(Semi-OT) Durch das Reich der LEAG (Teil 2, 3 Bilder) (Reiseberichte)

J-C, Da, wo ich grad gedanklich nicht bin., Dienstag, 27.08.2019, 10:56 (vor 1694 Tagen) @ J-C
bearbeitet von J-C, Dienstag, 27.08.2019, 10:57

Bei der Wanderung waren natürlich die Exerzitien im Vordergrund. Doch wird man natürlich auch einen Bezug auf die Landschaft, die Orte und in diesem Fall sogar auch auf die Industrie haben.

Vorab, die Wanderung war in vielen Ebenen großartig, in der Lausitz sind wir mit offenen Armen empfangen worden und es war einfach schön, mit den Leuten dort in Kontakt zu treten. Ich werde vielleicht irgendwann nochmal dort hinwollen, es war wirklich großartig.

Doch gehört zur Realität auch dazu, dass in der Lausitz nicht immer alles super toll war. Beziehungsweise ist.

Ich bin mir sicher, dass das den meisten eh schon bekannt ist, aber zu Zeiten der DDR ist die Lausitz der Motor der Wirtschaft schlechthin gewesen, da sie über Braunkohlevorräte verfügte. Große Gebiete wurden entsprechend vom Tagebau abgegraben, mehrere Dörfer verschwanden, ihre Einwohner mussten umziehen. Der Braunkohletagebau und besonders die Energiegewinnung in entsprechenden Kraftwerken war nicht gerade sauber, entsprechend hoch war die Umweltbelastung. Man kann sich denken, dass die Lausitz nicht gerade die lebenswerteste Region war.

Das ist die eine Seite der Realität, die andere Seite ist natürlich, dass die Tagebaue und Kraftwerke für viele Arbeitsplätze sorgten. Arbeitsplätze, die mit Zusammenbruch der DDR und der Stilllegung vieler Tagebaue und au h Kraftwerke verloren gingen

Zwar wird noch immer Braunkohle in der Lausitz gefördert - und ja, noch heute stehen Dörfer in Gefahr, vom Braunkohletagebau plattgemacht zu werden - doch das im wesentlich geringeren Umfang. Bei der Wanderung sind wir an den beiden Braunkohlekraftwerken Schwarze Pumpe und Jänschwalde vorbeigelaufen, das sind wohl die bedeutendsten Kraftwerke in der Region.

Kleine Anekdote dazu: bei einer Mittagspause im Wald kamen 5 Polizeiautos vorbei - sogar ein Hubschrauber war geplant. Jemand hat anscheinend die Polizei angerufen aus Sorge, wir wären Klimaaktivisten, die auf die Kühltürme besagter Kraftwerke steigen wollten. Die Situation war natürlich schnell geklärt, nach 5 von 8 Tagen Wanderung wird man wohl kaum noch Lust drauf haben, solche fragwürdigen Aktivitäten zu betreiben, die man sich wohl nur nach reichlich Bier (oder Martini) ausdenken kann.

Das hat natürlich einen ernsten Hintergrund, denn Klimaaktivisten haben bereits mehr als einmal einen Tagebau oder gleich ein Kraftwerk besetzt und haben sich eben auch mit solchen Dingen wie auf Kühltürmen klettern in ernsthafte Lebensgefahr gebracht. Der Braunkohletagebau und die Energiegewinnung aus Braunkohle an sich ist definitiv alles andere als unumstritten.

Klarerweise ist der Umweltaspekt ein bedeutender. Auch die Tatsache, dass eben auch Ortschaften, zu denen die Einwohner naturgemäß eine hohe Bindung haben, dem Braunkohletagebau weichen mussten.

Doch wird auch angeführt, dass der Braunkohletagebau ganze Landstriche zerstört.

Hier sei jedoch gesagt, dass bereits zu DDR-Zeiten an die Rekultivierung gedacht wurde. Schon früh hat man etwa mit Geschicktheit es geschafft, die Flächen wieder wirtschaftlich nutzbar zu machen. Manch ein Gebiet wurde aber tatsächlich sich selbst überlassen. Die Natur eroberte sich dort die Gebiete zurück, es entstanden Wüsten mit ihrer ganz eigenen Artenvielfalt.

Und dann - und das wird ziemlich häufig angewandt - werden aus den bisherigen Tagebauen Seen gemacht.

Wie hier am Bernsteinsee, unweit des Kraftwerks Schwarze Pumpe:

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In der Hinsicht sei auch eine etwas ältere Doku von Arte empfehlenswert.

Wenn man so besagter Dokumentation glaubt, entstanden durch die Rekultivierung mitunter interessantere und reichhaltigere Landschaften als das, was es vor dem Braunkohletagebau gab.

Aktuell wird der ehemalige Tagebau Cottbus Nord geflutet, der Cottbuser Ostsee ist im entstehen und wird in 5 Jahren fertig geflutet sein. Hier mehr dazu. Es wird der größte künstliche See Deutschlands sein. Klar ist, dass die Lebensqualität von Cottbus, die ja unter dem Braunkohletagebau nebenan gewiss litt, nun einen gewissen Schub erfährt. Im bekanntlich durch die Wende strukturschwachen Osten gewiss ein durchaus positives Beispiel der Nachnutzung von Braunkohletagebauen.

Wer wissen will, wie in der DDR aus einem stillgelegten Tagebau ein See entstand, dem könnte ich einen Besuch in Senftenberg und dessen See empfehlen, dort kann man noch ganz gut die Vorstellungen sehen, die man in der DDR in Punkto Nachnutzung hegte. Für uns hat Senftenberg praktischerweise einen recht komfortablen Bahnanschluss. Leider führte die Wanderung jedoch nicht dort vorbei.

Stattdessen ging's bei uns über Spremberg:

[image]

In dessen Gemeindegebiet liegt eben auch das Kraftwerk Schwarze Pumpe und auch so st ist dessen Umgebung durchaus industriell geprägt. Trotzdem bewahrt sich die Stadt eine gemütliche Idylle. Sie ist klein, aber fein.

Interessant ist jedenfalls später auch die Tatsache, dass wir am fünften Tag eben auch entlang der Bahnanlagen der LEAG liefen. Schon zuvor ist zumindest mir der rege Verkehr der LEAG aufgefallen, was mich dazu bringt, einmal kurz zu beschreiben, was die LEAG ist, die ja auch in den Titel dieses Beitrages Platz fand.

Die LEAG ist eine recht junge Marke und entstand nach Verkauf der Braunkohletagebaue- und Kraftwerke von der schwedischen Firma Vattenfall an die tschechische EPH-Gruppe. Auch dies ist nicht unumstritten, aber das tut jetzt nichts zur Sache.

Fakt ist, dass die LEAG mit der Braunkohle nach wie vor einen Wirtschaftsmotor in der Lausitz am kaufen hält. Sie betreibt die Züge, die die Braunkohletagebaue an die entsprechenden Kraftwerke verbinden.

Die dabei oft eingesetzte Zugmaschine ist eine LEW EL2m - eine modernisierte Version der LEW EL2. Sie ist quasi das, was man im Lausitzer Braunkohlerevier sozusagen als ein Markenzeichen der LEAG sehen könnte, ist sie durch den wie gesagt regen Verkehr doch recht präsent.

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Wer jedenfalls zwischen Ober- und Niederlausitz unterwegs wird, wird solchen Güterzügen jedenfalls über kurz oderlang über den Weg laufen. Die LEAG ist auch in der Rekultivierung der ehemaligen Braunkohletagebaue involviert, womit sich der Kreis schließt.

Das wäre der zweite Teil, eher textlastig und eher OT, im dritten Teil dann die Rückfahrt.

--
Reisehäppchen für zwischendurch gefällig?
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(Bildquelle: ČD)


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