Bahnbegeistert bis Brabant (1/3) (Reiseberichte)

Bahne aus Leidenschaft, Dienstag, 09.12.2025, 22:23 (vor 6 Tagen)
bearbeitet von Bahne aus Leidenschaft, Dienstag, 09.12.2025, 22:24

Wie am Ende meines Italienberichts angekündigt ( https://www.ice-treff.de/index.php?id=722530 ), nutzte ich die drei dort ungenutzten Interrailtage für einen Wochenendausflug in die Benelux-Staaten. Schon vor der Italienreise hatte ich mit dem Gedanken gespielt, im Laufe des Sommers den Schulfreund, den ich letztes Jahr in Groningen besucht habe ( https://www.ice-treff.de/index.php?id=705325 ), an seinem neuen Wohnort in Tilburg in den Südniederlanden zu besuchen. Als sich die überzähligen Reisetage abzeichneten, ließ ich keine Zeit verstreichen und habe mich noch aus Italien eingeladen, damit es noch innerhalb des Gültigkeitszeitraums meines Passes klappt und ich mir die misslungene Schlafwagenfahrt dort „refinanzieren“ kann. Mit der kostenlosen Unterkunft wird es dieses Jahr im Gegensatz zu letztem Jahr in Groningen leider nichts, aber das ist verschmerzbar. Keine zwei Wochen nach der Rückkehr aus Italien bin ich somit schon wieder unterwegs, wenn auch nur für ein Wochenende.

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Tag 1: Karlsruhe – Merzig – Luxemburg – Wiltz – Lüttich – Maastricht – Tilburg
Von den beiden In-/Outboundfahrten habe ich zum Glück noch eine übrig, da ich auf dem Hinweg nach Italien mit dem Deutschlandticket nach Konstanz zur Grenze gefahren bin. Da ich diese für die Heimreise am Sonntag eingeplant habe, muss ich heute einen kreativen Weg aus Deutschland finden. Richtung Niederlande ist das von Karlsruhe nicht so einfach wie Richtung Frankreich und Schweiz. Am sinnvollsten erscheint mir der Weg über Luxemburg, wohin generell nur Nahverkehr fährt und dann über Maastricht und Lüttich nach Norden. Die Luxemburger Nordbahn wollte ich ohnehin mal bereisen.
Da dieser Weg ziemlich lange dauert und ich heute Abend zum Abendessen verabredet bin, geht es schon kurz nach 6 Uhr bei in Karlsruhe los. Die S 5 bringt mich über den Rhein nach Wörth.
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Wie auf meinen üblichen Fahrten zur Familie in die Pfalz steige ich dort in den RE 6 Richtung Neustadt um, nur dass ich in Landau sitzen bleibe, anstatt Richtung Pirmasens umzusteigen. Für den Schülerverkehr fährt der Zug etwas anders als die Taktzüge: Er hat einige zusätzliche Halte, fährt deshalb leider 23 Minuten früher ab und wird in Neustadt soll geteilt in einen Zugteil nach Kaiserslautern und einen für die Schüler nach Neustadt-Böbig, wo sich ein Schulzentrum befindet. In Landau wird dann aber der hintere Zugteil abgehängt und dafür von vorne mit sehr viel Wumms ein anderer angekuppelt. Dadurch bin ich plötzlich nicht mehr im Zugteil nach Kaiserslautern, sondern nach Böbig.
Mit einigen Minuten Verspätung durch diese Aktionen setzten wir unsere Fahrt entlang des Haardtrands fort.
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Ich könnte sowohl in Neustadt als auch in Kaiserslautern umsteigen. Wegen der etwas längeren Umsteigezeit und da ich sowieso aus dem hinteren Zugteil raus muss, steige ich schon in Neustadt um. Der vordere Zugteil setzt seine Fahrt also ohne mich am Pfälzer Bahnmuseum vorbei fort.
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Pünktlich kommt der Süwex Richtung Koblenz, den ich selten so leer erlebe. Als Reiselektüre hab ich diesmal sogar etwas von einem Mitforisten dabei.
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Der „höchste Fußballberg Deutschlands“ kündigt die Ankunft in Kaiserslautern ab. Zum Glück macht unser Herzensklub uns Pfälzern aktuell keine so großen Sorgen wie vor einigen Jahren noch.
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Die schnellste Verbindung aus dem Südwesten nach Luxemburg ist der Schnellbus von Saarbrücken ins Großherzogtum. Ein saarländischer Freund hat mir aber einen Geheimtipp gegeben, weshalb ich in Saarbücken im Süwex bleibe. Somit sehe ich noch die Völklinger Hütte …
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… und die Saar.
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Mit der Bahn müsste ich einen Umweg über Trier fahren, den ich aber schon kenne und der mich unterm Strich eine Stunde kosten würde. Stattdessen verlasse ich in Merzig den Süwex, dessen neues einfarbig rote Kopfdesign noch etwas ungewohnt ist.
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Auf eine andere Bahnstrecke kann man hier leider nicht mehr umsteigen und wird wegen der Entscheidung des Landes gegen die Reaktivierung der Merzig-Büschfelder-Bahn nach Losheimes auch in Zukunft nicht können. Trotz positiven NKU-Ergebnisses sträuben sich die Anliegergemeinden leider gegen das Projekt.
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Mein Anschluss ist der mysteriöse Schnellbus der Linie 407 nach Luxemburg-Kirchberg. Ich konnte den Bus in keinem Auskunftssystem finden, weder bei der DB, noch CFL oder SaarVV. Im Gegensatz zur langsameren Linie 403 wird er nicht mal an der Anzeige am Busbahnhof angezeigt. Die einzigen beiden Quellen im Internet sind die pdf-Fahrplantabelle und kurioserweise Google Maps, wo auch immer das seine Infos hernimmt. Da mein Merziger Freund mir aber die Existenz der Buslinie versichert hat, macht mich das nicht nervös und er fährt pünktlich ab. Der große Clou dieser Verbindung ist, dass in den Merziger Bussen nach Luxemburg im Gegensatz zum Saarbücker das Deutschlandticket gilt.
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Auf der A 8 überwindet der Bus den Höhenrücken zwischen Saar und Mosel, der vermutlich eine direkte Bahnstrecke vom Saarland nach Luxemburg verhindert hat.
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Grenzkontrollen in Schengen, welch bittere Ironie!
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Laut meinem Bekannten sind die Grenzkontrollen in der Gegenrichtung nach Deutschland aktuell noch ein weiterer Vorteil der Merziger Busse. Während der Saarbrücker Schnellbus auf der Autobahn im Stau vor der Grenzkontrolle steht, fahren sie ohne Kontrollen über den nördlicheren Grenzübergang bei Remich.
Die Grenzbrücke quert die obere Moseltalbahn bei Perl und die Mosel, die hier Grenze in Form eines gemeinsam verwalteten Kondominiums bildet. Im März war ich unten am Perler Bahnhof ( https://www.ice-treff.de/index.php?id=720426 ).
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Ein großer Nachteil der Linie 407 für Reiseketten mit der Bahn im Gegensatz zur Saarbrücker Linie ist die Ankunft am Busbahnhof auf dem Kirchberg statt am Hauptbahnhof. Will man einfach in die Stadt oder wie ich zur Nordbahn ist das aber nicht schlimm, da einen die Straßenbahn von ihrer dortigen Endhaltestelle in dichtem Takt und in Luxemburg natürlich kostenfrei Richtung Innenstadt bringt.
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Noch vor der Innenstadt in Rout Bréck – Paffendall steige ich wieder aus.
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Die 2017 eröffnet Standseilbahn bringt mich runter zur gleichzeitig eröffneten Station Pfaffenthal-Kirchberg. Außerhalb der Hauptverkehrszeit fährt nur eines der beiden Wagenpaare, was aber trotzdem einen dichten Takt ergibt. Sonderlich lang ist die Strecke nicht. Bergab wäre ich zu Fuß kaum langsamer gewesen.
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Kaum zu übersehen ist die für die Tramstation namensgebende Rote Brücke.
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Bei der Gestaltung der Station war das Großherzogtum nicht kleinlich.
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Hier in Luxemburg ist der Interrailpass eigentlich grob überflüssig, aber wenn ich ihn schon habe, setze ich mich natürlich in die 1. Klasse. Nachdem ich mir diese in Luxemburg als den Inbegriff von Dekadenz vorgestellt habe, ist die Realität im belgischen Desiro mehr als ernüchternd. Nur die Kopfstützen scheinen sich von der 2. Klasse zu unterscheiden.
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Bei Colmar-Berg kann man den Turm des großherzoglichen Residenzschlosses erblicken. Nachdem jahrhundertelang kein Landesherr mehr in Luxemburg residiert hatte, ließ Großherzog Wilhelm IV. es 1906 erbauen. Sein Vater, der 1866 von Bismarck aus seinem Großherzogtum Nassau mit der Hauptstadt Wiesbaden verjagte Großherzog Adolf wurde 1890 aus dem Vorruhestand geholt, als das entfernt verwandte niederländische Königshaus im Mannesstamm ausgestorben war.
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Von der Nordstrecke zweigen die beiden kurzen Stichstrecken nach Diekirch und Wiltz ab. Da bis jetzt alle Umstiege geklappt haben, habe ich etwas Zeitpuffer und will die längere, nördliche nach Wiltz mitnehmen. Der Umstieg erfolgt in Kautenbach mitten in der Pampa, wo ein Taktknoten zur vollen und halben Stunde mit kurzen Umsteigezeiten besteht.
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Nach Wiltz fährt das neueste Pferd im Stall der CFL, ein Coradia Stream HC. Hier sieht die 1. Klasse schon besser aus. Selbst die 2. Klasse sieht hier einladender aus als die 2. Klasse im belgischen Desiro.
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Der Ort zum Bahnhof Kautenbach zeigt sich kurz nach der Abfahrt.
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Die Strecke folgt dem kaum besiedelten Wiltztal.
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Beide Zwischenhalte sind Bedarfshalte und werden abwechselnd bedient. Diesmal wird Paradiso angebunden, wo eine Gruppe Pfadfinder aussteigt. Wenn so das Paradies aussieht, bleibe ich gerne noch eine Weile hier auf Erden.
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Die eingleisigen Strecken hier in der Region mit hohen Fahrplantaktung scheinen mir recht verspätungsanfällig zu sein. Wegen Abwarten des Anschlusses aus Richtung Norden sind wir einige Minuten zu spät losgefahren, was durch die Pfadfinder in Paradiso nicht rausgefahren werden konnte. Diese Verspätung übertragen wir jetzt auf den Gegenzug, der eine Minute nach unserer planmäßigen Ankunft abfahren sollte. Das macht mir ja schon Hoffnung auf meinen 2-min-Anschluss in Kautenbach auf dem Rückweg!
Die Altstadt von Wiltz liegt auf einem Bergrücken über dem Bahntunnel kurz vor dem Bahnhof. In einer halben Stunde zum Schloss und zurück wird reichlich sportlich. Unterweg liegt dieses auffällige Denkmal für den Generalstreik von 1942. Ich lerne, dass er hier in Wiltz begonnen hat, gegen die deutsche Besatzung und die Einziehung luxemburgischer Männer in die Wehrmacht gerichtet war und 21 Hinrichtungen zur Folge hatte. Reisen bildet.
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Das Schloss ist zumindest von der Altstadt aus nicht besonders aufregend und ich trete zügig den Rückweg an. Spannender wäre schon eher ein Stadtfest in der Innenstadt mit korsischem Käse gewesen, aber ich habe ja noch ein gutes Stück Weg vor mir. Von der Altstadt bietet sich folgender Blick auf den Bahnhof. Der blickdichte graue Riegel über dem Zug ist die wenig pittoresk in Wellblech ausgeführte Überführung zum hinteren Gleis.
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An warmen Tagen wie heute, heizt sich der Blechkäfig ordentlich auf. Am Gleis wird meine Befürchtung wahr. Unsere Abfahrt ist mit +5 angekündigt. Meine Befürchtung von vorhin wurde also tatsächlich wahr. Auf eine Stunde Wartezeit in Kautenbach könnte ich verzichten, obwohl man hier bestimmt gut wandern kann. Der nette junge Schaffner sagt mir, dass der IC nach Lüttich bei so viel Verspätung leider nicht warten werde, aber das wir vielleicht etwas früher loskommen. Tatsächlich kommt der Gegenzug mit etwas weniger Verspätung und wir mit nur drei Minuten Verspätung los.
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Dass der Bedarfshalt Merkholtz diesmal nicht bedient werden muss, schenkt uns noch etwas Zeit. Für den Bahnsteigwechsel in Kautenbach wird mir trotzdem nicht viel Zeit bleiben.
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Als ich ans Gleis nach gerannt komme, sehe ich, dass der IC mit +10 angekündigt ist wegen einer Streckenstörung. Da hätte ich mir die Eile und die Nerven sparen können. Mit +9 kommt er dann eingefahren.
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Die Flusstäler, durch die die Strecke führt sind schön anzusehen, aber jetzt im Sommer auch sehr grün. Außerdem ist mein Handy heute relativ langsam. Viele Bilder kann ich deshalb nicht vorzeigen. In Troisvierges/Ulflingen findet der Personalwechsel auf belgisches Personal statt. Dank einigen Minuten Aufenthalt könnten wir pünktlich abfahren, müssen aber noch einige Minuten auf den leicht verspäteten Gegenzug warten.
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Auf der Hochfläche der Ardennen wird dann die Grenze nach Belgien überquert.
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Der Name des zweiten belgischen Bahnhofs Vielsalm klingt ziemlich deutsch. Ausgesprochen wird er aber ziemlich französisch.
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In Trois-Points, wo früher die Verlängerung der Luxemburger Nordbahn nach Spa abzweigte, steht dieses interessante Gespann. Mir scheint, dass es ein Unkrautspritzzug ist.
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Nachdem sich bei einer ersten großen Brücke mit spannender Aussicht mein Handy leider aufhängt, bleibt mir nur dieser Trostpreis von der folgenden Brücke.
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Die Fahrt führt noch eine weitere entschleunigte Dreiviertelstunde durch Belgiens Ardennentäler, dann ist der stylische Bahnhof Liège-Guillemins von Santiago Calatrava erreicht. Mein Anschluss nach Maastricht ist sogar bahnsteiggleich.
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Trotzdem nutze ich die wenige verbleibende Zeit noch für einen kurzen Blick vor den Bahnhof.
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Einen tollen Ausblick hat man durch die Halle, wobei es hier im Winter bestimmt zugig werden kann.
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Im nächsten Teil fahre ich weiter in die Niederlande und bis an die Küste.


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