Verhalten des Bordpersonals (Fahrkarten und Angebote)

Thalyseo, Donnerstag, 20.09.2012, 20:36 (vor 4258 Tagen) @ ReKa

Folgende Situation, die ich aus mittelbarer Nähe miterlebt habe, macht mich nachdenklich:

Aus dem Nichts (= war mir bis zu diesem Zeitpunkt nicht aufgefallen) schließt ein etwas erregter DB-Mitarbeiter die Zugtoilette eines in Liège-Guillemins, mit Ziel Köln abfahrbereiten ICE International, auf und fordert den sich dort befindlichen Fahrgast auf, den Zug zu verlassen.

Der Fahrgast, eine gut gekleidete, (sehr) seriöse junge Dame, erklärt dem DB-Mitarbeiter (auf Deutsch), dass sie am dortigen Schalter explizit ein Ticket für den nächsten Zug nach Köln verlangt habe, da sie dort einen Termin wahrnehmen müsse.

Hinweis: Es handelte sich um den letzten Thalys/ICE International vor einer mehrstündigen "Taktlücke"; mit dem "Euregioaixpress" verliert man mindestens 60 Minuten).

Der DB-Mitarbeiter verwies auf das Ticket der Dame: Es sei für den Thalys ausgestellt, woraufhin er sich - in einem durchaus lautstarken Tonfall - aufforderte den Zug zu verlassen, da er sonst die Polizei rufen und sie ihn Handschellen abgeführt werde. Als sich die Situation zuspitzte, sprach sie auf Französisch weiter, wobei sie eigentlich nur ihren Standpunkt erneut darlegte.

Hinweis: Ich nehme an, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache ist, obwohl ich nicht wirklich einen Akzent feststellen konnte. Wenn die Emotionen hoch kochen, ist man - meiner Erfahrung nach - geneigt, in der Muttersprache zu kommunizieren, zumal man das Wort "Handschellen" bestimmt nicht in der Fremdsprache kennt. Mein (französischer) Wortschatz weist es jedenfalls nicht auf (= menottes).

Daraufhin fühlte sich der DB-Mitarbeiter erst recht provoziert, verwies darauf, dass sie doch Deutsch könne und - sinngemäß - solche Spielchen unterlassen soll. Daraufhin kam eine Mitarbeiterin der SNCB hinzu, und bat die Kundin (auf Französisch) den Zug zu verlassen. Sie ging davon aus, dass die Kundin offensichtlich IC und ICE verwechselt habe und verwies darauf, dass der ICE eben ein ganz besonderer, deutscher Zug ist, während Thalys ein französischer Zug sei, und daher eben verschiedene Tickets zur Geltung kommen würden (= offensichtlich konnte der DB-Mitarbeiter nicht sonderlich gut Französisch und forderte die Kundin vermehrt auf Deutsch auf, den Zug zu verlassen). Wichtig fand ich das relativ ruhig anmutende Eingreifen der SNCB-Mitarbeitern, die die Kunden bat mitzukommen, man werde dann eine Lösung finden (= es war für mich offensichtlich, dass man ihr am Schalter ein Ticket für den nächsten Thalys, statt für den nächsten HGZ verkauft hatte). Sie wurde dann gefragt, wo ihr Gepäck sei (bzw. wurde sie aufgefordert es zu holen, wenn sie überhaupt etwas habe).

So vergingen ca. 15 Minuten, bis die betroffene Kundin - freiwillig - ausstieg und mit der SNCB-Mitarbeiterin auf dem Bahnsteig (diskutierend) verblieb. Die Verspätung, die zumindest bis Köln nicht mehr eingefahren wurde, ist mit einem "Polizeieinsatz" (= wobei ich keine Polizisten gesehen habe) begründet wurden. In Aachen stieg dann noch eine (andere) junge Dame, die von widersprüchlichen Verspätungsbegründungen erzählte und nun wissen wollte, was nun wirklich zutreffend sei.

Ich kenne nicht das Aufgabenfeld der Zub - respektive ihre Möglichkeiten und Pflichten -, aber ich verstehe nicht, warum der gesamte Zug deswegen nicht weiterfahren durfte. Die Polizei hätte auch in Aachen Hbf zusteigen können, wenn der Sachverhalt in der Zwischenzeit nicht geklärt worden wäre.Zudem liegt hier das "Verschulden" in meinen Augen nicht beim Fahrgast; die SNCB-Mitarbeiterin scheint das sehr wohl erkannt zu haben.

Da die Kundin ohnehin "nur" bis Köln wollte, wäre bspw. doch Einzug des Thalys-Tickets möglich gewesen. Wäre das Ticket dann bspw. seitens der DB im System storniert worden, hätte man sich die Differenz (ggf. zzgl. Bearbeitungsgebühr) von der SNCB, seitens derer die Komplikation offensichtlich verschuldet wurde, zurückholen können. Das im Rahmen dessen dann ein ICE-Ticket für die Kundin ausgestellt und ggf. der Bordpreis zur Anwendung kommt, steht ja auf einem anderen Blatt. Auch verständlich fände ich eine Aufnahme der Personalien (= bei weigerung ggf. Aachener Polizei bestellen).

Alternativ, und das halte ich für besser, einfach das Thalys-Ticket entwerten und/oder einziehen. Dies schützt die Bahn vor Beschwerden (und Zahlungen) an die restlichen Kunden.

Wie gesagt, das ist kein Vorwurf ggü. dem DB-Personal, da diese Form der Konfliktlösung erstens geschult werden müsste (und sollte) und ich zweitens den Handlungsspielraum nicht kenne. Womöglich war dies auch die vom Unternehmen vorgeschriebene Vorgehensweise.


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum