Im Stil der 80er: Der Bahnhof Vaihingen (Enz), 0 Bilder (Reiseberichte)

Sören Heise, Region Hannover, Mittwoch, 23.10.2013, 18:05 (vor 3830 Tagen)
bearbeitet von Sören Heise, Mittwoch, 23.10.2013, 18:05

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 30. September 1990 erhielt die Stadt Vaihingen an der Enz einen neuen Bahnhof. Mit diesem Beitrag verbinde ich daher nachträglich meine herzlichen Glückwünsche zum 23. Geburtstag.


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Dem eiligen Reisenden zwischen Mannheim und Stuttgart ist Vaihingen vielleicht nur vom schnellen Vorbeifahren bekannt. Beziehungsweise Vaihingens Bahnhof, von dem das Städtchen etwa zwei Kilometer entfernt liegt. Das ist ein klarer Fortschritt, den Vaihingens erster Bahnhof lag noch weiter draußen. Als der am 1. Oktober 1853 zusammen mit der Bahnstrecke von Bietigheim über Bretten nach Bruchsal eingeweiht wurde, trug er den Namen Sersheim. Das gleichnamige Dorf lag zwei Kilometer entfernt, die Stadt Vaihingen drei. Ihre eisenbahnferne Lage wirkte sich negativ aus, Einwohlerzahl und Wirtschaftsleistung gingen zurück. Auf Begehr der Stadt erfolgte 1863 die Umbenennung der Station in Vaihingen-Sersheim. Drei weitere Namen sollten folgen: 1906 Vaihingen (Enz) Staatsbahnhof (Sersheim hatte mittlerweile seine eigene Station), 1923 Vaihingen (Enz) Reichsbahnhof und 1950 Vaihingen (Enz) Nord. Diesen Namen sollte der Bahnhof bis zu seinem Ende tragen. Das Ende folgte in Etappen, hatte aber ein langes Vorspiel.

Als die Bundesbahn im Jahr 1966 erste Planungen für eine Neubaustrecke von Mannheim nach Stuttgart begann, da war noch nicht abzusehen, daß Vaihingen dadurch einen neuen Bahnhof erhalten sollte. Das war aber so, 1980 wurde der Standort festgelegt. Im Jahr 1985 begann der Bau, der Bahnhof wurde pünktlich zum kleinen Fahrplanwechsel am 30. September 1990 in Betrieb genommen. Die bisherige Bahnstrecke zwischen Bietigheim und Mühlacker wurde hierfür zwischen Sersheim und Illingen nach Süden verschwenkt. Am neuen Bahnhof Vaihigen erfolgte eine Verknüpfung mit der Neubaustrecke, die seit dem 2. Juni 1991 planmäßig befahren wird.

Der Bahnhof hat zwei Bahnsteige, vierhundert Meter lang, achtein- bis neuneinhalb Meter breit. 120 Meter davon bieten ab und an Dachdeckern Arbeit. An beiden Bahnsteigenden gibt es zugleich als öffentlicher Durchgang dienende Unterführungen, die westliche wird auch von der Landwirtschaft frequentiert (auf dem Satellitenbild sieht man ihre Lage zwischen den Feldern im Nichts). Die Grundfläche des Empfangsgebäudes ist dreieckig, nach Süden hin offen. Es besteht aus drei Bauteilen:
-> Parallel zum Bahnkörper entsteht das Gebäude für das Stellwerk und die Dienst- und Betriebsräume der Bahn. Sein Volumen wird von den Anforderungen des Stellwerks bestimmt.
-> Parallel zur Straße entsteht der Baukörper für den Kundendienst.
-> Die Empfangshalle liegt als gläsernes Oval in der Mitte des Gebäudekomplexes. Hier werden die Dienstleistungen der Bahn für ihre Kunden konzentriert.
(Karl-Friedrich Steidlinger: „Der neue Bahnhof Vaihingen (Enz) an der NBS Mannheim—Stuttgart. Halbzeit bei der Bauausführung.” In: Die Bundesbahn 10/1988, S. 1008-1016, hier S. 1015.)
Die Empfangshalle kann man besuchen, muß man aber nicht. Der schnellste Weg führt an ihr vorbei. Übrigens wurde im Vorgriff der Bauarbeiten zum Bahnhof ein römischer Gutshof entdeckt, der aber nicht ausgegraben wurde.

Mit Inbetriebnahme des neuen Bahnhofs wurde die alte Linienführung westlich des Nordbahnhofs stillgelegt. Der Nordbahnhof selber wurde noch benötigt, denn hier begann die im Oktober 1904 eröffnete Vaihinger Stadtbahn. Diese durch die Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft (WEG) betriebene Privatbahn schloß die Stadt Vaihingen direkt ans Eisenbahnnetz an und führte weiter bis Enzweihingen, wo sich das Depot befand. Im Jahr 1990 wurde diese Strecke schon lange überwiegend im Schülerverkehr bedient (Güterzüge gab es auch), dennoch erhielt der neue Bahnhof auch einen Bahnsteig an der Stadtbahn. Er liegt einige Meter vom eigentlichen Bahnhof entfernt. Zum Jahresfahrplan 2003 stellte die WEG die Stadtbahn ein, da die DB die Bedienung des Bahnhofs Vaihingen Nord gekündigt hatte (sie bediente dann noch bis zum Sommer 2003 einen Güterkunden in Vaihingen, der Nordbahnhof wurde im Dezember des Jahres geschlossen). Stammfahrzeug der Strecke war ab 1975 der im Jahr 1926 (!) gebaute Dieseltriebwagen T04.


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Im Süden Deutschlands (hier liegt Vaihingen zweifellos) präsentiert sich die Eisenbahn gerne ein wenig taktlos. Meine Übersicht über die haltenden Züge beschränkt sich daher auch die Taktzüge, besonders im Berufsverkehr verkehrt mehr:
IC Nürnberg - Stuttgart - Karlsruhe (zweistündlich).
IRE Stuttgart - Karlsruhe (zweistündlich, via NBS; Doppelstockwagen mit BR 146)
RE Stuttgart - Bietigheim - Mühlacker - Karlsruhe (zweistündlich, BR 425)
RE Stuttgart - Bietigheim - Mühlacker - Heidelberg (zweistündlich, BR 425)
S5 Bietigheim - Mühlacker - Karlsruhe - Wörth (stündlich, Stadtbahnwagen der Albtalbahn).

Zu erwähnen ist ferner, daß auf den beiden bahnsteiglosen Mittelgleisen etwa zweimal die Stunde ein ICE vorbeifährt. Das Schauspiel kenne ich nur aus dem Zug. Zug ist das, was auf den nachfolgenden Aufnahmen (entstanden am 17. Juli 2013) eher nicht zu sehen ist.


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Da ich mal wieder zuviel geschrieben habe, gibt's die Bilder sofort in Teil 2. Aber ihr haltet den Text ja mehrheitlich für unverzichtbar. Also jetzt bitte weiterklicken.


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