eine ausführlichere Analyse zur Verbreitung von USB-C (Allgemeines Forum)

Lars007, Sonntag, 05.12.2021, 08:28 (vor 873 Tagen) @ Benjamin.Keller
bearbeitet von Lars007, Sonntag, 05.12.2021, 08:32

Kenne aber auch niemanden im Bekanntenkreis der sein Handy über eine USB-C Buche ladegerätseitig läd. Alles immer noch USB-A.

Diese Beobachtung ist aber, ohne dir da zu nahe treten zu wollen, sicherlich sehr bekanntenkreisabhängig. Ich würde daher gerne einige Gedanken hinzufügen in der Hoffnung, die Diskussion auf objektivere Überlegungen zu lenken:

Also zum Thema USB-C kann ich auch nur sagen, dass ich und der Grossteil meines Umfelds so gut wie kein Gerät haben, das das verwendet, vorallem nicht auf der Seite der Stromzufuhr. Der eigentlich noch normale USB-Anschluss ist da schon die richtige Entscheidung. Nur weil die EU da irgendwas durchsetzen will, heisst das noch lange nicht, dass das auch in der Bevölkerung in kurzer oder mittelfristiger Zeit auch ankommt.

Hierin stecken (neben der Schlussfolgerung, die ich nicht teile) zwei inhaltliche Punkte: Zum einen, dass die Verbreitung von USB-C gering sei, und zum anderen, dass mit einer Veränderung kurz- und mittelfristig nicht zu rechnen sei.

Für die Lounge relevant ist sicherlich vor allem die Perspektive während der nächsten Jahre. Insbesondere spricht sich hier ja bisher auch niemand dafür aus, zu Gunsten eines USB-C-Anschlusses in der Armlehne die Möglichkeit zur Nutzung von USB-A aufzugeben.

Zur aktuellen Verbreitung von Handys mit USB-C-Anschluss gibt es etwa eine Studie aus 2019, die die Produkte der Hersteller Samsung, Huawei, Lenovo und Xiaomi untersucht und feststellt, dass im Mittel bereits 68 % der neuen Smartphones mit USB-C-Anschluss ausgeliefert werden.

Das deckt sich mit meiner kurzen Recherche auf dem aktuellen Markt:

Notebooksbilliger als ein großer Händler für Unterhaltungselektronik führt 351 Geräte in der Kategorie "Handys & Smartphones". Davon verfügen über die Hälfte der Geräte über einen USB-C-Anschluss (Micro-USB: 29 Geräte = 8 %, Lightning: 107 Geräte = 30 %, USB-C: 178 Geräte = 51 %). Ähnlich sieht es bei den Tablets aus, hier führt Notebooksbilliger insgesamt 193 Geräte. Davon verfügen 40 % über USB-C (Micro-USB: 13 Geräte = 7 %, Lightning: 9 Geräte = 5 %, USB-C: 77 Geräte = 40 %).

Kenne aber auch niemanden im Bekanntenkreis der sein Handy über eine USB-C Buche ladegerätseitig läd. Alles immer noch USB-A.

Ob jemand ein Gerät mit USB-C-Anschluss über ein Ladegerät mit USB-C oder USB-A lädt, dürfte zum einen davon abhängen, welche Ladegeräte und Anschlusskabel im Haushalt bereits verfügbar sind (z. B. am Schreibtisch, am Nachttisch, im Auto, im Reisegepäck) und zum anderen, ob und welche der Hersteller eines Gerätes mit USB-C mitliefert. Hier dürften in der Tat die meisten Nutzer die Umstellung auf USB-C längst noch nicht durchlaufen haben, weil es einen erheblichen Bestand an Altgeräten gibt.

Gleichzeitig gibt es aber eine Reihe von Faktoren, die die Umstellung auf USB-C im privaten oder geschäftlichen Umfeld begünstigen. Zu den Features von USB-C zählt eben nicht nur, dass man es beidseitig stecken kann, sondern etwa auch die Spezifikation für einen erheblich höheren Ladestrom: Dies ermöglicht bei den Handy eine Schnellladefunktion und überhaupt erst das Laden über USB für größere Tablets und Notebooks, die beide über erheblich größere Akkukapazitäten verfügen.

Werfen wir daher einen Blick auf die Kategorie "Notebook", in der Notebooksbilliger aktuell 1.279 Geräte führt. Davon verfügen

Auch wenn man hier keine Kumulation vornehmen kann, weil die meisten Geräte sicherlich über eine Kombination verfügen dürften, so ist doch klar ersichtlich, wohin die Entwicklung geht und auch, wie weit sie schon fortgeschritten ist.

Im geschäftlichen Bereich wird diese Entwicklung dadurch begünstigt, dass mit der Entwicklung von USB-C jetzt endlich ein Anschlusstyp verfügbar ist, der die aktuellen Geräte sowohl mit Strom als auch mit Daten versorgen kann. Geschäftlich wird daher bei Neuanschaffungen schon seit Jahren auf USB-C umgerüstet, um etwa die Dockingstations im Betrieb perspektivisch zu vereinheitlichen, zumal damit kein Nachteil verbunden ist: Die Notebooks verfügen ja in aller Regel trotzdem noch über eine Anschlussmöglichkeit für USB-A.

Allen ist sicherlich gemein, dass das Durcheinander verschiedener Anschlusstypen unerwünscht ist. Für diejenigen, die bereits eines oder mehrere Geräte haben, die nur per USB-C zu laden sind, stellt sich daher der selbe Effekt ein für diejenigen, die an USB-A festhalten – nur in umgekehrte Richtung. Wer beispielsweise geschäftlich ein Notebook nutzt, das mit USB-C geladen werden kann, der nutzt hierfür ein Ladegerät, das USB-C Power Delivery unterstützt, also einen hohen Ladestrom. Das spart erheblich Platz (45 Watt in der Größe eines Hühnereis) im Vergleich zu herkömmlichen Ladegeräten. Hier bietet es sich dann auf einmal an, für die weiteren Geräte das selbe Ladegerät zu nutzen – also USB-C.

Nochmal: Niemand hier in der Diskussion spricht sich dafür aus, kein USB-A mehr bereitzustellen – weil in der Tat die Verbreitung von Altgeräten nahelegt, dass dieser Anschluss noch auf Jahre erforderlich sein wird. Ich zeige aber auf, dass die Verbreitung von USB-C aktuell bereits relevant hoch ist und USB-C auch in Zukunft der zu erwartende Standard für alle relevanten Geräte sein wird.

In 5-6 Jahren kann man aber gerne mal über USB-C am Steckernetzteil reden.

Vor dem Hintergrund, dass mit Ausnahme von Apple (dazu unten mehr) bereits Einigkeit über die zukünftige Verwendung von USB-C besteht, überzeugt es nicht, die Bereitstellung von USB-C bei Neuanschaffungen noch derart lange hinauszuzögern. Im Gegenteil, dies führt nur dazu, dass während des Umstellungszeitraumes noch unnötig viele Ladegeräte und Kabel nach altem Standard produziert und verkauft werden, um bereits absehbar nicht mehr kompatibel zu sein.

Die EU ist nur zuständig für die Buchse AM Gerät selber

Das ist so nicht richtig.

Die Europäische Kommission hat in der Tat vor zwei Monaten einen Entwurf für die angesprochene Vorschrift abgeschlossen, um USB-C binnen 24 Monaten als verbindlichen Standard geräteseitig festzuschreiben:

With today's proposal for a revised Radio Equipment Directive, the charging port and fast charging technology will be harmonised: USB-C will become the standard port for all smartphones, tablets, cameras, headphones, portable speakers and handheld videogame consoles. (Pressemitteilung vom 23.09.2021)

Gleichzeitig kündigte sie aber auch an, dass die Vorschrift für Ladegeräte ebenfalls noch dieses Jahr überarbeitet werden wird – hier ist ebenso USB-C vorgesehen:

The interoperability of the external power supply will be addressed by the review of the Commission's Ecodesign Regulation. This will be launched later this year so that its entry into force can be aligned with today's proposal. (Pressemitteilung vom 23.09.2021)

Mittlerweile gehen also – im Gegenteil zur Situation noch vor einigen Jahren – der politische Wille zur Vereinheitlichung der Anschlüsse (auch gegen den Willen einzelner) und die tatsächliche technische Entwicklung beide klar in Richtung USB-C und zwar in einer Geschwindigkeit, die deutlich über der Geschwindigkeit liegen dürfte, mit der sich die DB Lounge technisch anpassen dürfte.

Kleiner Exkurs zum Thema Lightning-Anschluss übrigens: Der wurde schon 2012 eingeführt, weil sich das Standardisierungsgremium für USB erst 2014 überhaupt entschließen konnte, den gemeinsamen Standard für USB-C zu verabschieden. Apple hat dann schon 2015 die ersten MacBooks mit USB-C ausgerüstet und seit 2018 auch einige iPads darauf umgestellt. Hätte man nicht so lange daran festgehalten, dass kurzfristig kein neuer USB-Standard nötig sei, während Apple bereits die Notwendigkeit für höhere Übertragungsraten und Ladegeschwindigkeiten erkannt hatte, würde Lightning heute vermutlich überhaupt nicht existieren.

Ich habe Doppel-Ladegeräte mit USB-A und USB-C, das -C fürs Laptop. Wenn letzteres Kabel frei ist nutze ich es oft um Dienst- und Privathandy parallel zu laden.

Unter den genannten Gesichtspunkten möchte ich daher nochmal aufgreifen, dass sicherlich eine Kombination das Mittel der Wahl gewesen wäre, um über die geschätzte Lebensdauer der verbauten Ladegeräte die relevanten Anschlüsse bedienen zu können. Glücklicherweise weiß ich aus meiner Recherche entsprechender Anbieter aber auch, dass die Module oft so gefertigt sind, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt einfach getauscht werden können – unter entsprechendem finanziellen Aufwand natürlich.

Zuletzt aber möchte ich die gesamten Überlegungen gedanklich etwas einordnen:

Zum einen möchte ich feststellen, dass sowohl die Deutsche Bahn einen langen Weg gegangen ist, um Lademöglichkeiten am Platz in ihren Lounges bereitzustellen (ich denke da etwa auch an Übergangslösungen wie die kostenfreie Powerbank-Ausleihe während des Aufenthalts) und dass die Frage, mit welchem Anschluss die Lademöglichkeit am Platz ausgeführt ist, aktuell sicherlich weder zu den wichtigsten Fragen des DB-Konzerns, Deutschlands oder der Welt im Allgemeinen gehört.

Zum anderen können dankbar sein, dass bei der Planung, in deren Rahmen sicherlich nicht mit dem Wissen von heute, sondern sehr viel früher über die zu verbauenden Komponenten entschieden wurde, überhaupt eine gut erreichbare Lademöglichkeit vorgesehen wurde, und ich bin mir sicher, dass sich diese – wenn auch mit dem gewohnten Takt, mit dem technische Neuerungen bei der DB ihren Einzug finden – perspektivisch auch an die Entwicklung anpassen werden.

Bis dahin bleibt im Notfall ja immer noch die gute alte Steckdose – der Schukostecker dient seit immerhin 100 Jahren als verlässlicher Ladestandard, für den jeder Reisende in Deutschland gerüstet sein dürfte.

Soviel als Wort zum Sonntag – nicht nur im Bahnuniversum kann man herrlich zu technischen Entwicklungen fachsimpeln ;-)


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