...was hat China, was Europa nicht hat? (Allgemeines Forum)

Oscar (NL), Eindhoven (NL), Donnerstag, 28.11.2019, 09:56 (vor 1614 Tagen) @ Lumi25

ant6n:

Zum Vergleich: Ryanair, Easyjet, Wizz Air und Norwegian haben zusammen 300 Mio. Fluggaeste pro Jahr. Und deren Einzugsgebiet (EU) hat immerhin ein Drittel der Population von China und ist ausserdem um einiges mobiler.

Was hat China, was die EU nicht hat?

1. keine Staatsgrenzen die im Wege stehen. Wo Europa mit mehreren Spurweiten, vier Stromsystemen und zahlreichen Bahngesetzgebungen und Zugsicherungssystemen auskommen muss, ist das ganze in China einheitlich. Zugleistungen wie Thalys und ICE International muss man mit relativ teuren Zügen fahren.
Gut, China möchte auch Taiwan, Thailand und Vietnam anbinden, aber die internationale Sparte ist relativ gering.

2. kleinere PKW-Konkurrenz. Autodichten. In China gibt es 1000/179 = 1 Auto pro 5,58 Einwohnern, in Deutschland ist das 1000/561 = 1 Auto pro 1,78 Einwohnern.
Man könnte sagen, beim Verkehrsträger Auto ist in China also relativ weniger zu holen als in Europa. Also kann man sich in China mehr auf Fliegerkonkurrenz setzen. Nun weiss ich nicht, inwiefern Chinesen bereit sind zu fliegen = wie ernst die Fliegerkonkurrenz in China ist.
Auch muss man bedenken, dass das Auto in China 2007 (als die ersten Rennzüge fuhren) überhaupt keine Alternative war, während in Frankreich zu Zeiten des ersten TGV (1981) schon reichlich Peugeots, Renault und Citroëns unterwegs waren. Chinesen sind also mit der Bahn als Premiumwahl für Reisen 300-1500 km gross geworden.

3. ganz viele Einwohner. Das sind auch ganz viele Steuerzahler, ganz viele potentielle Kunden und ganz viele Leute, die einen Arbeitsplatz in der Eisenbahnindustrie haben.

4. eine Regierung die von HGV eine nationale Sache gemacht hat. Klar, die EU hat auch europäische Transportachsen definiert die ausgebaut werden müssen. Nur schade, dass unterschiedliche Staaten unterschiedliche Gründe haben, mehr oder weniger zu finanzieren. Ein Problem das China weniger hat (siehe 1).
VerkehrsministerInnen hat jedes EU-Land, aber hat irgendwelches Land in Europa einen Minster für die Eisenbahn?

5. Platz. Ja, die China-Ostküste ist dicht besiedelt, aber dort gibt es vor allem senkrechte Städte = es wird in die Höhe gebaut. Dazwischen gibt es trotzdem Platz für Rennbahnen.
Und ja, viele Rennbahnhöfe sind ausserhalb der Städte. Noch. Es werden neue Städte gebaut die relativ nahe zu den Rennbahnen liegen, z.B. im Bereich Jing-Jin-Ji.

6. platzsparende Raumordnung. Die allermeisten Rennbahnen sind auf Viadukte gebaut. Dadurch wird Landwirtschaftsoberfläche möglichst wenig zerschnitten und braucht man auch nur wenige Strassen umzubauen.

7. kostensparende Produktion. China hat von Zügen und Streckenteilen Massenware gemacht.

8. Rennbahn als Mittel politischen Einflusses. Ohne Han/Uyghur-Konflikt hätte es wohl keine Rennbahn Beijing-Urumqi gegeben.

9. Rennbahn als Weltexportmittel. Stichwort: BRI, Belt & Road Initiative. Wieso in Urumqi enden wenn man in Prinzip bis Glasgow Schienen hat? Heute schon fahren Güterzüge von China nach Europa. Unser Netz ist voll mit Hanjin Containern. Nächster Schritt wären HGV-Nachtzüge Beijing-Berlin.
Zudem bauen die Chinesen Infrastruktur im Ausland; auch ist die Frage nicht ob, sondern wann die ersten CRRC-Züge in der EU zu bewundern sind.

Da fragt man sich, was ein echter HGV in Europa erreichen koennte, und wie viel Fliegerei man ersetzen koennte.

Vielleicht sollen wir stolz sein, dass wir trotz aller Nachteile, Unterschiede usw. inzwischen so viel erreicht haben.
Als ICE-Fan mag ich die Idee eines europaweiten HGV-Netzes nach chinesischer Bauart. Jaaa, ICE International Amsterdam-Köln-Frankfurt-Nürnberg-München, 725 km in 3 Stunden, nur diese Halte. Morgens am Dampalast, Mittags auf dem Marienplatz.
Aber als pragmatischer Niederländer bin ich mir nicht sicher, ob sowas auch in Europa funktionieren wird. Vielleicht ist der Normaleuropäer(, anders als der Normalchinese?) zu viel autoverliebt?

Lumi25:

So weit braucht man gar nicht zu schauen. Was man mit HGV-Verkehr erreichen kann sieht man ja in Frankreich. Zwischen den großen Städten Frankreichs ist der TGV nahezu überall konkurrenzfähig zum Flieger.

Jean-Pierre reist mit seinem Renault nach einem TGV-Bahnhof (egal ob in der Stadt oder auf der Pampa) und reist mit dem TGV weiter. Gut dass Jean-Pierre die Bahn nehmen kann. Wäre es aber nicht besser wenn Jean-Pierre auch mit der Bahn zum TGV-Bahnhof kommt? Reisen derartiger Länge werden viel öfter gemacht.


gruß,

Oscar (NL).

--
Mit den neuen IC-Triebwagen wird alles besser !!

Trans-Europ-Express 2.0? Abwarten und TEE trinken!

Schienenstränge enden nicht an einer Staatsgrenze, sondern an einem Prellbock.


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