Seltsames [SK]-Schlängeln im saublöden Seuchenjahr – Kap 3/5 (Reiseberichte)

Krümelmonster, München, Donnerstag, 04.02.2021, 20:06 (vor 1169 Tagen) @ Krümelmonster

Zur Einordnung: In Ungarn war die Situation bzgl. Der Seuche lange noch besser als in der Slowakei. Ungarn hatte im Sommer die mit Abstand niedrigsten Infektionsraten Mitteleuropas aufzuweisen und war auch im gesamteuropäischen Vergleich in der Spitzengruppe (damals mit Lettland und Georgien. Dinge können sich schnell ändern: Georgien avancierte Ende November & im Dezember zweitweise zum Weltmeister, kein begehrenswerter Titel…).
Auch vor diesem Hintergrund ist zu sehen, dass Ungarn am 28. August ein generelles Einreiseverbot für alle Ausländer ohne dringenden Grund (und eine strenge Quarantäne-Pflicht für alle einreisenden Ungarn sowie Ausländer mit dringendem Grund) ab dem 1. September verkündete, also mit nur drei Tagen Vorlauf. Ausnahmen gab es u. a. für Grenzgänger, die durften sich in Ungarn aber wohl nur max. 30 km von der Grenze entfernt aufhalten. Ganz genau habe ich es mir ehrlich gesagt nicht durchgelesen, einfach weil ich frustriert war.
Eigentlich wollte ich am nächsten Tag dorthin fahren, wo besonders viele Gespenster leben: nämlich nach BUH!-dapest. Abends von dort abends nach Košice. Nun war ich doch froh, dass man Bahntickets von Budapest nach Košice nicht online kaufen kann. :D Allerdings fehlt mir die Bahnstrecke von der ungarischen Grenze bis kurz vor Košice bis heute.^^

Als ich mich in Štúrovo vom Bahnhof abholen ließ, erzählte mir die Betreiberin meiner Unterkunft, dass es auch als Ausländer möglich sei, sich bis zu 24 h in Ungarn aufzuhalten. Zunächst dachte ich, demnach hätte ich am nächsten Tag sogar nach Budapest gedurft, wenn ich heute Abend nochmal kurz in die Slowakei gegangen wäre (damit die 24 h wieder neu beginnen). Wieder eine Regelung, die so unendlich viel Sinn macht. Später fiel der Passus mit den max. 30 km von der Grenze ein – nach Budapest hätte ich also wahrscheinlich doch nicht gedurft. Auch wenn im Zug von Esztergom nach Budapest vermutlich niemand kontrolliert (sind die 30 km eigentlich Luftlinie, schnellste Straße, kürzeste Straße, Bahn, …?), hätte ich wahrscheinlich Probleme bei der Ausreise bekommen, wenn ich ein Ticket aus Budapest gehabt hätte. ;-)
Mit dem Erlass dieser Regelung war Ungarn für mich eh gestorben. Erst als ich hörte, dass man bis zu 24 h rüber darf, wollte ich es doch probieren. ;-)
Vorher installierte ich mir den ungarischen Seuchen-Sensor. Leider fand ich keine Möglichkeit, die Sprache umzustellen.^^ Man musste eine Mobilfunknummer angeben (übrigens auch beim tschechischen Seuchen-Sensor – und in Deutschland beschwert man sich in Facebook-Gruppen über angeblich fehlenden Datenschutz!?), dort ließ sich die Ländervorwahl für Ungarn nicht ändern. Ich versuchte, irgendwie meine deutsche Nummer samt Vorwahl dahinter zu quetschen, was der Seuchen-Sensor mit einer Fehlermeldung quittierte – jetzt kommt’s: die Fehlermeldung war plötzlich auf Albanisch. :D
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214 Weißte Bescheid…


Ich lief also auf der Grenzbrücke Richtung Ungarn. Es herrschte reichlich Verkehr, der Grenzübergang war gut frequentiert, von „wenigen Ausnahmen“ konnte man hier keinesfalls sprechen. Am ungarischen Brückenkopf hatte sich bereits die Rendőrség positioniert. Da ich davon ausging, dass der Abstand nicht eingehalten wird, setzte ich mein Maultäschle auf, meinen deutschen Personalausweis hatte ich schon in der Hand. Vor mir stand ein Polizist, kaum älter als ich, der sich in seiner Uniform so richtig cool fühlte und mir zeigen wollte, wer von beiden hier der Boss ist. Er fragte mich irgendwas.
Ich: „Beszél angolul/németül/szlovákul?“ (wohlwissend, dass ich mich spätestens mit dem letzten Wort unbeliebt machte :p)
Er erzählte mir irgendwas. Ziemlich ausführlich. Leider auf Ungarisch…
Ich: „Angolul?“
Er, wenn ich es richtig verstanden habe, weil immer noch in Landessprache: „Hier ist Ungarn, hier wird Ungarisch gesprochen!“, und erzählte mir wieder irgendwas.
Ich: „..“
Er: „..“
Ich: „..“
Er: „Why are you here!?”
Ich: „My hotel is in Slovakia. I would like to have dinner in Esztergom.”
Er: „But they have restaurants in Slovakia too! Why are you here!?”
Ich: „In Slovakia, they told me I could go to Esztergom without any problems for no longer than 24 hours.” (Ich bluffte immer noch…)
Er schaute äußerst genervt, bis er schließlich sagte: „Ok, go!!! -.-“ Gut dass ich die Maske aufhatte, womöglich hätte ich ihm sonst die Zunge rausgestreckt. :p Ich glaube, er war um ein My freundlicher als damals der weißrussische Zoll. ;-)

Nun suchte ich mir etwas zu essen. Wenn schon in Ungarn, dann wollte ich wenigstens Paprikahühnchen essen. ;-) Ich ließ mich in einem vernünftig aussehenden Restaurant nieder. Die Kellner konnten sogar passabel Deutsch. Leider saßen am Nebentisch österreichische Verschwörungstheoretiker, die faselten, dass Masken alles nur noch schlimmer machen würden, weil sich da ja Bakterien sammeln (die geistige Höchstleistung, festzustellen, dass jene Bakterien vorher in ihnen selbst drin gewesen sein müssten, vollbrachten sie leider nicht). Passend dazu liefen die Kellner auch drinnen ohne Masken umher und schauten mich äußerst erstaunt an, als ich mit Maske zum Hände waschen ging.
Während des Abendessens bekam ich mit, dass nun (bzw. genau genommen schon seit heute Morgen, es wurde bloß erst am Abend kommuniziert) eine Reisewarnung für Prag gilt. Hmm, ich wollte ja nach dem Aufenthalt in der Slowakei noch ein paar Tage in Niedersachsen verbringen, und der einzig sinnvolle Weg aus der Slowakei dorthin führt ja über Prag. Tolle Wurst… Gebucht natürlich als Super Sparpreis, aber das ist im saublöden Seuchenjahr einfach normales Lebensrisiko. Nach ursprünglicher Planung wollte ich 4 h in Prag bleiben, und dann auf dem schnellsten Weg das Land ohne Maskenpflicht in Zügen verlassen. Kurz vor meiner Reise wurde die Maskenpflicht wieder eingeführt, immerhin. Die 4 h dort würde ich natürlich streichen, aber ich fragte mich, ob ich wenigstens durchfahren & dort umsteigen dürfte… :-s
Gesättigt und trotzdem frustriert setzte ich mich noch kurz auf den Stadtplatz, bevor ich ins slowakische Štúrovo zurückkehrte. Die Brücke, die die beiden Städte verbindet, wurde gegen Ende des 2. Weltkrieges gesprengt und erst 2001 wiederaufgebaut.
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215 Unterhalb der riesigen Kathedrale stehen die St.-Ignatius-Kirche sowie das Balassa Bálint Múzeum
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216 Das Stadtzentrum von Esztergom am Abend. Niemand war mit Maske zu sehen, die Stimmung war entspannt. Gefühlt war Die Seuche ganz weit weg… Und genau diese Einstellung wurde den Ungarn nur wenige Wochen später zum Verhängnis…
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217 Alter, wie komisch kann man das Wort „Architekt“ bitte schreiben!? :D
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218 Politik: Párkány (PAAR-kahnj) ist der ungarische Name für den Ort auf slowakischer Seite. 1948 wurde der offizielle Name in Štúrovo geändert. Ľudovit Štúr (der übrigens nie in dem Ort gelebt hat) ist ausgerechnet durch seine Verdienste um die Vereinheitlichung und Verschriftlichung der slowakischen Sprache berühmt, was den bis heute mehrheitlich ungarischsprachigen Bewohnern natürlich überhaupt nicht gefällt. ;-)
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219 Wieder zurück

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