Streik, BGB und Schadenersatz (Allgemeines Forum)

gnampf, Montag, 11.03.2024, 12:49 (vor 52 Tagen) @ Manitou

Wenn ein Unternehmer eine vertraglich gebundene Leistung erbringen muß, dabei ein Lieferant für Material plötzlich die Preise erhöht (da z.B. ein festgeleter Vertrag ausgelaufen ist) und der Anschlußvertrag nur mit einer Preiserhöhung zu haben ist, in den "sauren Apfel" beißen und das Material zur Erfüllung des Auftrages selbst dann teuerer einkaufen, wenn er den Preisaufschlag nicht weitergeben kann und deshalb den Auftrag ohne Gewinn abarbeiten muß.

Oder er sucht sich einen anderen Lieferanten. Oder meldet Konkurs an, storniert seinen Auftrag, ggf. auch unter Strafzahlung, etc. Es ist wohl keineswegs so das der Vorlieferant nach belieben neue Preise durchsetzen kann nur weil ein Vertrag auslaeuft. Das Unternehmen wird dann abwaegen wie es mit dem kleinsten Schaden aus der Nummer raus kommt. Und das ist bei weitem nicht immer die neuen Preise einfach zu akzeptieren.

Fordert dagegen die Gewerkschaft einen höheren Lohn für die Mitarebeiter, dann kann (nach dem derzeitigen BGB) der Unternehmer eine Verzögerung der Vertragserfüllung (bzw. ein "platzen" eines termingebundenen Vertrages) ohne Schadenersatzpflicht in Kauf nehmen, um die Lohnerhöhung durch einen neuen Tarifvertrag zu verweigern (und damit einen Streik durch die Gewerkschaft zu riskieren). Würden nun Lieferant und Arbeitnehmer (Gewerkschaft) gleich gestellt, könnte ein Unternehmer nicht riskieren, bestreikt zu werden.

Nicht so z.B. im Personenverkehr, wo Streiks nicht als hoehere Gewalt gelten. Und unter Unternehmen sind ja auch viel weitreichendere abweichende Regelungen moeglich, als gegenueber Verbrauchern.
Und selbst wenn die DB keinen Schadensersatz fuer durch Streikt verspaetete Gueterzuege muesste, bliebe trotzdem das grosse Risiko das es keinen Folgeauftrag fuer sie gibt, sondern der an andere Unternehmen geht, oder an andere Verkehrsmittel. Es ist also keineswegs so das die DB keinerlei Schaden haette und das ganze beruhigt aussitzen kann.

In der Praxis riskieren Unternehmer den "Streik des Lieferanten" nur, wenn sie zwar eine Leistung nicht anbieten können, aber noch nicht vertraglich gebunden haben. Das kam z.B. bei Lieferungen in Supermärkten vor, wo einige Ketten keine Neuverträge für bestimmte Markenartikel akzeptierten, nicht beliefer wurden, dies in den leeren Regalen ausschilderten.

Was hat das mit Streik zu tun? Da war kein Streik bei im Spiel. Das war reine Marktwirtschaft.

Insofern wäre es gut, wenn mal mit einer Verfassungsklage klargestellt wird, daß es notwendig ist, daß ein Unternehmen auch der Gewerkschaft nachgeben muß, weil die BGB-Regelung aus dem 19. Jahrhundert nicht mehr der heutigen Lebenswirklichkeit entspricht.

Ein derartiges Urteil wird es wohl maximal im Sozialismus geben, aber nicht in einer Marktwirtschaft. Damit wuerde es wohl in dem Land auch bald keine Unternehmen mehr geben, dann sie waeren dann zu 100% erpressbar und muessten jegliche Gewerkschaftsforderungen zu 100% erfuellen, egal wie unrealistisch sie sind.

Denn nicht die GdL, sondern der "hartleibige" DB-Vorstand ist schuld am Streik. Warum soll die Gewerkschaft nicht für ihre Mitglieder bestimmen, zu welchem "Preis" ihre Mitglieder Arbeitsleistung liefern? Eigentlich müßte der Streik unbefristet bis zur Erfüllung der Forderung sein.

Kann man so sehen, kann man auch anders sehe. Ich sehe es nicht so. Ich sehe es so das die Forderungen der GDL einfach nur ueberzogene Gehaltsforderungen sind die keiner finanzieren kann, und am eigentliche Thema der Verbesserung der Arbeitsbedingungen komplett vorbei gehen.
Und wie wir es ja schon hatten: ein unbefristeter Streik waere fuer die DB nicht das schlechteste. Denn um so schneller sind die Kassen der GDL leer, um so schneller gibts kein Streikgeld mehr, um so schneller wird die Streikbereitschaft dahin sein, um so eher werden die Mitglieder der GDL den Ruecken zukehren.
Aber natuerlich steht es jedem Einzelnen frei zu entscheiden, was seine Arbeitsleistung wert ist. Wenn er nicht das bekommt was er haben moechte kann er problemlos kuendigen und schauen ob er wo anders das bekommt was er moechte, oder auch nur mehr als beim alten Arbeitgeber. Es wird ja nun wahrhaft niemand gezwungen bei der DB oder ueberhaupt als TF zu arbeiten.


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