Jaein (Aktueller Betrieb)

Irgendware, Bremen, Donnerstag, 29.06.2023, 10:10 (vor 906 Tagen) @ EDO

Ich habe Verständnis für berechtigte Forderungen einer Gewerkschaft für ihre Mitglieder.

Ich bin der Meinung, dass Berufsgruppen in sensiblen Bereichen wie Eisenbahn, Luftfahrt etc. kein Streikrecht zugestanden werden sollte, stattdessen deren Belange in einer dann zu definierenden Kommission geregelt werden sollten. Dies ist jedoch nur eine persönliche Meinung. Entsprechend akzeptiere ich (zähneknirschend), dass die Gewerkschaft unter ihren Mitgliedern die Abstimmung zu einem unbefristeten Streit eingeleitet hat.

Die Gewerkschaft wird/will also in einigen Wochen unbefristet streiken, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Soweit so gesetzeskompatibel.

In diesen laufenden Prozess einen „Warnstreik“ zu integrieren, der nichts anderes erreichen wird, als dass Millionen Unbeteiligte einen weiteren Tag schauen müssen, ob oder wie sie zu ihren Zielen kommen, ist eine Unverschämtheit. Mein bisher ausgeprägtes Verständnis den Mitgliedern dieser Gewerkschaft gegenüber sinkt auf null. Ich bin nicht Beteiligter dieses Konflikts, muss ihn aber trotzdem ausbaden.

Ich finde generell sollten weiterhin alle Berufsgruppen ein Streikrecht haben, dort Unterschiede zu machen, wäre ein gefährlicher Eingriff in Grundrechte.
Wenn wir als Gesellschaft bestimmte Bereiche nicht bestreikt haben wollten, müssen diese wieder verstaatlicht werden. Ob das sinnvoll ist, wäre eine ganz andere Diskussion.

Bisher hatte ich auch Verständnis für den Streik und die Forderungen. Nach dem letzten Angebot, welches man in vielen anderen Branchen mit Kusshand annehmen würde, finde ich es schon übertrieben in Urabstimmung zu gehen und während der Abstimmung weiter Warnstreiks anzukündigen. Die Urabstimmung an sich sollte dem AG Warnung genug sein.

Ebenso sollte sich die EVG fragen, ob die Forderungen nicht möglicherweise überzogen sind und welche Folgen das langfristig haben wird. Momentan müssen leider so gut wie alle Arbeitnehmer Reallohn-Verluste hinnehmen.
Da hier (und woanders auch in vielen anderen Branchen) immer wieder gesagt wird, dass ohne deutlich mehr Geld, keine Leute mehr gefunden werden: Auch mit wesentlich mehr Gehalt wäre das so. Der demografische Wandel ist knallhart und kann nicht mit Geld bestochen werden.
Stattdessen muss auf der Ausbildungsseite und Anerkennung von Abschlüssen aus dem Ausland deutlich mehr getan werden.

Und wenn wir zukünftig wieder mehr Leuten Eisenbahnberufe schmackhaft machen wollen, muss es Antworten darauf geben, wie diese Berufe künftig aussehen werden und wie die Reise in Richtung Digitalisierung und Automatisierung gehen wird. Denn niemand entscheidet sich für einen Beruf, der in einem Jahrzehnt möglicherweise, beginnt obsolet zu werden.
Die nächste Automatisierungswelle wird kommen. Ich arbeite in der IT-Projektentwicklung, während man uns früher dafür gehasst hat andere arbeitslos zu machen, ist Automatisierung inzwischen der Hoffnungsträger dafür Personallücken zu schließen.
(Außer in sozialen Berufen - da wird das nie gehen)
Die Kombination aus: je schwieriger es ist verlässliches Personal zu bekommen und je teurer das Personal ist, feuert die Investitionen an.


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum