Im Nachtzug durch die argentinische Pampa - 4/4 ( Bilder) (Reiseberichte)

Bahne aus Leidenschaft, Montag, 14.08.2023, 19:11 (vor 258 Tagen)

Vorneweg die Links zu den bisherigen Teilen:
Teil 1: https://www.ice-treff.de/index.php?id=683839
Teil 2: https://www.ice-treff.de/index.php?id=684014
Teil 3: https://www.ice-treff.de/index.php?id=684139

Willkommen zum letzten Teil meines Argentinienberichtes! Wir werden den Andenraum verlassen und quer durch den Norden des Landes in den nordwestlichsten Zipfel Argentiniens zu den Iguazufällen fahren. Zum Abschluss kommen noch ein paar Bilder von Katharinas Ausflug nach Mendoza.
Nach mehreren Tagen in der Quebrada de Humahuaca verlassen wir den Andenraum. Das kurze Stück von Jujuy zurück nach Salta gönnen wir uns die erste Klasse im Bus. Dieser fährt von dort weiter nach Buenos Aires und wird erst am nächsten Morgen ankommen.

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Katharina muss zurück an die Uni und fliegt von hier nach Buenos Aires, während Chris und mir eine sehr lange Busfahrt bevorsteht. Erfreulicherweise bekommen wir aber die Plätze in der ersten Reihe des Oberdecks und genießen, solange es noch hell ist, eine perfekte Aussicht nach vorne. So bekommen wir jeden Ast mit, den unser Busfahrer touchiert.

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Wir durchqueren den kompletten Norden des Landes von den Anden bis in den atlantischen Regenwald. In der ersten Nacht fahren mit bis Corrientes. Hinter dem Busbahnhof liegt der stillgelegte Bahnhof.

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Die Großstadt Corrientes liegt am hier schon beeindruckend breiten Paraná. Die Stadt selbst ist nur bedingt sehenswert. Hauptattraktion sind die Murales, Wandgemälde. Wir sind sehr angetan vom kostenfreien Naturkundemuseum, vor allem wegen der angenehmen Klimatisierung. Im Freien ist es nämlich drückend schwül.

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Corrientes ist für uns nur Zwischenstation zu unserem eigentlichen Ziel um uns zwischen zwei langen Busfahrt ein wenig die Füße zu vertreten und Frischluft zu schnappen. In der nächsten Nachtbusfahrt geht es weiter parallel zum Paraná flussaufwärts in den nordöstlichsten Zipfel des Landes nach Puerto Iguazu. Besucher aus aller Welt zieht es in das Städtchen wegen der berühmten Wasserfällen, den Cataratas del Iguazú.
Der Río Iguazú bildet die Grenze zu Brasilien. Am ersten Tag fahren wir auf die brasilianische Seite, die schneller besichtigt ist als die argentinische Seite. Diese nehmen wir uns für morgen vor, wo wir morgens früher loskönnen und somit mehr Zeit haben. Von der brasilianischen Seite hat man den besseren Blick in die Garganta del Diablo, den Teufelsschlund und man kann auf eine Aussichtsplattform über dem Wasser.

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Gegenüber des Besucherzentrums gibt es einen sehenswerten Vogelpark.

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Der Paraná bildet die Grenze zu Paraguay, was aus der Mündung des Iguazú in den Paraná ein Dreiländereck macht. Dort betrachten wir den Sonnenuntergang.

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Am nächsten Tag besuchen wir die argentinische Seite und dort kommt endlich der Bahnbezug für diesen Teil meines Berichts:
Auf dieser Seite ist der Besucherbereich deutlich ausgedehnter und die Fußwege länger. Dafür wurde eine Feldbahn für Touristen gebaut.

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Da die Wartezeit lang und wir gut zu Fuß sind, benutzen wir sie aber nicht. Auf der argentinischen Seite kann man entlang der Abbruchkante über viele kleinere Wasserläufe gehen, die in Nebenfällen die Abbruchkante hinunterstürzen. Obwohl wir in der Nebensaison sind, sind die Wassermassen beeindruckend. In der Regenzeit fließt vor allem hier an den Nebenläufen mehr Wasser. Für unser Programm in den Anden war die Trockenzeit aber die deutlich bessere Wahl. Viele Straßen sind dann schwer oder ganz unpassierbar. Auch der Tren a las Nubes verkehrt in der Regenzeit nicht.

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Und dann kommen wir am oberen Ende des „Teufelsschlund“ an. Jetzt besser nicht mehr weiter zurücktreten.

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Unser Gastgeber in Puerto Iguazu ist ein Namensvetter von mir und kann recht leidlich Deutsch. Sein Großvater ist aus Deutschland ausgewandert. Ich verkneife mir die unangenehme Frage ob vor oder nach 1945. An dritten Tag organisiert uns Eric einen Fahrer zum Itaipú-Staudamm. Vor dem Grenzübergang nach Brasilien fährt unser Fahrer ab zum Duty-Free-Shop. Wir haben schon Angst dass unser Ausflug zur Kaffeefahrt ausartet, aber er erklärt uns dass er eigentlich hier arbeitet und nur schnell ein Bild von seinem Auto auf dem Parkplatz macht zum Beweis, dass er zur Arbeit erschienen ist ;-).
Im sehr angeregten Gespräch mit ihm stellt sich bald heraus, dass er eigentlich ein Ingenieurskollege von uns ist, aber mangels passender Stellen fachfremd arbeitet. Er ist wenig begeistert von der argentinischen Wirtschaftslage und sehr interessiert an Deutschland.
Der Itaipú-Damm auf der Grenze zwischen Paraguay und Brasilien war bis zum Bau des Drei-Schluchten-Damms in China der größte Staudamm der Welt und bezüglich der durchschnittlichen Wassermenge ist er das noch, das der Paraná über das gesamte Jahr betrachtet zuverlässiger Wasser führt als der Jangtsekiang. Seine Ausmaße sind enorm und kommen auf meinen Bildern nicht annähernd rüber. Bei der Führung betreten wir dann auch noch Paraguay.

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Die paraguayische Stadt Ciudad del Este wuchs wie das brasilinaische Foz do Iguacu erst durch den Bau des Staudamms und bietet wenig sehenswertes und ist bei argentinischen und brasilianischen Touristen vor allem beliebt zum billigen Einkaufen.
In einer weiteren langen Nachtbusfahrt geht es nach Buenos Aires zurück und nach einigen weiteren Tagen in Buenos Aires fliegen wir zurück. Morgens fliegen wir über Paris. Letzter Zug des Urlaubs wird der ICE von Frankfurt Flughafen nach Karlsruhe, aber wie der aussieht, dürfte euch bestimmt bekannt sein ;-).

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Als Zugabe darf ich noch einige Bilder Katharinas von ihrem Ausfug nach Mendoza zeigen. Mendoza hat eine Stadtbahn mit gebrauchten U2-Wägen von Duewag aus San Diego.

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Ein Ausflug führt Katharina zum Bahnhof Polvaredas an der stillgelegten Transandina von Mendoza über die Anden ins chilenische Los Andes. Diese war sogar elektrifiziert.

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Ich hoffe euch hat mein Bericht gefallen. Leider gibt die Bahn in Argentinien kein gutes Bild mehr ab und ist nur noch ein Schatten ihrer großen Vergangenheit. Mit Blick auf die Staatsfinanzen sehe ich leider auch keine mittelfristige Besserung kommen. Heute Morgen kam die Meldung, dass der ultrarechte libertäre Anarchokapitalist und Besitzer beeindruckender 70er-Jahre-Kotletten Javier Milei bei den Vorwahlen seiner Partei gewonnen hat. Er möchte die Kompetenzen des Staates auf ein Minimum herunterfahren, das Schulwesen privatisieren und befürwortet laut Wikipedia unter anderem die Liberalisierung von Organhandel. Wenn dieser sympathische Kollege zum Präsident gewählt werden sollte, sehe ich eher eine Einstellungswelle auf die Bahn zukommen als einen Netzausbau.
Ich hoffe mein Bericht hat euch gefallen und bedanke mich für eure Aufmerksamkeit. Als nächsten Bericht plane ich eine längere Serie über die Region um Lyon und eine Spanienreise. Da der aber eher umfangreicher wird, dürfte es noch ein wenig dauern.

P. S.: Einige Bilder von meinem alten Handy wurden leider bei der Verkleinerung grässlich verpixelt. Falls jemand eine Lösung dafür weiß, wäre ich dankbar.

Vielen Dank auch für diesen und die anderen Teile!

JanZ, HB, Montag, 14.08.2023, 21:38 (vor 258 Tagen) @ Bahne aus Leidenschaft

- kein Text -

--
Im Volk, da ist sie sehr beliebt, unsere Eisenbahn,
Doch dort, wo's keine Schienen gibt, da hält sie selten an.

(EAV: Es fährt kein Zug)

Im Nachtzug durch die argentinische Pampa - 4/4 ( Bilder)

MartinN, Fricktal, Schweiz, Dienstag, 15.08.2023, 08:46 (vor 257 Tagen) @ Bahne aus Leidenschaft

Hallo
Ja das Bild der Bahn in Argentinien ist leider ein Trauriges. Aber in letzter Zeit kommt doch ein bisschen Bewegung ins Spiel. So sollen nun wieder Personenzüge zwischen Buenos Aires und Mendoza verkehren. Träumen tu ich auch von der Reaktivierung der Bahnen ab Cordoba Richtung Bolivien nach La Quiaca oder nach Yacuiba von wo man mit der bolivianischen Bahn bis nach Santa Cruz kommt/kam.
Aber eben, Eisenbahn ist im ganz Südamerika leider ein Trauerspiel und dies seit Jahrzehnten

Literaturnobelpreis und die Pampa.

Der Blaschke, Dienstag, 15.08.2023, 15:59 (vor 257 Tagen) @ Bahne aus Leidenschaft

Hey.

Sein Großvater ist aus Deutschland ausgewandert. Ich verkneife mir die unangenehme Frage ob vor oder nach 1945.

In einem unauffälligen Satz ganz direkt das Thema "Rattenlinie" abgearbeitet. Das ist absolut Können!!! Dafür gebührt dir Respekt!


Ich bedanke mich für deine Berichte und lese sie immer gerne!! Wie läuft es auf dem Flur im Studentenwohnheim (Stichwort Pilcher)?

Nur eines habe ich vermisst. Du erinnertest an die "Schmach von Córdoba" - ein bundesrepublikanisches Trauma. Mir kommt beim Wort "Pampa" als erstes der Argentinier Juan Carlos Loustau in den Sinn. Da sorgte Heribert Faßbender 1990 für eine Art Shitstorm; hieß damals nur anders, weil es kein Internet gab - heutzutage bekäme die Karriere einen Dämpfer.

Eines dieser "Jahrhundertspiele". Fußball-WM 1990.

Hier knapp 3 Minuten zum Erinnern oder Nacherleben:

https://m.youtube.com/watch?v=nxAvy32wXY0&pp=ygUNTG91c3RhdSBwYW1wYQ%3D%3D

Den Spruch des Herrn Faßbender hat man allerdings nicht erwähnt. Zur Leistung des Schiedsrichters Loustau (der übrigens entgegen Rudi Völler Aussage im Video wohl noch lebt!) äußerte er: Schickt den Mann zurück in die Pampa!

https://m.sportbild.bild.de/fussball/2021/fussball/31-jahre-nach-skandal-szene-bei-wm-1...

(...)SPORTBILD: Einer Ihrer berühmtesten Sprüche ist aus dem WM-Achtelfinale Deutschland gegen Holland 1990. Über den argentinischen Schiedsrichter Juan Carlos Loustau sagten Sie: „Schickt den Mann zurück in die Pampa!“

Faßbender: Als Frank Rijkaard dem Rudi Völler in den Nacken – Verzeihung – rotzte, stand Loustau zwei Meter davon entfernt und schickte dann beide vom Platz. Das war für meinen Co-Kommentator Karl-Heinz Rummenigge und mich ein Skandal. So kam es zu dem Spruch. Ein ganz Schlauer meinte, das klinge ja wie „Schickt ihn nach Sibirien!“ Quatsch! Ich bin seit der WM 1978 ein Liebhaber von Argentinien. Nach dem Endspiel reiste ich durch das Land und war lange in der Pampa – der wirtschaftlichen Kornkammer Argentiniens. Für mich war die Pampa nur ein Synonym für das Land. Dennoch würde ich heute so etwas nicht mehr sagen, weil man Gefahr liefe, von Leuten in Anspruch genommen zu werden, auf die ich schon damals keinen Wert legte.

SPORTBILD: Früher gab es „nur“ Zuschauerpost und -Telefon. Wie wären Sie mit Social-Media-Feedback klargekommen?

Faßbender: Als Kommentator und Moderator habe ich polarisiert. Daher wäre ich vermutlich in den sozialen Medien so behandelt worden, wie es heute die Kollegen ertragen müssen. (...)


Und so dachte ich, vllt triffst du ihn ja noch ...

Meine Güte, 33 Jahre her, aber unvergessen. Und Deutschland hat gewonnen!

Schöne Grüße von jörg

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"Zu Lebzeiten will ich gerne bescheiden sein; doch wenn ich tot bin, soll man natürlich anerkennen, dass ich ein Genie war." (Michel Audiard)

Literaturnobelpreis und die Pampa.

Bahne aus Leidenschaft, Dienstag, 15.08.2023, 21:02 (vor 257 Tagen) @ Der Blaschke

Hi Jörg

Ich bedanke mich für deine Berichte und lese sie immer gerne!! Wie läuft es auf dem Flur im Studentenwohnheim (Stichwort Pilcher)?

Hier im Flur ist Ruhe eingekehrt. Nach Argentinien waren die beiden och länger auf dem Flur. Sein Vorgänger war wie gesagt spurlos verschwunden, als ich aus dem Urlaub zurück gekommen bin. Seitdem kam von ihm leider kein Lebenszeichen mehr von ihm. Besonders toll war bei der Situation natürlich, dass unsere anderen unbeteiligten Mitbewohner natürlich was von dem Braten gerochen hatten. Dass der Kollege einfach ohne Worte und Ausstand ausgezogen ist, war allen höchst suspekt. Auskunft haben sie sich dann bei mir als Insider erhofft. ALs guter Freund war ich natürlich so diskret wir hier im Forum.
Nachdem sie Ende 2021 mit dem Studium fertig wurde und somit aus dem Wohnheim raus musste, sind die beiden dann in eine gemeinsame Wohnung am anderen Ende der Stadt gezogen. Sein Wunsch war damals, dass ich mit ihnen in einen Wohnung ziehe. Mit jeweils einem von ihnen hätte ich mir das sogar sehr gut vorstellen können, aber mit beiden zusammen habe ich dann dankend abgelehnt. Sie war auch nicht begeistert von der Idee. Dass Chris im vergangenen Herbst bei der Interrailtour alleine mit mir unterwegs liegt nicht an etwaigen Problemen mit der Freundin, sie konnte einfach keinen Urlaub. Ein Glück! Aktuell ist er gerade dabei, sich mit der Idee abzufinden, mittelfristig auf dem badischen Dorf in die Einliegerwohnung von ihren Eltern zu landen. Dann wars das endgültig mit eigenen Entscheidungen.
In 6 Wochen werde ich dann auch ausziehen. Damit verlässt die letzte der Flurlegenden, die 2019 live dabei war, den Flur. Würde ich noch länger bleiben, würde ich von unserem aktuell dinestältesten Mitbewohner (22 Semester) den Wohndauerrekord übernehmen. Ist vielleicht also besser, dass ich langsam mal ausziehe.

Nur eines habe ich vermisst. Du erinnertest an die "Schmach von Córdoba" - ein bundesrepublikanisches Trauma. Mir kommt beim Wort "Pampa" als erstes der Argentinier Juan Carlos Loustau in den Sinn. Da sorgte Heribert Faßbender 1990 für eine Art Shitstorm; hieß damals nur anders, weil es kein Internet gab - heutzutage bekäme die Karriere einen Dämpfer.

Eines dieser "Jahrhundertspiele". Fußball-WM 1990.

Hier knapp 3 Minuten zum Erinnern oder Nacherleben:

https://m.youtube.com/watch?v=nxAvy32wXY0&pp=ygUNTG91c3RhdSBwYW1wYQ%3D%3D

Den Spruch des Herrn Faßbender hat man allerdings nicht erwähnt. Zur Leistung des Schiedsrichters Loustau (der übrigens entgegen Rudi Völler Aussage im Video wohl noch lebt!) äußerte er: Schickt den Mann zurück in die Pampa!

https://m.sportbild.bild.de/fussball/2021/fussball/31-jahre-nach-skandal-szene-bei-wm-1...

(...)SPORTBILD: Einer Ihrer berühmtesten Sprüche ist aus dem WM-Achtelfinale Deutschland gegen Holland 1990. Über den argentinischen Schiedsrichter Juan Carlos Loustau sagten Sie: „Schickt den Mann zurück in die Pampa!“

Unfassbar, den Spruch kannte ich tatsächlich nicht. Die Spuckattacke von Rijkard ist mir natürlich ein Begriff, aber die "Pampa" ist mir neu. Man lernt immer dazu.

Viele Grüße
Eric

Vielen Dank!

462 001, Taunus, Dienstag, 15.08.2023, 16:51 (vor 257 Tagen) @ Bahne aus Leidenschaft

Hallo,

Danke für diese sehr interessante Serie - Ein wirklich toller Mehrteiler!

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