Das bringt mich auf einen Gedanken... (Allgemeines Forum)

Frank Augsburg, Ansbach, Freitag, 01.08.2008, 23:51 (vor 6348 Tagen) @ Tommyboy

... der zwar reichlich unausgegoren ist, aber bittschön, dazu sind Foren schließlich da.

Hallo zusammen,

zuerst will ich dem Ganzen noch einen draufsetzen, um zu verdeutlichen, wo ich das Problem sehe. Gestern hatte ich mich Regiosprinter mal wieder zu einer unserer klassischen NIM- Bretter- Touren verabredet. Zweck der ganzen Geschichte ist, sich in München zu treffen (er von Augsburg und ich von Nürnberg kommend), sich auszutauschen (was gibts Neues...?), zusammen die NIM hochzudonnern - hoffentlich mit verspäteter Abfahrt in München, dann sind die 300 auf der NBS garantiert - und dann heimzufahren, freilich nicht ohne noch ne lecker Schokolade in der DB Lounge in Nürnberg Hbf zu schlürfen, oder bei den Temperaturen ein Eis zu essen. Das liegt ja ballig rum in den Truhen.
So weit, so gut. Nur kam gestern bei klassischer Zubringer, der 629, schon mit +17 in Nürnberg rein, wegen Signalstörung, offiziell. Mit +20 oder so ging es dann auch weiter, aber bei gefühlten 120 blieb es, bis offenbar der Tf den Anker zog und die Fuhre ausgerechnet im Offenbau- Tunnel zum Stehen kam. Ist ja nicht weiter schlimm. Aber: Hat jemand eine Ahnung, wieviele Handies in meinem Sichtbereich "blank" gezogen wurden? "Sch...[Schimpfwort], wir stehen hier im Tunnel, Verspätung ohne Ende, Zug kaputt!!!"
Also erstens ging es nach vielleicht 3 Minuten weiter, nicht mit 120, sondern immerhin 160 km/h (wurde viel später so durchgesagt).
Zweitens hatten wir in München +34.
Drittens war sich der Tf des Problems gar nicht so bewußt, da er zum Zeitpunkt des Halts (mit der Schnauze) außerhalb des Offenbau- Tunnels stand.
Und viertens - tja viertens... Hat irgend einer dieser hektisch abgegebenen Anrufe in die weite Welt irgendwas am Problem geändert oder zu dessen Lösung beigetragen?
Antwort: Nein.
Die Defekthexe zog sich dann noch weiter durch unsere Tour, und auch heute, als ich von Berufs wegen nach München mußte, lief längst nicht alles nach Plan. Klar: Ferienbeginn, z.B.
Was ich aber meine: Wie tief verankert ist die Eisenbahn eigentlich in der Bevölkerung? Mehr noch: Wie tief verankert ist der Glaube (GLAUBE!!!), daß alles zur absoluten Zufriedenheit laufen muß?
Das bringt mich zu dem Gedanken, daß sich nicht wenige Menschen, die sich angesichts hoher Spritkosten wieder umorientieren müssen oder wollen, sich erstmal wieder an die Bahn gewöhnen sollten. Ich meine das ganz nüchtern, ohne Vorwürfe und ohne Ironie. Nee, liebe Leute, das ist echt was Handfestes. Seit Jahrzehnten wird uns eingeprügelt, daß die Eisenbahn eigentlich auf den Schrotthaufen gehört. Zeitungen und Fernsehen haben hier wirklich ganze Arbeit geleistet, leider. Und dieser wirklich gelungene Dauerbeschuß in die Köpfe ist nicht von heute auf morgen zu beheben. Irgendwer muß sich finden, den Wenigfahrern zu erklären, daß prinzipiell bei jeder Tour was daneben gehen kann. Der Zug bleibt wegen technischer Probleme stehen. Irgendwer hat sich auf das Gleis geschmissen, ein BÜ hat nicht funktioniert, der Blitz hat in ein Stellwerk eingeschlagen, ein Sturm hat Bäume in die Oberleitungen geworfen. Das Resultat ist immer dasselbe: Zug bleibt stehen und der nächste Anschluß ist weg.
Komischerweise funktioniert diese Denke überall - bloß nicht bei der Eisenbahn. Wer mit dem Auto fährt, kann auch im Stau stehen bleiben. Wer irgendwohin fliegt, kann freilich ganz woanders rauskommen. Aber darüber regt sich niemand auf. Da wird Gelassenheit zur Schau getragen, daß die Schwarte kracht! Aber wenn die Bahn verspätet ist (was in letzter Zeit wieder spürbar häufiger passiert - es war schon mal besser!), dann ist nicht nur die Aufregung groß, dann fühlen sich nicht wenige Leute bemüßigt, ganz nach Manier der Zeitungs- und Fernsehfritzen das Zugbegleitpersonal anzumaulen, teils in mehr als übler Form. Motto: Jeder darf mal nachtreten.
Um mal klarzustellen: Die vorherigen Beiträge klassifiziere ich keineswegs als "Nachtreten"! Nur finde ich bedenklich, daß offenkundig bei Wenig- und Gelegenheits- Eisenbahnfahrern quasi mit Betreten des Bahnhofs das Denken ausgeschaltet ist. Wenn Wochenende für Wochenende Heerschaaren zu den Einkaufsmärkten strömen, folgen die einem konkreten Ziel, nämlich die Schnäppchen zu ergattern. Das bedeutet: Die Werbung wurde durchgeackert, es wurden interessante Angebote identifiziert und - das finde ich ganz interessant - es wurde offenkundig ein Plan ersonnen, diese auch zu kriegen!
Warum funktioniert dieser Plan bei einem erheblichen Teil der Bahnreisenden, die wenig oder gelegentlich fahren, nicht?
Meine Theorie: Weil LIDL mehr im Bewußtsein verankert ist als DB Bahn. LIDL (nur als Beispiel) "kommt" jede Woche per Faltblatt "ins Haus".
Und die Bahn...?
Die muß mehr in den Alltag derjenigen rücken, die selbiger heute noch die kalte Schulter zeigen.
Das ist das einfache, das so schwer zu machen ist.

Viele Grüße aus Ansbach und gute Nacht
Frank

--
"Die Ferne ist ein schöner Ort,
doch wenn ich da bin, ist sie fort.
Die Ferne ist wo ich nicht bin,
ich geh und geh und komm nicht hin."

(Silly, mit der leider viel zu früh verstorbenen Tamara Danz)


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