Derzeitige Vorgehensweise ist nachvollziehbar (Allgemeines Forum)

GUM, Freitag, 26.07.2013, 12:03 (vor 3945 Tagen) @ Hermes
bearbeitet von GUM, Freitag, 26.07.2013, 12:04

Auf einer relativ kurzen Strecke mit einer planmäßigen Fahrtzeit von knapp 40 Minuten hat mein ICE heute wegen eines Triebfahrzeugschadens eine Verspätung von etwa 45 Minuten aufgebaut. Obwohl sich die Fahrtzeit dadurch mehr als verdoppelt hat, besteht offensichtlich kein Anspruch laut Fahrgastrechten, weil die Verspätung unter einer Stunde liegt. Insofern sind Reisende, die kürzere Strecken zurücklegen, bei der Bahn grundsätzlich im Nachteil, weil sie selbst bei deutlichen prozentualen Fahrtzeitverlängerungen keine Erstattungsansprüche erwerben. Offensichtlich muss man aber damit leben, dass Verspätung absolut und nicht relativ gemessen wird und ein Pendler, der pro Woche zweieinhalb Stunden Verspätung einsammelt gegenüber einem Fernreisenden, dem dasselbe auf einer längeren Strecke gelingt, diskriminiert wird.

Wer sich dem Thema der Verspätungserstattungen nähern möchte, der sollte einmal auf den Zeitraum zurückblicken an dem es dieses Erstattungssystem noch nicht gab. Und zusätzlich einen Blick auf den Autoverkehr werfen.

Bis zur Einführung der Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr waren die Fahrzeiten mehr oder weniger unverbindlich. Verspätungsgeld gab es - wenn überhaupt - erst nach einer saftigen Klage und dem Nachweis der groben Fahrlässigkeit.

Diese frühere Rechtsauffassung war eine Umsetzung der unglaublichen Komplexität des Eisenbahnverkehrs. Verspätete Übergabe aus dem Ausland bedeutete für die Reisenden eine Verspätung am Zielort oft von bis zu zwei Stunden, wenn es den Bayerntakt und ähnliche Instrumente nicht gab.


Die neuere - und auch von der EU propagierte - Rechtsauffassung für Flug- und Eisenbahnreisende sucht einen Kompromiss zwischen Gerechtigkeit und Erstattungsanspruch.

Um eine Fülle von Mini-Zahlungen und Bagatellerstattungen zu vermeiden, muss ja irgendwo eine Grenze gesetzt werden. So wäre eine Erstattung ab 6 Minuten Verspätung sicherlich nicht machbar.

Im Endeffekt hat man sich dann dafür entschieden - auch unter Berücksichtigung des Taktverkehrs - eine Entschädigung erst ab 61 Minuten zu bezahlen. Also dem Verpassen eines Anschlusszuges und einer zusätzlichen Verspätung von 1 Minute.

Damit stellt man die Bahnfahrer nicht schlechter oder besser als die Autofahrer. Wer schon einmal auf der Autobahn München-Stuttgart fährt, weiss dass es auch hier zu Verspätungen und Staus kommt.

Das "Kurzstreckler" aus diesem Raster herausfallen ist schade, aber nicht anders machbar. Nehme einmal einen Fahrschein München-Ausgburg mit BC 50 für 10,25 Euro.

Und rechne die Erstattungen aus.


Die prozentuale Erstattung geht davon aus, dass eben ein gewisser Prozentsatz der Leistung nicht erbracht wurde. So bekommt derjenige, der mehr bezahlt hat, auch eine höhere Erstattung.

Insofern ist dieses Verfahren in doppelter Hinsicht transparent sowie fair: Es gibt klare Minutengrenzen und einen berechenbaren Anspruch.

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