Vertrag erst mit Bestätigung des Anbieters (Fahrkarten und Angebote)

JanZ, HB, Dienstag, 11.05.2021, 17:55 (vor 1073 Tagen) @ mmandl
bearbeitet von JanZ, Dienstag, 11.05.2021, 17:55

Der Text auf der Homepage dürfte (wie etwa die Auslage im Supermarkt) juristisch gesehen kein Angebot sein, sondern eine invitatio ad offerendum, also eine Einladung, ein Angebot abzugeben. Das tut der Kunde dann mit der Zahlung, so dass der Händler das Angebot immer noch ablehnen kann.


Ich erlaube mir auf Föhlisch/Stariradeff, NJW 2016, 353 (354 f.) zu verweisen, wo überzeugend ausgeführt wird, dass die Aufforderung, eine Zahlung vorzunehmen als Angebot auszulegen ist, das der Kunde mit Durchlaufen des Bestellvorgangs annimmt:

Das Wesen solcher Zahlungsarten, die eine Vorleistung des Bestellers vorsehen, ist es, dass die eine Seite die vertraglich vereinbarte Leistung erst dann erbringt, wenn die andere Seite ihrer vertraglichen Leistungspflicht nachgekommen ist. Gerade diese, wohl auch dem juristischen Laien bekannte Tatsache, lässt für den Besteller den Schluss zu, dass wenn er zur Leistung aufgefordert wird, auch der Anbieter seiner Leistungspflicht nachkommen und den Vertrag schließen will. [...] Dazu kommt, dass ohne Vertragsschluss der Unternehmer nicht berechtigt ist, den Kunden aktiv zur Zahlung aufzufordern, da der Kaufpreis noch nicht fällig ist. Erst mit Eintritt der Fälligkeit kann der Unternehmer die Zahlung erstmals verlangen, vgl. § 271 II BGB.
Darüber hinaus sind sämtliche Versuche, eine so genannte Vorauserfüllungspflicht des Bestellers zu statuieren, unzulässig. Bei der so genannten Vorauserfüllungsvereinbarung wird der [...] [Besteller] durch sein verbindliches Angebot verpflichtet, den Kaufpreis an den Anbieter zu entrichten, obwohl dafür (noch) keine vertragliche Grundlage besteht. Denn erst mit Vertragsschluss erwachsen die vertraglichen Pflichten der Parteien. Dies gilt auch dann, wenn eine der Parteien zur Vorleistung verpflichtet ist. Eine abweichende Ausgestaltung des Vertragsschlusses, die dem Besteller das Insolvenzrisiko des Anbieters zusätzlich auch für den Zeitraum von der Bestellung bis zum Vertragsschluss auferlegt, ist unzulässig.

Setzt sich diese Auffassung durch, wäre den unsäglichen AGB, die den Vertragsschluss erst mit Lieferung etc. annehmen, endlich ein Ende gesetzt.

Da muss man halt ein Gericht finden, das sich dieser Auffassung anschließt. Die AGB von My Train sehen die Frage, wann man ein Angebot abgibt, so wie ich. Der Fall, dass die Zahlung genehmigt wird, aber es trotzdem keine Gutscheine mehr gibt, ist da nicht eindeutig geregelt.

--
Im Volk, da ist sie sehr beliebt, unsere Eisenbahn,
Doch dort, wo's keine Schienen gibt, da hält sie selten an.

(EAV: Es fährt kein Zug)


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