Mit Bahn und Bus nach Moskau – Teil 4 (Reiseberichte)

TD, Dienstag, 01.04.2014, 17:26 (vor 4288 Tagen) @ TD

Den Bahnhof von Schaffhausen haben wir ja heute Morgen schon angeschaut...

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...deshalb wechseln wir nun gleich zum Busbahnhof und fahren mit der Buslinie 25 nach Büsingen.

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Büsingen hat zwar keinen Bahnanschluss, dafür aber eine andere Besonderheit, die die Gemeinde für unsere deutsch-schweizerische Tour prädestiniert: Büsingen ist eine deutsche Exklave, die komplett von der Schweiz umschlossen ist. Somit verzeichnen wir während der Busfahrt mit der Gemeindegrenze von Büsingen Grenzübertritt Nummer 10.

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Zu den Sehenswürdigkeiten der 1.300-Einwohner-Gemeinde gehört das Junkerhaus; das Fachwerkhaus war einst Sitz der Büsinger Vogtsherren.

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Ein noch berühmteres Fotomotiv sind allerdings die beiden Telefonzellen von Büsingen. Wegen einer Fasnachtsveranstaltung habe ich allerdings etwas Mühe mit dem Motiv. Die schweizerische und die deutsche Telefonzelle machen den besonderen Status der Gemeinde sichtbar. Wenn man sich etwas einliest, stößt man noch auf weit mehr Besonderheiten, so hat der Ort eine deutsche und eine schweizerische Postleitzahl, er gehört nicht zum Zollgebiet der EU und die deutsche Gemeindeverwaltung berechnet Gebühren in Schweizer Franken. Obwohl Büsingen zum Landkreis Konstanz gehört, hat Büsingen mit BÜS ein eigenes Kfz-Kennzeichen. Die Kantonspolizei aus Schaffhausen hat in Büsingen bestimmte Befugnisse, es dürfen sich aber nicht mehr als 10 schweizerische Ordnungshüter gleichzeitig in Büsingen aufhalten. Die deutsche Polizei darf nur auf festgelegten Routen nach Büsingen fahren, ihre Höchstzahl ist auf drei Beamte je 100 Einwohner beschränkt. Auch sonst gibt es im Steuer- und Zollrecht viele weitere Sonderregelungen.

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Dann schauen wir noch kurz an die Schifflände...

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...und fahren dann mit dem Bus weiter. Die internationale Bushaltestelle wird von der DB-Tochter SüdbadenBus und dem SchaffhausenBus angefahren.

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Wir fahren mit dem Schaffhausenbus weiter nach Ramsen. Dabei passieren wir die Bergkirche von Büsingen, die mit einer über 1000-jährigen Geschichte zu den Kulturgütern der Region gehört. Kurz nach der Bergkirche verlassen wir die Exklave Büsingen und notieren Grenzübertritt Nummer 11. Der Bus fährt nun durch den schweizerischen Ort Dörflingen und dann durch Randegg. Dieser Ort liegt schon wieder in Deutschland, also Grenzübertritt Nummer 12. Die Endhaltestelle des Busses ist im schweizerischen Ramsen, somit gibt es auch gleich Grenzübertritt Nummer 13. Mit vier Grenzübertritten bei gut 30 Minuten Fahrzeit zwischen Schaffhausen und Ramsen ist diese Buslinie sicherlich rekordverdächtig.

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Die Endhaltestelle des Busses ist am Bahnhof Ramsen. Ramsen liegt an der Bahnstrecke Etzwilen-Singen. Die Bahnstrecke wurde 1875 von der damaligen Schweizerischen Nationalbahn eröffnet. Der Personenverkehr auf der Strecke wurde jedoch 1969 eingestellt, der Güterverkehr ab Singen endete 1996. Bis 2004 wurde die Strecke noch von Zügen der rollenden Landstraße zwischen Rielasingen und Lugano befahren, dann wurden der Strecke die fehlende Elektrifizierung, die schwache Rheinbrücke Hemishofen und die Verlegung des Terminals der RoLa zum Verhängnis.

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Auf dem Streckenabschnitt von Stein am Rhein über Ramsen nach Rielasingen findet aber Museumsbetrieb statt und auf einem Abschnitt werden auch Draisinenfahrten angeboten. Zudem bemühen sich die beteiligten Vereine, die Museumsbahn wieder bis nach Singen zu verbinden.

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Und die Streckenkarte, die es auch auf der Internetseite der Museumsbahn unter www.etzwilen-singen.ch gibt, hat mich erst auf die Idee zu dieser Tour gebracht. Denn ob Ihr es glaubt oder nicht: wir sind hier in Petersburg – und nach Moskau sind es nur noch wenige Schritte!

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Der Weiler Moskau umfasst etwa 15 Häuser und liegt direkt an der deutsch-schweizerischen Grenze. Der Ortsname geht auf russische Heeresteile zurück, die im zweiten Koalitionskrieg im Jahr 1799 hier lagerten. Ein früherer Gasthof „zur Moskau“ wurde allerdings zwischenzeitlich umbenannt, da man die Wirtsleute zu Unrecht des Kommunismus verdächtigte. Die beiden Dorfteile Moskau und Petersburg haben es sogar schon ins russische Staatsfernsehen geschafft – nur schade, dass es kein schönes Ortsschild als Fotomotiv gibt. Und wer es immer noch nicht glaubt: Moskau SH bei Wikipedia.

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Ansonsten prägen wegen der Grenzlage Speditionsbüros und Tankstellen für deutsche Tanktouristen das Ortsbild von Moskau.

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Die deutsch-schweizerische Grenze verläuft bei Ramsen im Zickzack durch Wald und Flur, hier ein Grenzstein. Etwa 900 Grenzsteine liegen zwischen dem Landkreis Konstanz und dem Kanton Schaffhausen, manche stammen noch aus dem Jahr 1839, beschädigte oder fehlende Grenzsteine werden regelmäßig ersetzt. Ein großer Schritt vor und zurück und die Grenzübertritte Nummer 14 und 15 sind perfekt.

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Die Gleise führen hier Richtung Grenze und weiter in Richtung Singen. Für uns geht es aber zwangsläufig mit dem Bus weiter.

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Nun fahren wir von einer „deutschen Bushaltestelle“ in der Schweiz mit der DB-Tochter SüdbadenBus weiter. Die SBG wirbt auf dem Plakat vorsorglich für Stehplätze in den Bussen, aber das ist heute unbegründet.

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Im Bus geht es nun über die Grenze, hier am Zoll Ramsen. Wir vermerken Grenzübertritt Nummer 16.

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Auch in Singen begegnen wir am Bahnhof wieder einem Indiz für die Grenznähe mit dem Zoll auf dem Bahnsteig.

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Mit der Schwarzwaldbahn fahren wir nun zurück nach Konstanz. Gut, ein SBB-Flirt als seehas hätte vielleicht besser zum grenzüberschreitenden Motto der Tour gepasst, aber das ist mir jetzt egal.

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Und mit der Fahrt über die Rheinbrücke in Konstanz schließt sich nun der Kreis, dort hatte die Tour heute Morgen begonnen. Diesmal der Blick nach links über den Bodensee und zum Hafen von Konstanz. Ganz nebenbei ist das Rheinquerung Nummer 9. Das i-Tüpfelchen wäre sicherlich gewesen, mit einem deutschen Zug über die Grenze nach Kreuzlingen zu fahren, aber seit dem letzten Fahrplanwechsel ist das mit der Schwarzwaldbahn nicht mehr möglich. Und so fahren wir von Konstanz mit der S 14 hinüber nach Kreuzlingen (Grenzübertritt Nummer 17), denn dort steht ja das Fahrrad. Und mit dem Fahrrad geht es dann wieder nach Hause (Grenzübertritt Nummer 18 und Rheinquerung Nummer 10).

Vielleicht hattet Ihr eingangs die Streckenkarte vermisst, die ich üblicherweise an den Beginn eines Reiseberichts stelle. Nun, dummerweise ist die diesmal ans Ende gerutscht, ich bitte um Entschuldigung.

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Jetzt, wo wir am Ende des Reiseberichts angelangt sind, merke ich außerdem, dass der Beitragstitel vielleicht etwas unglücklich gewählt ist oder gar zweideutig sein könnte.
Schade, dass die Zeit zum Editieren schon abgelaufen ist, sonst wäre die Überschrift „Grenzerfahrungen am Hochrhein“ wahrscheinlich die bessere Wahl gewesen wäre.

Mitte März waren die Tage noch zu kurz, um die ganze Tour bei Tageslicht hinzubekommen. Ich habe den Reisebericht deshalb aus zwei Etappen an zwei Tagen zusammengesetzt.


Viele Grüße

Tobias


PS: Meine früheren Reiseberichte gibt’s unter www.bahnreiseberichte.de

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