Zivilcourage im öffentlichen Raum (Allgemeines Forum)

bahn-user, Freitag, 09.10.2009, 09:27 (vor 5924 Tagen) @ wachtberghöhle

Warum muss die widerwärtige Hetzpresse eigentlich den Eindruck vermitteln, U-Bahn-Nutzer seien alleine durch diese Idioten bedroht? Sind da jetzt die U-Bahnen dran schuld? Was haben die U-Bahnen überhaupt damit zu tun?

ÖPNV ist generell immer auch ein Sicherheitsthema, weil eben auch Gewaltbereite tendenziell ÖPNV fahren (eher junge Männer - haben noch kein Geld für Auto).

Früher bin ich nur Auto gefahren - abends z.B. vom Haus in ein sicheres (da personell besetztes) Parkhaus und retour. Das ist de facto sicherer als mit besoffenen oder verstrahlten Spinnern in einem U-Bahn Abteil unterwegs zu sein.

Mich stört an dem momentan Artikelhype mehr, dass er letztlich am Mut jedes Einzelnen kratzt. Oder wie die SZ vor Wochen zu dem Toten schrieb "Hier wurde auch die bürgerliche Zivilcourage totgeschlagen".

Ebenso! Nicht die U-Bahn ist das Problem, sondern, dass 20 Menschen tatenlos zusahen! Das ist der Skandal!

Wie handelst Du denn? Neben der Bystanderproblematik (desto mehr Leute, desto kleiner ist die eigene gefühlte Verantwortlichkeit) gibt es auch die um die eigene Sicherheit.

Ich war mal dabei, wie 5 junge Männer auf einen älteren Herrn in einem vollen Einkaufszentrum losgingen (Gesundbrunnen-Center, Berlin-Wedding). Fäuste ins Gesicht, Zähne und Blut flogen raus und als er lag, Schuhe auf den Kopf und Oberkörper. Zwei Dutzend Personen standen anbei, auch ich.

Ich hab vorher selber nicht gewusst, wie gross die eigene Hemmschwelle u Schockstarre in der Praxis sein würde, in so einer Situation etwas zu tun. Das war sehr interessant: Es gehen einem all die Artikel über mangelnde Zivilcourage durch den Kopf, aber gleichzeitig steht man da wie angewurzelt.

Ein junger Mann wurde dann heldenhaft tätig, brach das Eis, stellte sich mit ausgebreiteten Armen zwischen Tätergrupppe und Opfer und ich und 2-3 andere kamen dann sofort noch ebenfalls dazu....die Täter hielten kurz verduzt inne und hauten dann ab.

Ich schob aber danach noch wochenlang einen Riesenfrust, dass ich mich nicht traute, der "Eisbrecher" zu sein, sondern erstmal geschockt da stand - ich glaub aber ehrlicherweise nicht, dass ich künftig ein "Eisbrecher" sein werde (bei bis zu 2 Leuten schon....bin eher bullig und gross gebaut. Aber nicht bei Gruppen). Polizei rufen schon, kein Thema....aber alles andere?

Seitdem tue ich mir sehr schwer bei solchen Vorfällen in der Presse die Passanten pauschal zu verurteilen.

Grüsse,

Stefan


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