Vive Lyon! Von Traboules, Bouchons und Mâchons - 11/11 (Reiseberichte)

Bahne aus Leidenschaft, Freitag, 22.09.2023, 21:20 (vor 816 Tagen)

Willkommen zum letzten Teil meines Lyon-Reiseberichts! Zum Abschluss folgt nochmal meiner Meinung nochmal ein echtes Highlight. In meiner letzten Woche in Lyon Ende Januar 2022 unternahm ich eine internationale Fahrt mit einem zum damaligen Zeitpunkt noch ganz neuen Angebot.

Hier gibt es noch mal die ganze Berichtreihe zum Nachlesen:
Teil 1: https://www.ice-treff.de/index.php?id=684925
Teil 2: https://www.ice-treff.de/index.php?id=685060
Teil 3: https://www.ice-treff.de/index.php?id=685249
Teil 4: https://www.ice-treff.de/index.php?id=685380
Teil 5: https://www.ice-treff.de/index.php?id=685716
Teil 6: https://www.ice-treff.de/index.php?id=685826
Teil 7: https://www.ice-treff.de/index.php?id=685920
Teil 8: https://www.ice-treff.de/index.php?id=686270
Teil 9: https://www.ice-treff.de/index.php?id=686365
Teil 10: https://www.ice-treff.de/index.php?id=686480
Zwei Tage nach Ende des letzten Teils stehe ich morgens wieder am Bahnhof. Mein letzter Ausflug aus Lyon und einer der weitesten steht an. Nach dem sich im Herbst die Anzeichen verdichtet hatten, stieg Trenitalia zum Fahrplanwechsel tatsächlich mit ihrem Frecciarossa in den Wettbewerb auf der Linie Paris – Lyon – Milano an und lockte zum Betriebsstart mit sehr günstigen Sparpreisen. Aus Lyoner Sicht hat der Frecciarossa zu dem den entscheidenden Vorteil gegenüber dem TGV, fass er in der Stadt in Part-Dieu statt außerhalb am Flughafen hält oder komplett an Lyon vorbei über Bourg-en-Bresse fährt. Da musste ich nicht lange nachdenken und schnappte zu.

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Los geht es am hintersten Gleis von Part-Dieu.

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Besonders viel ist noch nicht los. In meinem reservierten Wagen ist es einigermaßen voll aber der nächste Wagen ist leer. Dort such ich mir ein gemütliches Plätzchen.

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Der Hinweg führt über die kürzere Strecke über La-Tour-du-Pin ach Chambéry. Dort und in Lyon ist es leider noch neblig. Ab Chambéry klart es aber zum Glück auf und ich habe auf der Mauriennelinie bestes Wetter.

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In Modane warten einige Loks von ECR auf ihre nächsten Einsätze.

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Dann schrauben wir uns durch eine Kehrschleife hoch zum Eingang des Mont-Cenis-Tunnels.

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Auch auf der italienischen Seite ist bestes Winterwetter.

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Hoch oben am Hang passieren wir Susa.

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Dann passieren wir das Kloster Sacra die San Michele hoch oben auf dem Berg.

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Zur Sacra di San Michele kann ich noch einige Bilder aus dem Familienurlaub mit dem Auto 2013 beisteuern.

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Dort unten verläuft die Bahnstrecke.

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Ab Turin ist in der ganzen Po-Ebene dichter Nebel und ich sehe fast nichts mehr. Lieber hier als in den Alpen. Nach etwas unter 5 h komme ich in Milano Centrale an.

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Das Konkurrenzmodell zwischen TGV und Frecciarossa finde ich höchst fragwürdig. Morgens fahren in Paris Gare de Lyon im kurzen Abstand erst der Frecciarossa dann der TGV ab. Während seiner Ehrenrunde wird dann der Italiener vom Franzosen überholt und beide fahren kurz nacheinander über die Alpen. Da der Franzose nach Turin nicht auf die SFS darf , wird er dann wieder vom Italiener überholt. Mit kaum verschiedenen Fahrzeiten kommen dann der Italiener in Centrale und der Franzode in Porta Garibaldi an.
In Centrale bewundere ich noch ein wenig die Rennboliden von Trenitalie und Italo. Wobei gegenüber dem klobigen ETR 700, das Design der Italos meiner Meinung nach deutlich gewinnt.

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In Mailand habe ich nur eine Nacht gebucht, Hauptziel war der Weg. Bei der Nebelsuppe bedaure ich das auch nicht. Für zwei halbe Museumstage ist das Wetter jedoch perfekt. Ich war schon mal 2013 im Sommerurlaub mit der Familie in Mailand. Damals war es ohne rechtzeitige Reservierung ein Ding der Unmöglichkeit das letzte Abendmahl von da Vinci zu besichtigen. Wegen dem schlechten Erhaltungszustand und der Anfälligkeit gegen Feuchtigkeit des Werks, ist der Zutritt streng reglementiert. Im Januar bei verbleibenden Reisebeschränkungen durch Corona ist das aber kein Problem und ich reserviere meinen Besuch noch während der Fahrt.
Hier im Refektorium des Klosters Santa Maria della Grazie befindet sich das Wandbild. Die Kirche selbst ist architektonisch aber auch nicht uninteressant. Am Bau war der bekannte Architekt Bramante beteiligt, bevor er als erster Architekt des neuen Petersdoms nach Rom gewechselt ist.

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Das Wandbild ist in seiner Größe und der Gestaltung sehr beeindrckend. Leider kann man unschwer den schlechten Erhaltungszustand erkennen. Daran ist da Vinci selbst Mitschuld, da er statt der üblichen Freskomalerei in Seccomalerei gemalt hat. Bei der Freskomalerei wird die Farbe auf den frischen Putz aufgetragen und wenn dieser abbindet, fixiert er die Farben. Der Haken dabei ist, dass der Künstler fertig werden muss, bis der Putz abgebunden hat. Da Vinci wollte sich aber Zeit lassen können und experimentierte mit der Seccotechnik, wo auf trockenen Putz gemalt wird. Für das Bild hat es sich sicher gelohnt, aber den Restaurateuren machte er dadurch das Leben besonders schwer.

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In der Stadt stoße ich auf die Baustelle der neuen Metrolinie.

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Dann komme ich zur spätantiken Basilika Sant’Ambrogio.

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Der heilige Ambrosius, Mailands Stadtpatron, war eine der großen Gestalten des frühen Christentums und Bischof von Mailand.

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In der ähnlich alten Basilika San Eustorgia wurden bis zur Eroberung und Plünderung Mailands 1164 durch Kaiser Friedrich Barbarossa in diesem riesigen Sarkophag die Reliquien der heiligen Drei Könige aufbewahrt. Kölner wird wohl bekannt sein, dass sie seitdem im Kölner Dom aufbewahrt werden und ein Hauptgrund für den Bau des heutigen Doms waren. 1903 gab der Kölner Erzbischof einen Knochen an Mailand zurück.

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Nicht weit davon ist das beliebte Ausgehviertel um den Kanal Naviglia Grande.

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Am nächsten Morgen besichtige ich das spätmittelalterliche Castello Sforzesco. Für den Hinweg nehme ich die faszinierende „historische“ Mailänder Tram.

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Spucken sollte man hier also besser unterlassen.

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Am Castello Szorzesco ist die nervige Nebelsuppe nicht zu verbergen.

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Im Castello Sforzesco ist ein Museum für mittelaterliche Kunst. Eines der Hauptexponate ist das Monumentalgrab des Stadtherren Bernabò Visconti.

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Durch die erwähnte Eroberung und Plünderung Mailands 1164 war Kaiser Friedrich Barbarossa in Mailand mehr als unbeliebt. Dies drückt sich in dieser obszönen Darstellung Friedrichs und seiner Frau Beatrix von Burgund aus.

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Vor der Heimreise esse ich ein hervorragendes Stück Lasagne mit Steinpilzen in einer kleinen Bar zwischen Castello und Dom.

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Zum Abschied klart sogar noch der Himmerl auf.

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Dann muss ich schon wieder zurück zum Bahnhof Centrale.

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In der Abendsonne steigen wir wieder hoch zum Mont-Cenis-Tunnel.

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Im Gegensatz zum Hinweg geht es auf dem Rückweg nach Chambéry nördlich über Culoz und Ambérieu. Da ist es aber schon dunkel.

Die beiden ersten Begriffe aus dem Titel des Berichts „Traboules“ und „ Bouchons“ habe ich schon im ersten Teil des Berichts erklärt. Bleibt noch der dritte „le mâchon“. Dies ist das traditionelle deftige Seidenweberfrühstück. Von Arte gibt es eine sehenswerte Reportage aus der Reihe „Zu Tisch in …“ darüber: https://www.dailymotion.com/video/x6ajvr8
Meine Lieblingszitate daraus:
„Die Cardon (eine Distelart, verwandt mit der Artischocke) ist sehr gesund und gut für den Cholesterinspiegel. Das wird uns aber leider nichts nützen, da wir sie in Knochenmark dünsten.“
„Nach dem schweren Essen braucht Jean-Paul erstmal etwas Bewegung. Er trifft sich mit seinen Freunden zum Boulespielen.“
Unter der Woche hatte ich vormittags meistens keine Zeit, sondern Uni, und mit Besuch hatten wir meistens auch andere Pläne, solange es hell war. An meinem drittletzten Tag gönne ich mir dann aber noch ein Mâchon. Nach einer Art Presskopf als Vorspeise bekomme ich ein Tablier des Sapeurs, das traditionelle Lyoner Kuttelschnitzel, mit Sauce Gribiche als Hauptgang. Dazu gibt passend zur Uhrzeit um halb 11 ein Viertel Beaujolais-Wein. Zur Verdauung hinterher gibt es einen Kaffee. Hat sich absolut gelohnt!

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Als letzte Aufgabe muss ich am Tag vor der Abreise noch ein Geschenk von den beiden Mädels, die im dritten Teil zu Besuch waren, loswerden. Als Pfälzer Lokalpatriot war es mir bislang zuwider, den Aufkleber irgendwo hinzukleben. Als Kompromiss suche ich mir einfach eine nicht so schöne Ecke raus. Schöner als an der Tramhaltestelle der Uni mit dem monströsen aber völlig unnützen, weil offenen Dach der Tramhaltestelle, an der Uni wird es selbst in Baden-Württemberg sein.

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Am nächsten Tag geht es los nach Katalonien. Das ist aber Stoff für den nächsten Bericht.

Im Nachhinein noch ein wenig Statistik. In Frankreich kamen in den 5 Monaten 8.740 km zusammen. Dazu kommen 525 km in der Schweiz und 472 km in Italien.
Insgesamt bin ich mit 85 Zügen gefahren, davon 73 von der SNCF und 12 ausländische Züge. Diese teilen sich auf in drei ICE durchs Rheintal (jedes Mal ICE 4), 5 IC, 1 IR und der FLIRT auf dem Léman-Express nach Annecy von der SBB und 2 Frecciarossa von Trenitalia.
Im Fernverkehr der SNCF bin ich mit 5 TGV Inoui und einem Ouigo (alles Duplex), drei klassischen lokbespannten IC und zwei IC mit Coradia-Liner-Triebwägen. Die restlichen 62 Fahrten waren alle mit TER der SNCF. Am häufigsten war ich dabei mit AGC und lokbespannten TER Corail. Da auf der Strecke Lyon – Genf gemischte Umläufe von beiden fahren, bin ich mir nicht mehr ganz sicher, wie viele Fahrten es genau pro Bauart waren, aber ich meine 19mal AGC und 18mal TER Corail. Auf Platz 3 kommt mit 9 Fahrten der Régiolis. Mit den Alstom Citadis der Tram-Train de l’Ouest Lyonnais waren es 5 Fahrten, 4 im Alstom Coradia Duplex und 3 im modernen Alstom OMNEO. Nur jeweils eine Mitfahrt hatte ich in einem Baleine, einem Z2 und einem X72500.
Die längste Fahrt (ohne Umstieg) war die Rückfahrt von Mailand nach Lyon mit 479,6 km, innerfranzösisch die Heimfahrt aus Paris mit 431 km. Die längste Fahrt in einem TER war mit 233,8 km nach Avignon, mit 231,7 km dicht gefolgt von der Fahrt mit Céline von Lyon nach Besançon. Hier wäre der TER sogar noch gut 100 km weiter nach Belfort gefahren. Die kürzeste Fahrt dürften die 2,8 km in der Tram-Train von Sain-Bel nach l’Arbresle gewesen sein.
In der ehemaligen Region Rhône-Alpes konnte ich über 80 % des Streckennetzes befahren. Vor 2021 waren es noch unter 10 %. Es fehlen mir noch die LGV-Umfahrung von Lyon, die kurze Stichstrecke im Jura nach Oyonnax, die Stichstrecke von Saint-Étienne nach Boen (Rest der Strecke über Thiers nach Clermont-Ferrand) und einige Strecken in den Alpen.

Ich bedanke mich bei allen, die bis hier durchgehalten haben und ich hoffe, ich konnte euch mit meinem Bericht gut unterhalten.

Am Rande: Trenitalia innerfranzösisch.

Der Blaschke, Bissendorf-Wissingen, Freitag, 22.09.2023, 23:02 (vor 816 Tagen) @ Bahne aus Leidenschaft

Hallo.

Nach dem sich im Herbst die Anzeichen verdichtet hatten, stieg Trenitalia zum Fahrplanwechsel tatsächlich mit ihrem Frecciarossa in den Wettbewerb auf der Linie Paris – Lyon – Milano an und lockte zum Betriebsstart mit sehr günstigen Sparpreisen.

Wettbewerb funktioniert.

Und was an mir wieder völlig vorbeilief, aber ich jetzt anlässlich deines Berichtes entdeckte: es gibt ja rein innerfranzösische Frecciarossa-Züge Paris <==> Lyon.

Hach, da bekomme ich schon wieder Herzschmerzen. Warum können die nicht hierzulande auch eigenständig herumfahren, damit DB Fern ENDLICH mal Konkurrenz bekommt und dann mal tatsächlich Leistung erbringen müßte.

Aber nein, da haben wir ja vorgesorgt. Das katastrophal zu kleine Netz muss nur für den Deutschlandtakt reichen, den natürlich ziemlich ausschließlich DB Fern fährt und Fremde höchstens in 'Kooperation' geduldet werden. Das Elend ist also zementiert. Und Bahnfuzzys mit ihrem Drang zu staatsbahnigem Gestrigen begrüßen das auch noch. Hoffnungslos alles.

Ich bedanke mich bei allen, die bis hier durchgehalten haben und ich hoffe, ich konnte euch mit meinem Bericht gut unterhalten.

Ich hab zu danken für deinen Aufwand, mich teilhaben zu lassen! Ich komm nicht immer mit und das meiste vergesse ich wieder, aber ich freue mich immer über Berichte.

Auch wenn ich grad so überlege, was Céline macht. Irgendwann mal hatte ich da auch so ein Flash und ich überlegte, wie alt Nutztiere werden können, wenn wir sie gar nicht nutzen. Kühe, Hühner, Schweine, Enten, Gänse ... Erst fassten sich die Leute an den Kopf nach dem Motto "Was ist denn das für ne Frage?" - aber bei der Bitte um Antworten wurde es merklich ruhiger.


Schöne Grüße von jörg

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"Zu Lebzeiten will ich gerne bescheiden sein; doch wenn ich tot bin, soll man natürlich anerkennen, dass ich ein Genie war." (Michel Audiard)

Was macht Céline?

Bahne aus Leidenschaft, Samstag, 23.09.2023, 21:19 (vor 815 Tagen) @ Der Blaschke
bearbeitet von Bahne aus Leidenschaft, Samstag, 23.09.2023, 21:20

Hi Jörg,

mal schauen ob in Konkurrenz zur SNCF und Trenitalia auch noch RENFE dazu kommt. Mir hat das Angebot sehr gut gefallen. Ärgerlich ist nur, dass kein Interrail in den Zügen gilt. Schön fände ich auch, wenn die Fahrten nicht in quasi der gleichen Zeitlage wie die TGV wären.

Céline macht leider gar nichts mehr. Im März ist sie nach einigen Tagen Krankheit gestorben. Ich war sogar noch beim Tierarzt mit ihr. Das ist nämlich vor allem meiner Oma sehr nahe gegangen. Wie alt sie geworden ist, kann ich leider nicht sagen. Wie alt sie war und wo sie her kam, würde uns auch interessieren. Darüber kann ich nur spekulieren. Ab letztes Jahr Mai war Schluss mit Eierlegen. Interessanterweise auch recht aprubt, also quasi von täglich ein EI zu gar keinem mehr. Keine Ahnung, ob das so normal ist. Wir dachten erst, sie käme in die Mauser und würde frische Federn bekommen. Die Mauser hätte aber nach einigen Wochen beendet sein müssen. Frische Federn kamen dann im Spätherbst/Dezember, aber Eier hat sie keine mehr gelegt.

Viele Grüße
Eric

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Bahne aus Leidenschaft, Sonntag, 14.07.2024, 18:13 (vor 520 Tagen) @ Bahne aus Leidenschaft

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