem leckeren Rentier fotografieren (ich grenze ja ungern Individuen wegen Äußerlichkeiten aus, aber dazu wählte ich dann doch ein Rentier einen Schlitten weiter, das ein Geweih hatte ;-) ). Die Rentier-Frau meinte: „Wenn du ihm nahekommst, wird er wahrscheinlich mit dem Geweih auf dich losgehen. Zeig ihm einfach, wer hier der Boss ist! Oder nähere dich von hinten.“ Ich nur: „Er darf gern der Boss sein, kein Problem, ich geh nach hinten!“ :D Sie sagte auch, dass man das Rentier irgendwo packen könnte, um einen Angriff zu verhindern, aber das wollte ich gar nicht erst versuchen. Vergeblich: Die Rentier-Kloppe habe ich nur durch einen beherzten Sprung zur Seite vermeiden können. Also Service-Tipp: Falls ihr irgendwo mal ein Rentier seht – lauft nicht drauf zu! Das Geweih ist keine Deko.^^ Dankt mir später!
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365 – 368 Das Weihnachtsmann-Dorf direkt auf dem Polarkreis
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369 War auf jeden Fall gut was los! Im Norden ist tatsächlich der Winter die Hauptsaison (klar, im Sommer will man nicht zum Weihnachtsmann.^^)
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370 Schneemann
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371 – 372 Genau auf dem Polarkreis
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373 Schneehaufen
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374 Neustrelitz, der Nabel der Welt
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375 – 377 Rentierli
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378 – 379 Allein dafür hat sich der Urlaub rentiert!
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380 Es trottet
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381 Oh mein Gott, im zweiten saublöden Seuchenjahr ist sogar mein Rentier mutiert! :-O
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382 Ich nehme Platz
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383 – 386 Los geht der wilde Ritt!
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387 Durch den Wald
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388 Ich habe mich dran gehalten O:-)
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389 Eine Rentier-Fahrt ist lustig,
Eine Rentier-Fahrt ist schön,
Denn da kann man diese puhutzigen Rentierlis ansehn!

(Ja, ich weiß natürlich, dass der Polarkreis nicht ortsfest ist. Die Neigung der Erde ändert sich permanent sehr langfristig, der Schwankungsbereich beträgt immerhin fast 2,5 Grad, das ist etwas mehr als die Nord-Süd-Entfernung zwischen Freiburg im Breisgau & Koblenz! Ich meine, einmal gelesen zu haben, dass die Markierung im Weihnachtsmanndorf die Position des Polarkreises aus den 1880er Jahren markiert, doch ich kann die Quelle nicht mehr finden. U. a. hier ist eine Angabe für die aktuelle Position zu finden. Demnach liegt das Weihnachtsmanndorf 2,2 km südlich vom Polarkreis, lt. der englischsprachigen Wikipedia hingegen ist es nur ca. 700 m südlich vom Polarkreis. Wie auch immer – eigentlich ist der Polarkreis nicht mehr hier, sondern aktuell irgendwo am Flughafen und auf dem Weg weiter Richtung Norden.^^)

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Was Du suchst, ist in Dir. Ansonsten ist es im Kühlschrank. Oder in der Kekspackung. :)


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