Pauschalisierungen immer schwierig. (Allgemeines Forum)
"Ohne das Recht auf Beförderung zu verlieren, hat ein Fahrgast bei Verspätungen Anspruch auf eine Entschädigung durch das Eisenbahnunternehmen [...]".
"...wenn er zwischen dem auf der Fahrkarte oder Durchgangsfahrkarte angegebenen Abfahrts- und Zielort eine Verspätung erleidet, für die keine Fahrpreiserstattung nach Artikel 18 erfolgt ist."
Ich bin kein Jurist, aber ich lese hier zwei Dinge:
Die Verspätung muss zwischen Abfahrts- und Zielort erlitten werden. Wer gar nicht erst los fährt, sondern viel später, kann also nicht sagen, die Zeit bis dahin sei bahnverschuldetes Dauerleiden.
Zunächst auch hier der Hinweis auf den Ausgangsbeitrag, nach dem eine Verspätung von 120 Minuten nicht mehr unterschritten werden kann. Wie bereits zuvor bemerkt, ist dieser konkrete Fall als Bezugsszenario zu berücksichtigen.
Weiter wäre natürlich die hypothetische Anwendung auf jene Fälle spannend, in denen eine zeitweilige Verspätung(sprognose) im weiteren Reiseverlauf zu einer Ankunft der ursprünglich gebuchten Verbindung von weniger als 60 Minuten am Zielbahnhof reduziert werden kann. Ist mir aber zu akademisch.
Dann: der Fall des gar-nicht-erst-Losfahrens ist möglicherweise ein Speziafall. Folgt man deiner Lesart, müsste man Entschädigungen aber auch jenen Fahrgästen versagen, die am Abfahrtsbahnhof in einen Zug mit beispielsweise bereits 120 Minuten Verspätung steigen und mit gleichbleibender Verspätung ihr Ziel erreichen - hier würde die Verspätung ja auch nicht zwischen Abfahrts- und Zielort erlitten, sondern bereits vor Antritt der Reise. Denkt man diese Auslegung weiter, könnte man auch zum Schluss gelangen, Reisende seien - auch um den Beförderer ggf. schadlos zu halten - verpflichtet, Ankunftsverspätungen nach Möglichkeit zu minimieren.
Also: wer gar nicht erst losfährt, kann dies ja im Rahmen der Fahrgastrechte ausschließlich dann tun, wenn auch bereits von Anfang an eine Verspätung am Zielort von wenigstens 60 Minuten und damit allenfalls auch mit der Auszahlung einer Entschädigung ohnehin zu rechnen ist.
Die Kombination mit der Erstattung wird explizit ausgeschlossen. Die Nutzung der Fahrkarte zu einem späteren Zeitpunkt sehe ich aber eher als Alternative zur Erstattung.
Natürlich. Darum ging und geht es allerdings nicht.
Die ausdrückliche Kombination mit dem Beförderungsrecht kann sich also auch auf die Weiterfahrt bei nächster Gelegenheit beziehen und dass man weiter Auslagen für andere Beförderer / ggf. Übernachtungen ersetzt bekommt zusätzlich zur Verspätungsentschädigung.
Dass muss sie sogar. Nur entnehme ich dem Wortlaut keinen Ausschluss der Anwendung auf eine Weiterfahrt zu einem späteren Zeitpunkt. Genau diese Regelung möchtest du an dieser Stelle aber verborgen wissen.
Die Interpretation, dass man die Entschädigung grundsätzlich beanspruchen kann, selbst wenn man sich entscheidet die Verspätung der gebuchten Verspätung nicht reisend zu erleiden, finde ich gewagt.
Hat uns die DB tatsächlich zu solchen Masochisten verbogen? Und was versteht du unter "reisend"? Die Vertragsstörung liegt ja unumstritten vor - völlig unabhängig davon, ob ich im Zug sitze, am Bahnsteig stehe, Freibier in der Lounge trinke oder eben meine Planungen über den Haufen werfe, mich (und ggf. Dritte) umdisponiere und versuche, meine persönlichen Umstände der Schlechtleistung eines Beförderers bestmöglich anzupassen.
Gerade wenn man sie der Variante der kompletten Erstattung gegenüber stellt. Der Nutzwert/Vergleichswert insbesondere der (Super)Sparpreise ist ja wegen der dann gegebenen Flexibilität später eher höher.
…was a) ein reines Tarifproblem darstellt, somit eben keine Auslegungshilfe der EU-Verordnung sein kann und b) zumindest bei der DB die "Flexibilisierung“ zuggebundener Fahrausweise bereits bei zu erwartenden Verspätungen von weit weniger als 60 Minuten eintritt, der Nutzwert also steigt deutlich bevor die Fahrgastrechte der EU-Verordnung greifen würden.
Wenn die Reise für jemanden sinnlos geworden ist, steht der Weg der vollständigen Erstattung offen.
Soweit korrekt, aber, wie schon erwähnt, ein völlig anderer Fall als Fragen von Weiterreise und/oder Entschädigung.
Wer stattdessen einen späteren Zeitpunkt wählt, kann dies aus meiner Sicht so weit für sich passend planen, dass eine Entschädigung für die Verspätung der ursprünglichen Verbindung hinfällig ist.
Sofern die ursprüngliche Verbindung eine Spaßfahrt ist, könnte ich den Gedanken wenigstens im Ansatz theoretisch nachvollziehen. Im Normalfall sehe ich hier allerdings Reisende, die ihr Ziel zwangsläufig nicht mehr gemäß Beförderungsvertrag erreichen können. Und denen steht eine Kompensation nun mal zu.
--
ƪ(ړײ)ƪ Bwmz¹¹¹⁻² ƪ(ړײ)ƪ
gesamter Thread:
- Zugbindung aufgehoben + Verspätungsentschädigung -
плацкарт,
22.07.2025, 16:18
- Da spricht was dagegen -
Matze86,
22.07.2025, 16:23
- Da spricht was dagegen - ÖPNV-Freak, 22.07.2025, 17:45
- Reich es doch einfach ein und schau, was dabei herauskommt.
-
Barzahlung,
22.07.2025, 16:25
- Zugbindung aufgehoben + Verspätungsentschädigung -
ICE920,
22.07.2025, 17:23
- Zugbindung aufgehoben + Verspätungsentschädigung - плацкарт, 22.07.2025, 18:22
- Zugbindung aufgehoben + Verspätungsentschädigung -
Alibizugpaar,
23.07.2025, 01:07
- Zugbindung aufgehoben + Verspätungsentschädigung -
плацкарт,
23.07.2025, 09:08
- +1 mit Doppel * :-) :-) :-)
-
ICE619,
23.07.2025, 10:37
- +1 mit Doppel * :-) :-) :-)
- Zugbindung aufgehoben + Verspätungsentschädigung -
michael_seelze,
23.07.2025, 09:22
- Zugbindung aufgehoben + Verspätungsentschädigung - ICE920, 23.07.2025, 14:57
- Zugbindung aufgehoben + Verspätungsentschädigung -
плацкарт,
23.07.2025, 09:08
- Ist das nicht ein Aushebeln der Rechtslage? -
Waldbahn,
23.07.2025, 10:49
- Das ist die sinngemäße Anwendung der Rechtslage. -
musicus,
23.07.2025, 11:14
- Das ist die sinngemäße Anwendung der Rechtslage. -
JeDi,
23.07.2025, 11:56
- Das ist die sinngemäße Anwendung der Rechtslage. -
musicus,
23.07.2025, 13:12
- Das ist die sinngemäße Anwendung der Rechtslage. -
mmandl,
23.07.2025, 14:11
- Da kann ich mich anschließen
-
musicus,
23.07.2025, 17:39
- Da kann ich mich anschließen
- Das ist die sinngemäße Anwendung der Rechtslage. -
mmandl,
23.07.2025, 14:11
- Das ist die sinngemäße Anwendung der Rechtslage. - ICE920, 23.07.2025, 14:56
- Das ist die sinngemäße Anwendung der Rechtslage. -
musicus,
23.07.2025, 13:12
- ...selektives Zitieren immer schwierig. -
HH-Ole,
24.07.2025, 00:56
- Pauschalisierungen immer schwierig. -
musicus,
24.07.2025, 07:58
- edit: Lesbarkeit - musicus, 24.07.2025, 08:57
- ...selektives Zitieren immer schwierig. -
ICE920,
24.07.2025, 08:57
- Entschädigung vs. Erstattung -
HH-Ole,
24.07.2025, 19:57
- Entschädigung vs. Erstattung -
Der Blaschke,
25.07.2025, 10:31
- Entschädigung vs. Erstattung - musicus, 25.07.2025, 11:00
- Entschädigung vs. Erstattung - musicus, 25.07.2025, 10:59
- Entschädigung vs. Erstattung -
Der Blaschke,
25.07.2025, 10:31
- Entschädigung vs. Erstattung -
HH-Ole,
24.07.2025, 19:57
- Pauschalisierungen immer schwierig. -
musicus,
24.07.2025, 07:58
- Das ist die sinngemäße Anwendung der Rechtslage. -
JeDi,
23.07.2025, 11:56
- Das ist die sinngemäße Anwendung der Rechtslage. -
musicus,
23.07.2025, 11:14
- Da spricht was dagegen -
Matze86,
22.07.2025, 16:23