Über den Rennsteig zur Naumburger Straßenbahn (Teil 5) (Reiseberichte)

TD, Mittwoch, 25.12.2019, 18:24 (vor 1576 Tagen) @ TD

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In Naumburg ist nun unser nächstes Ziel erreicht: die Naumburger Straßenbahn. Seit 1892 gibt es – mit Unterbrechungen – in Naumburg eine Straßenbahn. Sie wurde erbaut, um die Altstadt an den über einen Kilometer entfernten Bahnhof anzubinden. Als ich das letzte Mal in Naumburg war, befand sich die Endhaltestelle noch ein Stück entfernt, mittlerweile wurde die Haltstelle direkt auf den Bahnhofsvorplatz verlegt.

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Die meterspurige Straßenbahnstrecke war ursprünglich als Ring um die Altstadt konzipiert. Im Jahr 1991 endete der Straßenbahnbetrieb, Verzögerungen bei Bauarbeiten und der Verfall von Fördergeldern bereitete dem Straßenbahnbetrieb ein vorläufiges Ende. Durch private Initiative konnte ab 1995 ein Teil der ehemaligen Ringbahn für den elektrischen Betrieb wiederhergestellt werden. Mittlerweile fährt die Straßenbahn wieder täglich im Halbstundentakt zwischen Hauptbahnhof und Salztor.

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Ursprünglich wurde die Ringstraßenbahn in beiden Richtungen befahren, im Uhrzeigersinn fuhr die Linie 1, entgegen die Linie 2. Nachdem die Liniennummern 1 bis 3 später für den Stadtbus vergeben wurden, verkehrt die Straßenbahn heute als Linie 4.
Während unseres Besuchs wird Wagen 37 eingesetzt, die Bahn wurde 1959 von Gotha / LEW gebaut und kam 2003 nach Naumburg.

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Seit DDR-Zeit trägt die Straßenbahn den Beinamen „Wilde Zicke“, sie ist heute der kleinste Straßenbahnbetrieb Deutschlands. Der gesamte Ring war ursprünglich 5,4 Kilometer lang, die heutige Streckenlänge beträgt 2,9 Kilometer. Die Strecke umrundet die historische Altstadt entlang des ehemaligen Mauerrings, hier passieren wir gerade das Depot.

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In Fahrtrichtung rechts ist derweil das Marientor zu sehen, es ist das einzige noch erhaltene Stadttor von ehemals fünf Toren der Stadtbefestigung. Die Anlage stammt von 1446, für mehrere Jahrhunderte diente sie auch als Gefängnis.
Wir fahren weiter bis zur Endhaltestelle Salztor – das namensgebende ursprüngliche spätmittelalterliche Salztor existiert jedoch nicht mehr.

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Naumburg liegt im Süden von Sachsen-Anhalt und kann auf eine lange Stadtgeschichte zurückblicken, die mittelalterliche Altstadt lädt zu einem Stadtbummel ein.

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Wahrzeichen der Stadt ist der spätromanisch-frühgotische Dom St. Peter und Paul. Mit dem Bau der dreischiffigen, zweichörigen Basilika mit vier Türmen und einem Kreuzgang wurde bereits vor 1213 begonnen. Seit 2018 ist der Naumburger Dom UNESCO-Weltkulturerbe.

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Und natürlich gibt es auch hier einen Weihnachtsmarkt, über dem Markt erhebt sich Stadtkirche St. Wenzel, mit 72 Metern ist ihr Turm der höchste Turm der Stadt. Das Gebäude davor ist das Schlösschen, hier befand sich im 14. Jahrhundert das erste Kaufhaus.
Vor dem Portal der Stadtkirche ist die Naumburger Weihnachtskrippe zu bestaunen.

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Am Markt befindet sich auch das Renaissance-Rathaus (erbaut von 1517 bis 1528). Wir sind hier ja in einem Bahnforum, da wird sich der geneigte Leser vielleicht fragen, was die ganzen Weihnachtsmarktbilder sollen...

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So besser?

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Am Markt finden sich auch Relikte des früheren Ringabschnitts der Straßenbahn durch die Innenstadt. Dieser Abschnitt wurde 1976 aufgegeben. Heute wird es als Nachteil gesehen, dass die zentralen touristischen Attraktionen wie Markt, Altstadt und Dom umfahren werden. Auch wir müssen deshalb ein paar Meter laufen...

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...bis zur Endhaltestelle Salztor. Wir fahren nun zurück an den Bahnhof – das Vorzeigen der Fahrkarte ist nicht mehr nötig, die Straßenbahnschaffnerin erinnert sich, uns bei der Hinfahrt Tageskarten verkauft zu haben.

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Hier noch ein Blick von der Fahrt um die Altstadt in die Jakobsstraße. Ich bin bei der Zuordnung der Bilder etwas verwirrt, weil Fahrplan und Stadtplan scheinbar nicht zusammenpassen wollen – bis ich merke, dass der Theaterplatz in Curt-Becker-Platz umbenannt wurde.

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So, damit ist unser Programm eigentlich abgearbeitet, wir können nun die Heimreise in den Süden Deutschlands antreten. Am Hauptbahnhof von Naumburg halten nur noch einzelne Fernverkehrszüge. Einer davon ist der...

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...IC 2060 „Saaletal“. Der Zug gehört zur IC-Linie 61, die eigentlich Karlsruhe und Nürnberg verbindet, wobei ein Zugpaar durch das Saaletal bis Leipzig durchgebunden ist. Der Zug wurde zum Fahrplanwechsel von IC2 auf konventionelle IC-Wagen rückumgestellt.
Falls hier jemand von der Bahn mitliest: die Bemerkungen in der Fahrplanauskunft stimmen für den Zug nicht, dort taucht noch der Hinweise auf den IC2 auf. Ich bin mir auch nicht sicher, ob der Hinweis „Snacks und Getränke am Platz“ noch stimmt, uns ist jedenfalls kein mobiler Verkäufer begegnet.

Während wir am Bahnsteig warten, fährt in Gegenrichtung ein Zug mit Doppelstockwagen und mehreren Steuerwagen durch, die das bwegt-Logo tragen. Offenbar werden hier gerade die durch den Betreiberwechsel arbeitslos gewordenen Wagen aus dem Ländle abgefahren.

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Für die nächsten fünfeinhalb Stunden machen wir es uns nun im Abteilwagen bequem. Diesmal begegnet uns eine Modernisierungsvariante mit den herkömmlichen Sitzen in neuem Bezug.

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Die Fahrt durch das Saaletal und weiter über Nürnberg nach Stuttgart wäre landschaftlich eigentlich ganz nett – wenn es nicht schon dunkel wäre. Stellvertretend deshalb nur dieses eine Bild, wenn mich nicht alles täuscht, müsste das Ludwigsstadt bei Nacht sein.
Kurz vor Stuttgart gibt es noch einen Nothalt und bringt uns einige Minuten Verspätung ein – aber egal, wir schaffen es heute ohnehin nicht mehr nach Hause. Die letzte Verbindung von Stuttgart nach Konstanz ist schon um 21:16 Uhr, deshalb hatten wir von vornherein eine Zwischenübernachtung in Stuttgart eingeplant.

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Die große Halle im Bonatzbau am Stuttgarter Hauptbahnhof ist mittlerweile leergeräumt, ich weiß nicht so recht, was ich von der weihnachtlichen Illumination der Baustellen halten soll.


Tag 4: Stuttgart – Singen – Konstanz

So, der letzte Reisetag ist angebrochen, heute steht nur noch die Schlussetappe von Stuttgart zurück an den Bodensee auf dem Programm. Und eigentlich muss ich an dem Tag auch schon wieder arbeiten, deshalb geht es früh am Morgen auf den Zug.

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Wir werfen noch einen kurzen Blick auf die Baustelle von S 21 mit den Kelchstützen, die das zukünftige Bahnhofsdach tragen sollen. Dann trennen sich unsere Wege, mein Bruder fährt weiter nach Tübingen, ich besteige den Zug nach Singen. Diesmal geht es mit dem IC2 auf die Gäubahn.

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Anfangs ist es noch dunkel, im Neckartal herrscht Nebel. Insofern gibt es diesmal nur ein Bild aus dem Hegau zwischen Engen und Singen.

Kann es eine Bahnreise geben, bei der alles klappt? Selbstverständlich nicht - der IC2 sammelt munter Verspätung und schließlich ist der Anschluss-Seehas in Singen weg. Aber gut, es hätte auf der Tour weit schmerzhaftere Anschlussverluste geben können, zumal einige Minuten später die Schwarzwaldbahn nach Konstanz eintrifft. (Warum die Zugchefin im IC2 diesen Anschluss bei der Durchsage verschweigt und als nächste Fahrtmöglichkeit nach Konstanz nur den Seehas 30 Minuten später nennt, bleibt wohl ihr Geheimnis).

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Und so geht es mit dem Zug der Schwarzwaldbahn nun auf die letzte Etappe der Reise.

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Im Nebel am Bodensee endet damit eine kleine weihnachtlich-winterliche Rundfahrt nach Franken, Thüringen und Sachsen-Anhalt.
Vielen Dank für das Interesse und fürs Mitkommen.

Ich wünsche frohe Weihnachtstage und einen guten Start ins neue Jahr!

Viele Grüße

Tobias


PS: Meine früheren Bahnreiseberichte gibt’s unter www.bahnreiseberichte.de

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[image] "Fensterplatz, bitte." - Meine Bahnreiseberichte.de.| instagram.com/fensterplatz.bitte/


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