Sehr guter Bericht. (Reiseberichte)

Twindexx, St. Gallen (CH), Mittwoch, 02.04.2014, 00:51 (vor 4286 Tagen) @ TD
bearbeitet von Twindexx, Mittwoch, 02.04.2014, 00:53

Hoi,

Danke für den guten Bericht!

Links ein Flirt der SBB Deutschland, der als „seehas“ im deutschen Nahverkehr zwischen Bodensee und Hegau unterwegs ist.

Die Fahrzeuge gehören eigentlich dem SBB-Mutterkonzern, offiziell sind sie für die Seehas-Leistungen an die SBB Deutschland GmbH vermietet. Die SBB setzen die Seehas-Flirt auch selbst mit Schweizer Personal in den Randstunden im Schnellzugsverkehr Konstanz - Winterthur und retour ein. Die SBB Deutschland GmbH besitzt selbst gar keine eigenen Züge.

Auf der Fahrt passieren wir mit Ermatingen auch den „langweiligsten Ferienort der Schweiz“ (Eigenwerbung!).

-> http://www.tagblatt.ch/ostschweiz/thurgau/kantonthurgau/tz-tg/Ermatingen-ist-sooo-langw...

diesem Reisebericht

Da steht noch drin, dass thurbo 90 GTW hätte. Nun, das solltest Du vielleicht mal ändern: Mitte Dezember 2013 nahm thurbo den 105. GTW in Betrieb. Weitere GTW-Bestellungen gibt es derzeit nicht.

Wie die Logos von SBB und DB verraten, ist auch Schaffhausen ein Grenzbahnhof. Wenn die Angaben bei Wikipedia stimmen, gibt die Größenverteilung der Logos die Eigentumsverhältnisse aber nicht korrekt wieder, denn 35% des Bahnhofs sind in deutschem Eigentum.

Rechts hinten steht noch ganz gross "DEUTSCHE BUNDESBAHN" am Bahnhofgebäude eingraviert. Das sollte es wieder ausgleichen. Ansonsten kann niemand etwas dafür, wenn die heutige DB nur so einen mickrigen Keks ans Gebäude nagelt.

Wie gefällt Dir das renovierte Bahnhofgebäude von Schaffhausen? Bei Deinem Besuch waren wie man sieht noch ein paar Restarbeiten am Haupteingang auszuführen.

Dazu müssen wir uns aber für die richtige Station entscheiden, denn Neuhausen hat zwei Bahnstationen.

Ab Dezember 2015 werden es dann drei sein: http://www.sbb.ch/content/sbb/de/desktop/sbb-konzern/ueber-die-sbb/projekte/nationale-u... (PDF, 174 KB).

Im Korridorverkehr werden beide Gemeinden durch die SBB bedient und es gilt auch nur der SBB-Tarif.

Zeitkarten des Waldshuter Tarifverbunds WTV sind seit Fahrplanwechsel im Abschnitt Jestetten - Lottstetten gültig. Der WTV entschädigt die SBB entsprechend. Zuvor mussten deutsche Zeitkarteninhaber für den Zug noch extra SBB-Billette lösen.

Ein schweizerischer Bahnhof in Deutschland – eine solche Besonderheit passt ja gut zu unserem Tour-Motto und so steigen wir hier in Lottstetten aus.

Diese Besonderheit ist der Grund, warum sämtliche Bahnhofsmodernisierungen komplett von den SBB gezahlt werden mussten. Wäre hier die DB zuständig, müssten die Gemeinden an sowas noch jeweils etwas mitzahlen. Der Staatsvertrag regelt das hier aber anders.

Beim Streckenausbau in den letzten Jahren gab es zudem noch etwas kurioses. Den Neubau von Brücken und Unterführungen für Strassen haben die SBB komplett von sich aus bezahlt. Erst nach Abschluss der Arbeiten ist dann jemandem aufgefallen, dass man damit gegen deutsches Gesetz verstossen hatte. In der Schweiz wäre es so korrekt gewesen, in Deutschland gibt es dafür aber extra ein Eisenbahn-Kreuzungs-Gesetz oder wie das heisst, wo die Zahlungsmodalitäten exakt festgelegt sind. Die SBB mussten also den Gemeinden für die Brücken nachträglich noch eine Rechnung von mehreren Hunderttausend Schweizer Franken überreichen, um dieses Gesetz zu erfüllen.
Hat den Gemeinden zwar nicht gefallen, aber Gesetz ist Gesetz. Es gab nur noch etwas Kritik darüber, warum die Rechnung nicht Euro beglichen werden konnte. Aber weil die SBB von diesem deutschen Gesetz nichts wussten, haben sie die Kosten eben nie in Euro ausgewiesen, da man ja davon ausging, dass man das alleine zahlen müsste und man somit bei der eigenen Landeswährung bleiben könne in der Abrechnung.

Im Flirt geht es nun weiter am Hochrhein entlang nach Basel. Aber warum piepsen denn die Türen so komisch?
Und sieht der Flirt nicht auch etwas anders aus als die Flirts, die mir sonst begegnen? Nun, es handelt sich um einen „Flirt France“, der für den Einsatz in Frankreich eine andere Front erhalten hat.

Das Türpiepsen liegt nicht an Frankreich, sondern an den TSI-Normen. Das ist halt das erste und bis jetzt noch einzige Fahrzeug in der Schweiz, das wirklich komplett den TSI-Normen entspricht.

In Erzingen verlassen wir den IRE. Das Bahnhofsgebäude hat schon bessere Zeiten gesehen und wirkt für heutige Verhältnisse etwas überdimensioniert für einen 3.300-Einwohner-Ort. Hier in Erzingen beginnt der im letzten Jahr zweispurig ausgebaute und elektrifizierte Streckenabschnitt durch den Klettgau nach Schaffhausen.

Da hattest Du schöneres Wetter als ich Anfang Oktober bei der Streckeneinweihung: http://www.ice-treff.de/index.php?id=253918

Zwischen Erzingen und Schaffhausen besteht ein Halbstundentakt, den sich SBB und DB teilen. Wir erwischen den SBB-Takt, der wiederum aus einem Thurbo-GTW besteht, jedoch von der SBB Deutschland betrieben wird.

Vorsicht, jetzt wird es kompliziert:
Aufgrund dessen, dass es eine deutsche Strecke ist, hat man bei den SBB entschieden, dass die SBB Deutschland GmbH ein Angebot beim Kanton Schaffhausen einreicht. Deutsches Lokpersonal wegen deutscher Betriebsvorschriften (Bahnhof Schaffhausen als bekannte Ausnahme), Lohnniveau war aber auch ein Thema. Die SBB Deutschland GmbH brauchte dafür aber noch drei Fahrzeuge (eins für den Halbstundentakt und zwei für die Verdichtung zum 15-min-Takt während der HVZ - ein Stundentakt wird sowieso von der DB wegen des Staatsvertrags gefahren).
Wie oben erwähnt hat die SBB Deutschland GmbH aber keine eigenen Fahrzeuge, für zusätzliche Verkehre erst recht nicht. Die SBB wussten aber auch, dass DB Regio ebenfalls ein Angebot abgeben wird. Also sollten es möglichst die günstigsten Fahrzeuge sein, um die DB Regio preislich zu schlagen.
Die SBB beauftragten also ihr anderes Tochterunternehmen thurbo, die Nachbestellung von zwölf GTW 2/8 für die S-Bahn St. Gallen nochmals um drei GTW 2/8 aufzustocken. Diese drei zusätzlichen GTW 2/8 sollen die drei für Erzingen - Schaffhausen benötigten GTW 2/6 freisetzen. thurbo stellt nun also der SBB drei GTW 2/6 zur Verfügung, welche diese Fahrzeuge wiederum der SBB Deutschland GmbH zur Verfügung stellen.
Mit dieser unglaublichen Rollmaterial-Akrobatik hat man die DB Regio dann preislich geschlagen. Die Qualität der Bahnproduktion ist trotzdem sehr hoch, wie auch schon beim Seehas. Die thurbo-GTW werden übrigens regelmässig durchgetauscht, es sind nie dieselben drei GTW nach Erzingen unterwegs.

Das Hinsetzen lohnt sich aber kaum, denn 4 Minuten später in Wilchingen-Hallau steigen wir schon wieder aus. Hier gibt es wieder das Phänomen eines deutschen Bahnhofs in der Schweiz.

Im Gegensatz zur Situation in meinem Bericht sind nun die ETCS-Funkbaken (Eurobalisen) im Gleis montiert worden (sonst könnten die thurbo-GTW dort noch nicht fahren). Auch wurden die Signalmasten am Ostkopf des Bahnhofs erhöht, weil die Ausfahrsignale anfänglich noch zu schlecht sichtbar waren für die Lokführer, was zu einer Langsamfahrstelle geführt hatte.

Aber der Automat hat auch einige DB-Billette im Angebot.

"DB Billette" ist doch eine wunderbare Bezeichnung. ;-)
Interessant ist auch, dass man dort oben im Klettgau ein Billett nach Bozen lösen kann.

Wo sind eigentlich die Unterschiede zwischen "Baden-Württemberg-Ticket", "Quer-durchs-Land-Ticket" und "Schönes-Wochenende-Ticket"? Ok, das letztere gilt wohl nur an Wochenenden, aber sonst?

Rauchverbot auf allen deutschen Bahnhöfen? Nein, hier gilt das Rauchverbot nur in geschlossenen Räumen.

Siehe auch hier: http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20101031
In Deutschland ist das auf Grund eines Gesetzes so, in der Schweiz ist die Gesetzeslage anders.

Interessant auch, dass die Bahnhofsordnung in der Landessprache verfasst ist und unterzeichnet ist vom „Beauftragten für die deutschen Eisenbahnstrecken auf Schweizer Gebiet“ – denn die Bahnhöfe in der Schweiz gingen nicht auf die DB AG über, sondern sind im Besitz des Bundes verblieben.

Genauso wie auch von Seiten der DB von einem Doppelspurausbau gesprochen wurde und nicht von Zweigleisigkeit. Den meisten Deutschen dürfte aber zuerst mal das komplette Fehlen des Buchstabens Eszett auffallen.

Jetzt eine halbe Stunde später sind wir im DB-Takt, der mit einem Triebwagen der Baureihe 426 betrieben wird.

Ein riesiger Vorteil der Elektrifizierung: Die DB kann jetzt endlich ihre abgeranzten 628er behalten. Das Pro-Bahn gegen diese Fahrzeuge noch nicht aktiv wurde, ist mir echt unverständlich. Der ET 426 ist dagegen eine enorme Verbesserung. Und ja, ich weiss, da auch Wale eingesetzt wurden im Klettgau. Nur wenn ich fuhr, hatte ich meistens das Glück/Pech, dass statt eines Wals eben ein 628 daherkam.

Haben die dort die zweite Klasse im Quietschie versehentlich als erste Klasse gekennzeichnet, oder ist das tatsächlich die erste Klasse? Hatte noch nie das Vergnügen, in diesen Fahrzeugen die erste Klasse aufzusuchen.


Grüsse aus der Ostschweiz.

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Aktuell im Einsatz auf den Linien IC 1, IC 2, IC 3, IC 21, IR 13, IR 15, IR 27 und IR 70:
Der SBB FV-Dosto.


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