Neuer IR in Österreich: Revolution oder Luftnummer? (Allgemeines Forum)

Holger2, Samstag, 01.11.2025, 22:28 (vor 18 Tagen)

Hallo zusammen,

mehrere Jahrzehnte nachdem die Deutsche Bahn einen Interregio eingeführt hat, wagt sich jetzt auch die ÖBB an dieses Thema. Mit dieser neuen Zuggattung soll der Eisenbahnverkehr in den Alpen revolutioniert werden. Vorgesehen sind neue Züge mit hochwertiger Ausstattung und Snackautomaten. Das Halteschema ist dabei sehr unterschiedlich.
Wehrmutstropfen: Da diese Züge Fernverkehrszüge sind, gibt es auf einigen Destinationen kaum noch Nahverkehr, was bedeutet, dass spezielle Nahverkehrsangebote künftig nicht mehr gültig sind (Einfach-Raus-Ticket, Verbundtickets).

Wie unterscheidet sich denn der Takt, gibt es hier Verbesserungen? Schauen wir mal:

1. Pinzgau, Salzburg - Wörgl
heute 2-Stundentakt mit 18 Stops zwischen B'hofen und Wörgl, erster Zug fährt mit allen Halten um 5:24, dann alle 2 Stunden von 7:56 bis 19:56, Fahrzeit 2h13min
demnächst 2-Stdtakt mit 18 Stops zwischen B'hofen und Wörgl, erster Zug mit allen Halten um 5:05, dann alle 2 Stunden von 7:59 bis 19:59, Fahrzeit 2:09
Es ändert sich lediglich der Gattungsname, die Züge fahren mit den gleichen Halten wie bisher, in gleicher Fahrzeit.

2. Ennstal, Graz - Innsbruck
heute zwischen Graz und B'hofen in 3h03min von 5:45 bis 19:45 mit 7 Halten
demnächst alle 2 Stunden in 3h13min von 5:45 bis 19:45 mit 12 Halten: Der Zug fährt demnächst über Bruck und hält zusätzlich in Rottenmann, Altenmarkt und Öblarn

heute zwischen B'hofen und Wörgl mit 18 Stops von 6:54 bis 20:54, allerdings ist ein Umstieg in Schwarzach - St. Veit nötig.
Diese Züge werden demnächst ab B'hofen verlängert, das heißt dieser Umstieg entfällt demnächst. Auch fahren diese Züge demnächst durch bis Innsbruck mit Zwischenhalt in Jenbach, praktisch jedoch in gleicher Taktlage wie der RJX aus Wien. Wer schneller ankommen will und nicht nach Jenbach, steigt also in Wörgl nach wie vor um.

Hier gibt es Mehrverkehr zwischen B'hofen und Schwarzach, sowie zwischen Wörgl und Innsbruck. Nachteilig ist auf beiden zusätzlichen Strecken, dass in ähnlicher Lage bereits Angebote vorhanden sind. Die Züge fahren nicht mehr nach Salzburg, wer dorthin will muss umsteigen.

3. Alpe-Adria, Salzburg - Villach
Dieser Zug sollte als IR fahren, fährt aber als IC zwischen 5:00 und 20:07 und ergänzt den existierenden zweistündlichen EC/RJ/ICE - Verkehr neu zu einem Stundentakt. Diese Züge halten dann nicht mehr in Dorfgastein und Bad Hofgastein und werden 5 min. schneller.
Zwischen Graz und B'hofen fahren die neuen IC in der Trasse der bisherigen Züge Salzburg - Graz, halten aber nicht mehr in Salzburg Süd, Hallein und Werfen. Es gibt aber zwischen Salzburg und Saalfelden einen neuen Regionalzug im Stundentakt, der dort hält und noch weitere Bahnhöfe mitnimmt.

Auf dieser Route gibt es also echten Mehrverkehr durch die neuen Regionalzüge von Salzburg nach Saalfelden und durch den neuen Stundentakt bis Villach.

4. Pyhrn, Graz - Linz
heute von 6:56 bis 18:56 alle 2 Std in 3h09min mit 10 Halten
demnächst von 6:45 bis 20:45 in 3h11min alle 2 Std, mit 17 Halten
trotz neuer Halte in Frohnleiten, Trieben (statt Rottenmann), Ardning, Spital, Roßleiten, Klaus und Micheldorf wird der Zug nur unwesentlich langsamer. Es gibt abends einen Zug mehr.
Negativ zu vermerken ist, dass es aus Richtung Graz nur noch alle 2 Stunden eine Verbindung gibt, da die Züge Richtung Bischofshofen durch den Umweg über Bruck den Anschluss an den Regionalexpress nach Linz in Selzthal um 10 Minuten verpassen.

5. Mur-Drau, Graz - Maribor
heute von 8:38 bis 21:38 alle 2 Stunden, mit einem Verstärker um 17:38, mit 2-3 Halten Fahrzeit 53 min
demnächst stündlich von 6:28 bis 23:28, mit 9 Halten, zusätzliche Halte in Don Bosco, Puntigam, Kaindorf, Ehrenhausen und Sentilj.
Zwischen Graz und Leibnitz ist dieser IR echter Mehrverkehr.
Zu beachten ist aber, dass zwischen Leibnitz und Spielfeld ein großer Teil der S-Bahnen durch diesen neuen IR ersetzt wird, so dass sich das Angebot von Leibnitz bis Spielfeld praktisch nicht verändert. Selbiges gilt zwischen Spielfeld und Maribor, wo es dann praktisch keine Regionalzüge mehr gibt.

6. Aichfeld, Graz - Klagenfurt

heute zwischen Bruck und Judenburg stündlich mit 3 Taktlücken von 6:03 bis 22:06.
demnächst alle 2 Stunden ab Graz und stündlich von Bruck bis Klagenfurt mit 19 Halten ab Bruck.
Die Strecke von Graz bis Bruck ist dabei zusätzlicher Verkehr.
Zwischen Bruck und Judenburg ersetzt der IR dabei den jetzigen Railjet - Verkehr.
Zwischen Judenburg und Friesach gibt es nur noch den IR, dieser ersetzt bis Unzmarkt die S-Bahn, die derzeit teilweise sogar halbstündlich fährt. Zwischen Unzmarkt und Friesach gibt es derzeit etwa stündlichen Verkehr, abwechselnd mit Regionalzug oder Railjet, dieser wird durch den stündlichen IR ersetzt. Und zwischen Friesach und St. Veit ersetzt der IR die S-Bahn, der Railjet wird eingestellt. Zwischen St. Veit und Klagenfurt gibt es wiederum eine neue S-Bahn, so dass jetzt 3 Züge pro Stunde nach Klagenfurt fahren. Bisher gab es dabei einige Taktlücken durch den RJ

Fazit: Es ist schwer zu sagen, ob der neue IR wirklich eine Verbesserung darstellt. Auf den meisten Routen durch die Alpen ändert sich gar nichts. Auf dem Aichfeld kommt es tatsächlich zu einer Angebotsreduktion. Es gibt speziell in der Steiermark einige Verbesserungen, Richtung Leibnitz und Bruck. Eine wirkliche Verbesserung ist der Stundentakt auf der Tauernbahn - durch Mehrverkehr von B'hofen bis Villach. Andere neue Durchbindungen, zwischen B'hofen und Schwarzach oder Wörgl und Innsbruck wirken eher politisch / organisatorisch und bieten keinen wirklichen Mehrwert.

Dadurch dass die neuen Züge leichter sind, als die bisherigen Garnituren und dadurch dass sie ohne Schaffnerbetrieb fahren können, ist davon auszugehen, dass der Betrieb der neuen Routen weitgehend ohne finanziellen Mehraufwand erfolgen kann.

Was meint Ihr?

Holger