Back to topic. "Fakten"? (Fahrkarten und Angebote)

J-C, In meiner Welt, Freitag, 29.12.2023, 17:34 (vor 716 Tagen) @ sfn17

Bloß hast du keine Fakten parat, warum eine pauschale Reservierungspflicht irgendwie sinnvoll oder gar notwendig wäre in Deutschland.


Ja, Du möchtest Dich über die Diskursebene vom Lagerfeuer der Diskussion wegschleichen:
Hier versuchst Du die Dir nun mehrfach vorgestellte Regelung in Frankreich ganz gefühlig abzuwatschen und kommst mit der scheinbar universell ultimativen Steinschleuderfrage "Fakten?".

Naja Fakten habe ich halt lieber als wenn man sich persönlich in die Haare kriegt. Das letzte, was man braucht, ist aus irgendeiner Diskussion im Internet irgendwelche negativen Gefühle zu haben.

"Fakten" sind sowieso ganz schwierig, aber das ist gar nicht mal das Problem. Es geht vielmehr um Abwägung von Entscheidungen und Handlungsweisen (hier des Bahnvorstands, der neue Angebotsstrukturen entwerfen möchte) - neuerdings gamifiziert mit Bewertungspunkten.

In einem sinnvollen Diskurs solltest Du knackige Argumente bringen, die gegen eine Reservierungspflicht bei der DB sprechen. Außer gefühligem "Im Zug stehe ich auch gerne." kam da noch nix.

Gefühlig? Da draußen gibt es definitiv genug Leute, die auch ohne Platzgarantie bereit sind, einen bestimmten Zug an einem bestimmten Tag zu nehmen. Weil sie eben dann etwa bei Netzkarten wie der BahnCard 100 oder dem Klimaticket sich nicht Gedanken machen müssen, ob da noch Plätze im möglicherweise adhoc gewählten Zug frei sind oder dergleichen. Da steht eben eine Menge dahinter, was du mit meinem Gefühl abtust. Um meine Gefühle sollte es ohnehin nicht gehen. Ich kann aus der eigenen Erfahrung aber zufälligerweise schon nachvollziehen, wieso in Deutschland eine Reservierungspflicht eher weniger Freunde finden würde.

Stichwort "Flexibilität": bei Reservierungspflicht ist schnelle Umbuchung möglich. Von Dir kommt hier nix mehr.

Ohne Reservierungspflicht braucht man gar nicht erst umbuchen. Bei Anschlussverlust kann man bei zuggebundenen Tickets ohne allzu viel drüber nachzudenken einfach den nächsten Zug nehmen. Vielleicht noch zur Sicherheit vom Zugbegleiter eine Bestätigung über die Verspätung anfordern.

Als künftiges Mitglied in einem Bahnvorstand (was ich Dir von Herzen wünsche) muss da was Handfestes kommen. Gerne auch aus einer Analyse ex negativo der französischen und anderswoigen Verhältnisse (so würde ich nach Argumenten für Zustiegsfreiheit ohne Reservierung suchen). Sonst ist bei einer Präsentation die Qualitätsampel (die es wohl im Sitzungsraum geben soll) schneller rot, als Du Dich wieder hinsetzt.

Ich sag es offen, um das Thema in aller Tiefe zu behandeln, bräuchte es Zeit. Zeit, die ich gerne mit anderen Dingen, zum Beispiel damit verbringen will, überhaupt in die Richtung zu kommen, wo du mich erfreulicherweise siehst.

Aus irgendwelchen Gründen wurde halt Frankreich als Beispiel auserkoren. Schön. Aber ich persönlich stehe mit Vergleichen generell auf dem Kriegsfuß. Hat man ja alles erforscht. Ich hab jetzt gesehen, dass ich grundsätzlich auf die von den Webseiten solcher Bahnen bereitgestellten Informationen in anderen Sprachen eben nicht so viel zählen sollte, dann lass ich es mir eben vom Browser mehr übersetzen. Dann sehe ich aber, wie teuer die Zeitkarten sind und wie wenig sie im Vergleich zu dem zu bieten haben, was man in Deutschland kriegt.

Vielleicht ist Frankreich einfach strukturell so organisiert, dass dieses System dort funktioniert. Aber das kannst du in Deutschland vergessen. Die Reiseketten sind komplexer und es ist sinnvoller, im Zweifel bei einem Anschlussverlust stehen zu bleiben, als jetzt möglicherweise Stunden auf einen freien Platz zu warten, so wie es in Frankreich offenbar gehandhabt wird (denn du kannst ja nur schwer auf einen Stehplatz umbuchen).

Du entkräftest ja nicht einmal das Frankreich-Beispiel (etwa die seinerzeitigen Überlegungen der SNCF zur Résa-Pflicht in den TGV als aus heutiger Sicht vielleicht als überholt/veraltet zu entlarven). Es kommen auch keine Pro-Argumente für Zustiegsfreiheit (gibt bestimmt ein fachlicheres Wort dafür).

Weil diese Argumente in meiner Welt (welche auch soziale Medien umfasst) so oft gebracht wurden, dass ich ehrlich gesagt überrascht bin, dass man darüber schon wieder diskutieren muss.

Die Argumentationsführungen des Herrn Nagl (drüben) sind rein strukturell und in der Tiefendimension schon eine andere Liga im Vergleich mit den ganzen Postings in Bahnforen.

Ich bin auch ein Student. Mehr nicht. Wenn es mein Job wäre, mich täglich mit solchen Themen zu befassen, dann wäre es auch nicht schwer, da die triftigen Argumente zu finden. Meine Performance wird auch sicher nicht anhand meiner Postings in diesem Forum beurteilt, wo ich in erster Linie aus Spaß an der Freude mitdiskutiere und gerne was dazulerne, solange ich nicht es zu weit treibe.

Nein da zählen ohnehin ganz andere Maßstäbe.

Das kann mensch mit 25 Jahren

seit heute 26 ;)

durchaus nachahmend lernen, wenn er mal mitmischen will. (Egal, was man von Herrn Nagl hält; ich kenne ihn nicht groß und habe keine Meinung zu ihm.)

Kann ich. Aber ich hab andere Prioritäten vielleicht und dennoch eine Meinung zu gewissen Themen.

Also. Was spricht für den flexiblen Zustieg?

(Ist "Flexibilität" ein so starkes Verkaufsargument? Wieso nehmen Reisende Flugzeugbindung bei Flugverkehr so willig hin? bei Bahnverkehr eigentlich auch irgendwie, weil Sparpreise gut verkauft werden? Da müssen einfach mal materielle Argumente kommen...)

Dass man nur eine gültige Fahrkarte braucht und auch ohne freie Plätze ans Ziel kommt. Das ist ein Grund, wieso die PKP Intercity trotz Reservierungspflicht dann eben auch Restplätze ohne Platzgarantie verkauft (was das ganze System auch dementsprechend ad absurdum führt). Es ist eigentlich dieser eine Grund. Es macht es einfacher, weil man nicht immer auf einen bestimmten Zug hin bucht, sondern eben so wie im Auto am liebsten einsteigen und ans Ziel kommen will. Gerade in Deutschland ist ja das Auto ein wesentlicher Wettbewerber zur Bahn, der Flieger durchaus auch aber wenn man sich anschaut, wie viele Auto fahren und wie viele fliegen, dann wird klar, dass man in der Politik Prioritäten setzen möchte.

In Frankreich muss man zwar mitunter auch komplexere Reiseketten auf sich mehmen, etwa wenn man den Bahnhof wechseln will. Aber dort ist der TGV vor allem stark auf die Punkt-zu-Punkt-Verbindungen ausgelegt. Sowas von wegen dass man den TGV in bestimmten Gebieten mit Fahrkarten des Regionalverkehrs nutzen kann, ich schätze das wäre in Frankreich undenkbar.

Wenn man eine Platzgarantie unbedingt haben will, dann kann man ja auch zu einem entsprechenden Entgelt reservieren. Vermutlich ärgert man sich aber dann, weil entgegen der Prognose dann oft es so ist, dass eben doch noch einige Plätze frei sind. Wie ich es heute auf dem RJX zwischen Wien und Zürich erlebte. Da waren die 3€ für mich irgendwo sinnlos geworden, vermutlich auch, weil nicht jeder Platz reservierbar ist, um eben auch jenen ohne Reservierung einen Platz zu ermöglichen.

Jetzt gerade sitze ich in einem InterCity in der Schweiz und es wurden keine Reservierungen gesteckt.

Weil man keine Reservierungen braucht bei der Auslastung. Weil man eben ein entsprechendes Angebot auf den Tisch legt in Punkto Kapazität. Das tut man so auch häufig in Deutschland.

Und dann die Frage ob eine generelle Reservierungspflicht überhaupt zur Debatte steht. Ich hab auch nicht den Eindruck, als ob das Management sich allzu viel weiter trauen will, wobei, wer weiß? Wer nie mal kritisch zu einer Maßnahme steht, könnte ja die, die sowas setzen, dazu verführen, noch weiterzugehen, was ich ehrlich gesagt nicht hoffe.

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Umwege erweitern die Ortskenntnis ~ Kurt Tucholsky


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