Hmmmmmmmmmm.... (Allgemeines Forum)

westtoeast, Mittwoch, 30.07.2014, 14:32 (vor 3561 Tagen) @ GUM

Ich halte mich mit meiner eigenen Ansicht auch mal zurück. Dennoch gibt es ein interessantes Spannungsverhältnis zwischen der Nettozahler-Eigenschaft, quer subventionierten Verkehrsprojekten in "förderungswürdigen" Gebieten und auch der Wohlstandsentwicklung in Deutschland und anderswo.

Ohne bestimmte wirtschaftspolitische Maßnahmen wäre die scheinbare Notwendigkeit eines Fernbus-Netzes niemals entstanden. Sie ist symptomatisch für eine gezielte Veränderung der Wertigkeiten und Prioritäten durch Politik und Meinungsmultiplikatoren.

Das verstehe ich nicht: Was ist denn eine "scheinbare Notwendigkeit" und was sind die "bestimmten wirtschaftspolitischen Maßnahmen"? Soweit ich weiß, gab es überhaupt keine politische Diskussion, ob ein Fernbusnetz nötig ist oder nicht. Man hat sich einfach entscheiden, eine uralte Beschränkung des Marktes aufzuheben. Danach ist dann halt eine Entwicklung in Gang gekommen, von der man noch wird sehen müssen, wo sie hinführt. Aber nun kann eben jeder selber entscheiden: Ich finde es zumindest fragwürdig, ob man Leute dazu zwingen sollte, Bahn zu fahren – lasse man doch jeden selber entscheiden, was am besten passt. Vielleicht auch einmal Bus, einmal Bahn. Ich sehe, wie es hier auch an anderer Stelle geäußert wurde, die "Trennungslinie" nicht zwischen Bahn und Fernbus sondern vielmehr zwischen öffentlichem Verkehr und Individualverkehr. Dass es nun gute Argumente gibt, die Bahn unter allen öffentlichen Verkehrsmitteln besonders zu fördern (Fernbusse profitieren ja auch von der vorhandenen Infrastruktur) – klar. Nur das eine fördern, indem man das andere verbietet, halte ich für eine krude Politik.

Ich halte mich mit meiner eigenen Ansicht auch mal zurück. Dennoch gibt es ein interessantes Spannungsverhältnis zwischen der Nettozahler-Eigenschaft, quer subventionierten Verkehrsprojekten in "förderungswürdigen" Gebieten und auch der Wohlstandsentwicklung in Deutschland und anderswo.

Ich halte die Thematik für weit komplexer, als dass man da so einfach ein Spannungsverhältnis feststellen könnte oder Deutschland ohne Weiteres als Nettozahler bezeichnen könnte. Zum einen ist es so, dass man – das wurde hier schon an anderer Stelle erwähnt – auch indirekte Effekte einbeziehen muss. Wie viel profitiert eigentlich die Wirtschaft einer Exportnation wie Deutschland von der europäischen Integration? Nimmt man dann noch weitere Aspekte wie die friedenssicherende Kraft des Integrationsprozesses, dann wird es noch einmal komplexer. Und schließlich: Die von Dir angesprochenen förderungswürdigen Gebiete liegen ja durchaus auch in Deutschland, nimm nur die strukturschwachen Regionen im Osten oder ganz konkret den Ausbau der Bahnstrecke Berlin–Rostock. Wenn man dann über die Wohlstandsentwicklung reden will, muss man ehrlicherweise sagen, dass es gleich noch einmal ein paar Ebenen komplexer wird. Zum einen ist es wohl relativ unstreitig, dass es Deutschland im Moment ziemlich gut geht. Das bedeutet nicht, dass es nicht trotzdem besorgniserregende Entwicklungen in einigen Bereichen oder beispielsweise die berühmte Schere zwischen Arm und Reich gibt. Aber einfach zu sagen, hier sei alles kaputt, wie es hier den Raum gestellt wurde, dass ist – und ich sage das ganz neutral – nicht nur falsch sondern bestenfalls blöd und schlimmstenfalls gefährlich, weil es nämlich Brandstiftern in die Hände spielt.

Alles ziemlich OT für ein Bahnforum, deswegen möchte ich auch abschließend nur festhalten, dass es mir überhaupt gar nicht darum geht zu sagen "Europa super!" oder "Europa furchtbar!", ganz unabhängig von meiner eigenen Meinung halte ich es einfach für elementar, dass man bei komplexen Themen auch ehrlich sagt, dass diese nunmal komplex sind und einfache Antworten, so verlockend sie auch sind, manchmal eben nicht möglich sind.


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