Der schönste Weg führt über Haparanda (Tag 1–2/9) [mB] (Reiseberichte)

JanZ, HB, Sonntag, 27.07.2025, 15:11 (vor 134 Tagen)

Anfang Juli war ich wieder auf den Spuren von Hannes Weber aus dem Film „Zugvögel – einmal nach Inari“ (Link zum Wikipedia-Artikel) unterwegs. Ganz bis zu seinem damaligen Ziel sollte es nicht gehen, aber immerhin bis zur nächstgelegenen Bahnstation Rovaniemi. Und wie Hannes im Film wollte ich diesmal komplett ohne Flug unterwegs sein. Für den Hinweg entschied ich mich, die einzelnen Etappen über Nacht zu reisen: mit dem SJ-Nachtzug von Hamburg nach Stockholm, dann weiter mit dem Schiff nach Turku, wo ich im Gegensatz zu Helsinki noch nicht war, und dann mit dem Zug nach Rovaniemi. Den Rückweg wollte ich tagsüber in Angriff nehmen und dabei auch die wieder in Betrieb genommene Haparandabahn testen, denn wie heißt es im Film so schön: „Der schönste Weg nach Inari geht über Nordschweden, über Haparanda“.

Als Fahrkarte hatte ich einen Interrail-Vier-Tages-Pass gekauft. Preislich tat sich das gegenüber Einzeltickets nicht viel, aber so konnte ich so flexibel wie möglich bleiben und außerdem den Zug Stockholm–Malmö für die Rückfahrt schon buchen, was bei der DB eigenartigerweise noch nicht ging. Für die Hinfahrt wollte ich im SJ-Nachtzug eine Einzelkabine haben. Dafür wird Interrail nicht akzeptiert, so dass ich eine normale Fahrkarte buchte und sozusagen einen Tag Interrail „übrig“ hatte.

Am 30. Juni nach der Arbeit ging es dann endlich los. Für die Fahrt von Bremen nach Hamburg hatte ich noch einen Sparpreis Aktion geschossen, um nicht auf den Nahverkehr angewiesen zu sein und vor allem auf jeden Fall in die Lounge zu kommen. Die Rollbahn-ICE zeigen sich an diesem Abend mal wieder von der „besten“ Seite und sind alle so verspätet, dass ich mit meinem Sparpreis den Vorvorgänger meines Zuges nehmen kann.


Montag, 30. Juni 2025
Bremen Hbf   ab 17.17 +103 ICE 610
Hamburg Hbf  an 18.14 +100

In Hamburg angekommen, esse ich erst mal indisch beim Manju, meinem Lieblingsimbiss im Bahnhof, und verbringe dann die restliche Wartezeit in der Lounge. Am Gleis wartet dann neben mir der Tf, der den EN übernehmen soll, eilt dann aber zielstrebig zum Aufgang. Und tatsächlich, ein kurzfristiger Gleiswechsel ist angekündigt. Der Zug wird auf deutscher Seite von RDC bzw. deren Tochter BTE gefahren, die dafür ex-DB-101er nutzen:

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BTE-101 vor dem SJ-EN in Hamburg Hbf

Hamburg Hbf  ab 22.03 EN 346

Ich beziehe meine Schlafkabine, die zum Glück klimatisiert ist. Wir fahren pünktlich los, müssen aber schon vor Pinneberg an einer eingleisigen Baustelle auf den Gegenzug warten, wo wir uns Verspätung zuziehen. Schon planmäßig sollen wir eine halbe Stunde später in Stockholm eintreffen als ursprünglich geplant, dafür hatten mir die SJ kurz vor der Reise noch eine Infomail und eine aktualisierte Fahrkarte geschickt.

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Mein Abteil im SJ-EN in Nachtstellung

Dienstag, 1. Juli 2025
Stockholm C  an 10.29

Für eine Nachtzugfahrt schlafe ich relativ gut. Den längeren Halt in Malmö bekomme ich kurz mit, wache aber endgültig erst auf, als wir schon deutlich weiter im Norden sind. In Malmö haben wir noch zusätzliche Wagen bekommen, die wahrscheinlich wegen des Lichtraumprofils gar nicht in Mitteleuropa laufen dürften. Einer davon ist der Bistrowagen, in dem es für mich ein kostenloses Frühstück gibt.

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Frühstück im SJ-EN

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Mein Schlafabteil in Tagstellung

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In Malmö angekuppelter Sitzwagen

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Blick aus dem Fenster irgendwo zwischen Norrköping und Stockholm

Vermutlich beim Halt in Malmö haben wir auch die Verspätung wieder abgebaut, so dass wir pünktlich in der schwedischen Hauptstadt einlaufen. Ich beziehe Position auf dem Nachbarbahnsteig, um Bilder von meinem Zug zu machen, den auf schwedischer Seite eine Lok der SJ-Güterschwester Green Cargo zieht.

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Green-Cargo-Lok vor dem SJ-EN

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Liegewagen des SJ-EN. Das unterschiedliche Lichtraumprofil der mitteleuropäischen (links) und skandinavischen Wagen ist recht gut zu erkennen.

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Schlafwagen des SJ-EN. Wie am Symbol an der Tür zu erkennen, hat er auch einen kleinen Kiosk.

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Bistrowagen des SJ-EN

Dann schließe ich meinen Koffer ein und mache mich auf den Weg, Stockholm zu erkunden. Ich war zwar schon mehrmals hier, die Stadt ist aber immer wieder eine Reise wert, zumal bei dem herrschenden Wetter mit gut 25 Grad und Sonnenschein.

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So ziemlich das erste, was ich in Stockholm gesehen habe

Also marschiere ich durch die Altstadt zum Verkehrsknotenpunkt Slussen, der gerade umgebaut und dadurch auch als Aufenthaltsort attraktiver wird. Schon vorher konnte man aber direkt oberhalb des Tunnelmunds super Fotos von U-Bahn-Zügen vor der Kulisse der Altstadt machen.

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Altstadt-Impressionen

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Ein U-Bahn-Zug der neuesten Generation nähert sich Slussen

Zu Mittag esse ich in einem Burgerladen im Kaufhaus Åhlens City, wieder in der Nähe des Hauptbahnhofs. Dann mache ich mich mit der Straßenbahn auf den Weg ins Naherholungsgebiet Djurgården und wieder zurück zum Nybroplan. Dort mache ich ein paar Bilder von den Fähren, die hier auch zum ÖPNV gehören, und von den historischen Straßenbahnen, die die Linie nach Djurgården verstärken.

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Fähre „Vera“ am Nybroplan

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Fähre „Katarina“ am Nybroplan

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Historische Straßenbahnen auf der Djurgårdslinie

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Pragmatische schwedische Rechtschreibung

Dann wird es so langsam Zeit, sich auf den Weg zum Schiff zu machen. Ich hole mein Gepäck am Bahnhof und habe herausgefunden, dass von dort ein direkter Bus zum Anleger fährt. Da sich vor dem Bahnhof der Verkehr staut, erwische ich ihn gerade noch. Bezahlen kann ich, wie überall im ÖPNV auf meiner Reise, kontaktlos per Kreditkarte. Leider bekomme ich nur noch einen Stehplatz, und der Bus ist nicht klimatisiert, aber wo ich schon mal drin bin, fahre ich nun auch bis zum Anleger durch. Dort checke ich am Automaten ein und verbringe die Wartezeit bis zum Boarding im Aufenthaltsraum. Als wir aufs Schiff können, biege ich falsch ab und laufe an der Armada von Reinigungskräften vorbei. Schon beeindruckend, wie viele Menschen es alleine dafür braucht.

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Die Viking Glory, mein Schiff nach Turku

Stockholm    ab 20.00

Auf dem Schiff beziehe ich erst mal meine Kabine. Die ist sehr minimalistisch, aber anders als auf meiner ersten Reise 2010 habe ich sie für mich alleine – geteilte Kabinen werden gar nicht mehr verkauft. Dafür bietet das Schiff umso mehr Möglichkeiten: natürlich den obligatorischen Duty-free-Shop, aber auch diverse Restaurants, die natürlich nicht billig sind. Ich beschränke mich daher auf ein Sandwich, ein Getränk aus der Flasche und eine Tüte Erdnüsse. Höhepunkt der Fahrt sind die Schären, die wir kurz hinter Stockholm passieren.

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Blick auf Djurgården bei der Ausfahrt aus Stockholm

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Schären in der Abendsonne

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Meine Kabine auf der Viking Glory

Ein weiterer Höhepunkt findet auf dem Schiff statt: Auf dem Programm habe ich gesehen, dass Karaoke angeboten wird. Also mache ich mich auf den Weg in die Bar, in der es stattfindet, und komme dort (auf Englisch) mit einem Finnen ins Gespräch. Er fragt mich, ob es einen musikalischen Interpreten gäbe, der mich mein ganzes Leben begleitet habe, aber da muss ich passen. Ich erzähle ihm, dass ich im Chor gesungen habe und (unabhängig davon) auch ein paar finnische Lieder kenne. Er meint, er wolle in einer Viertelstunde ins Bett gehen, ich müsse mich also beeilen, wenn ich ihm noch etwas vorsingen wolle. Also trete ich mit „Ei mittään“ (YouTube-Link) an, dem Lied, mit dem wir in meinem ersten Finnischkurs unter anderem die Namen der Wochentage und Monate gelernt haben. Er ist sichtlich beeindruckt, verabschiedet sich dann aber wie angekündigt. Angesichts der frühen Ankunft am nächsten Morgen gehe ich auch bald in meine Kabine.

Fortsetzung folgt!


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