Mit zwei Museumsbahnen um den Randen | 84 Bilder (Reiseberichte)

TD, Samstag, 25.01.2025, 18:02 (vor 333 Tagen)

Hallo zusammen,

nachdem ich zuletzt einen Bericht einer Tagestour Über den Stoss zum Rheinbähnle eingestellt hatte, will ich nun eine weitere Tagestour aus dem deutsch-schweizerischen Grenzgebiet aufarbeiten, die schon etwas länger im Arbeitsvorrat lag.

Ich muss allerdings zugeben, dass die Bilder diesmal nicht bei einer einzigen Tagestour entstanden sind. Die Idee für die Rundfahrt hatte ich schon länger, die Tour ist allerdings nur an wenigen Fahrtagen im Jahr möglich. Irgendwie wollte es nie klappen, mal hatte ich zu den Fahrtagen keine Zeit, mal war das Wetter schlecht, mal war die Rundfahrt wegen Bauarbeiten auf Teilstrecken nicht möglich. Letztendlich habe ich die Strecken in Etappen zurückgelegt und die Bilder von Juni 2022, September 2022 und Oktober 2023 zu einer fiktiven Rundfahrt zusammengefügt. Ich hoffe, dass der Reisebericht trotzdem auf Interesse stößt.

Vermutlich fragen sich nun viele, um welche Bahnen es überhaupt geht, da der Randen überregional möglicherweise weniger bekannt ist. Der Randen ist ein Höhenzug vom Kanton Schaffhausen bis in den Süden Baden-Württembergs, am Nordrand des Randen verläuft die Sauschwänzlebahn, im Süden die Hochrheinbahn. Wir umrunden das Gebirge und integrieren dabei auch die Bahnstrecke von Etzwilen nach Singen.

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Wir fahren von Allensbach am Bodensee nach Immendingen, von dort über die Wutachtalbahn nach Waldshut und auf der Hochrheinbahn nach Schaffhausen. Weiter geht es auf der Seelinie nach Etzwilen und von dort im Museumsverkehr nach Singen. Am Ende gibt es noch eine Zugabe, doch dazu später mehr.

Jetzt aber los, wir starten in Allensbach, ein Zug der Schwarzwaldbahn bringt uns nach Immendingen. Über dem Bodensee hängen noch einige Nebelschwaden, aber schon wenig später bei der Fahrt durch den Hegau kann sich die Herbstsonne durchsetzen.

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In Immendingen wechseln wir auf ein Regioshuttle der Hohenzollerischen Landesbahn (HzL). Als Teil des Ringzugs verkehrt die Regionalbahn bis Blumberg-Zollhaus.

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Wir fahren noch ein kurzes Stück auf der Schwarzwaldbahn, dann zweigt die Wutachtalbahn nach Süden ab. Die Wutachtalbahn führt von Hintschingen bis Lauchringen, sie lässt sich in drei Teilabschnitte aufteilen. Der nördliche Abschnitt, auf dem wir gerade unterwegs sind, ist auch als Aitrachtalbahn bekannt. Seit dem Jahr 2004 gibt es auf diesem Abschnitt regelmäßigen Personenverkehr mit dem Ringzug. Neben dem lokalen Verkehrsbedürfnis dienen die Züge auch als Zubringer zum Museumsverkehr der Sauschwänzlebahn.

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Am Bahnhof Blumberg-Zollhaus endet die Fahrt mit dem Ringzug. Zollhaus ist ein Ortsteil der Stadt Blumberg, der Name gibt einen Hinweis, dass die Grenze zur Schweiz nicht weit ist. Am Empfangsgebäude prangt noch ein Schild mit der früheren Bezeichnung Zollhaus=Blumberg. Der Bahnhof wurde 1889 erbaut, er ruht auf Fichtenpfählen, die vier Meter tief in den Hochmoorboden gerammt wurden.

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Am Bahnhof Blumberg-Zollhaus findet sich ein Reiterstellwerk, das früher in meiner Heimatstadt Konstanz stand. Das mechanische Stellwerk vom Einheitsbautyp Bruchsal wurde 1886 in Konstanz erbaut und 1996 nach Blumberg-Zollhaus überführt.

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Der mittlere Teil der Wutachtalbahn wird nur im Museumsverkehr bedient, dieser Streckenabschnitt ist als Sauschwänzlebahn bekannt. Obwohl ich im Nachbar-Landkreis wohne und die Anreise nur 70 Minuten gedauert hat, war ich bisher noch nie hier. Das liegt auch daran, dass ich nicht der größte Fan von Dampfzügen bin.

Aber heute sind wir nun hier - und es ist kein Zufall, dass Fahrtag des Dieselzugs ist. Wir treffen auf die Diesellok V80, sie wurde 1954 in Kiel von der MaK gebaut.

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Die Wutachtalbahn wurde ab 1875 vom Hochrhein ausgehend abschnittsweise eröffnet, im Fokus stand anfangs noch die Anbindung der Gemeinden entlang der Wutach an das Eisenbahnnetz. Damals kam man von Süden bis Weizen, dann beendeten finanzielle und geologische Probleme den Weiterbau. Einige Jahre später wurde das Projekt wieder aufgegriffen, aber dann aus ganz anderen Gründen. Das Militär wünschte sich eine Verbindung von Ulm ins Elsass, Bedingung war jedoch, dass die Strecke nicht über schweizerisches Territorium führen sollte, weshalb die Hochrheinbahn ausschied. Außerdem sollte die Strecke keine größeren Steigungen aufweisen. Und so wurde die Wutachtalbahn trotz hoher Kosten und geringem zivilen Nutzen in der heutigen Form erbaut. Das Ergebnis ist eine kurvenreiche Streckenführung samt einem Kehrtunnel, woraus sich der Name Sauschwänzlebahn ergab.
Ein Resultat der künstlichen Längenentwicklung sehen wir auf dem nächsten Bild: Der Zug fährt über das Biesenbach-Viadukt in Richtung Epfenhofen, wo die erste Seitentalkehre liegt. Rechts unter uns die weitere Strecke, dort unten werden wir in einigen Minuten aus dem Seitental herausfahren.

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Nun kommt bald das 264 Meter lange Epfenhofer Viadukt ins Blickfeld, das wir wenig später befahren werden.

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Auf dem nächsten Bild nun der Blick vom Epfenhofer Viadukt zum Bahnhof Epfenhofen, das Biesenbach-Viadukt in der Ferne kennen wir ja schon.

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Die Bahnlinie schlängelt sich durch die Mittelgebirgslandschaft zwischen den Ausläufern von Schwarzwald, Schwäbischer Alb und Randen.

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In Fützen befindet sich das Bahnbetriebswerk der Museumsbahn, neben einem historischen Kohlekran gibt es hier auch ein schmuckes Empfangsgebäude. Es entsprach dem damals bei den Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen üblichen Standards.

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Südlich des Bahnhofs folgt der Talübergang Fützen, beim übernächsten Bild blicken wir vom Viadukt zurück zu dem 800-Einwohner-Ort mit der Kirche St. Vitus.
Im weiteren Verlauf folgt der einzige Kreiskehrtunnel Deutschlands.

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Zu den Vorgaben für die strategische Bahn gehörte, im Abstand von acht Kilometern Bahnhöfe mit Ausweich- bzw. Überholgleis zu errichten. In Grimmelshofen ist ein solches langes Ausweichgleis noch vorhanden. In den Jahren 1962 bis 1965 wurde die Strecke auf Kosten der NATO saniert, bis 1974 beteiligte sich das Verteidigungsministerium am Unterhalt der Strecke.

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Den Niedergang der Strecke konnte aber auch der Zuschuss aus dem Verteidigungsetat nicht aufhalten. Bereits 1955 wurde ein erster Streckenabschnitt auf Bahnbusse und LKW umgestellt, etappenweise verloren weitere Teilstrecken den Personenverkehr, auf dem Mittelteil der Wutachtalbahn gab es zuletzt nur noch 40 Fahrgäste pro Tag. 1976 legte die Bundesbahn den Mittelabschnitt still.

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Schon 1977 begann ein Museumsbetrieb auf dem mittleren Streckenabschnitt. Inzwischen wird dieser durch die Bahnbetriebe Blumberg durchgeführt, ein kommunales Unternehmen der Stadt Blumberg. Die Strecke folgt nun für ein kurzes Stück dem Schwarzwaldfluss Wutach flussaufwärts in die zweite Seitentalkehre. Kurz nach der Wutachbrücke…

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…folgt der Weiler Kehrtunnel. In den Spitzenzeiten des Streckenbaus mit den aufwändigen Bauwerken waren bis zu 3.700 Arbeiter beschäftigt, sie wurden überwiegend in Italien angeworben.

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Mit der Einfahrt in den Bahnhof Weizen endet die Etappe mit der Museumsbahn. Start- und Endpunkt der Sauschwänzlebahn liegen in Luftlinie nur 9,6 Kilometer auseinander, die Bahnstrecke von Blumberg bis Weizen wurde jedoch auf 25 Kilometer Länge gestreckt.

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Die Ortschaft Weizen liegt ein ganzes Stück entfernt, am Bahnhof befinden sich eine kleine Siedlung und das Werk des Putz- und Farbenherstellers Sto.
Während der Saison der Museumszüge gibt es sonntags auf dem Südabschnitt der Wutachtalbahn einen Zubringerverkehr mit dem sogenannten Weizen-Pendel. Auf dem nächsten Bild ist ein Dieseltriebwagen der Baureihe 641 nach einem Rangiermanöver am gleichen Bahnsteig wie der Museumszug angekommen. Die Überdachung im Hintergrund stammt vom Freiburger Hauptbahnhof, das frühere Bahnhofsgebäude von Weizen existiert nicht mehr. Für uns geht es nun mit dem Weizen-Pendel nach Waldshut, wir sind anfangs die einzigen Fahrgäste.

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Die weitere Strecke führt landschaftlich nett aber weniger spektakulär durch das Wutachtal nach Süden. Die Wutach wird hier abschnittsweise zum Grenzfluss, die Bahnstrecke verläuft nur wenige Meter von der Grenze zur Schweiz entfernt.
Auf dem Südabschnitt der Wutachtalbahn gibt es seit mehreren Jahren Fortschritte zur Reaktivierung über den reinen Wochenendverkehr hinaus. Mittlerweile gibt es einen Vorlaufbetrieb mit einem Zweistundentakt zwischen Waldshut und Stühlingen.

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Die Wutachtalbahn mündet in Lauchringen in die Hochrheinbahn, wir fahren bis zur Endstation des Weizen-Pendels in Waldshut. So befahren wir zwar ein kurzes Teilstück doppelt, den Anschlusszug in Richtung Schaffhausen erreichen wir aber auch in Waldshut.

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Der IRE nach Schaffhausen besteht aus einer Doppelstock-Garnitur. Bisher kannte ich die Strecke hauptsächlich mit Neigetechnikzügen der Baureihen 611 und 612, heute können wir die Fahrt durch das deutsch-schweizerische Grenzgebiet des Klettgaus aus erhöhter Perspektive genießen.

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Im schweizerischen Schaffhausen steigen wir um. Der Gemeinschaftsbahnhof gehört zu 65 Prozent den SBB und zu 35 Prozent der deutschen Seite. Der Schriftzug „Deutsche Bundesbahn“ am Empfangsgebäude ist nicht mehr ganz aktuell, die auf schweizerischem Gebiet liegende deutsche Bahninfrastruktur ging bei der Bahnreform auf das Bundeseisenbahnvermögen (BEV) über.

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Mit einem GTW von Thurbo fahren wir entlang des Hochrheins weiter flussaufwärts. Höhepunkt dieses Abschnitts der Seelinie ist die Fahrt über die Rheinbrücke Feuerthalen, von dort bietet sich ein toller Ausblick auf die Altstadt von Schaffhausen mit der Munot-Festung.

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Unser Ziel ist Etzwilen. Der kleine Ort erlangte bescheidene Bedeutung als regionaler Verkehrsknoten, da sich hier die Bahnstrecken Schaffhausen-Kreuzlingen und Winterthur-Singen kreuzen. Die Bahnstrecke nach Singen wird nur noch als Museumsbahn genutzt, der Bahnhof scheint heute überdimensioniert.

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Die Bahnstrecke nach Singen steht nun auf unserer Agenda, an einigen Tagen im Jahr gibt es hier einen Museumsverkehr. Da Dampfzüge die einzige Möglichkeit sind, die Strecke komplett zu befahren, bleibt uns diesmal keine andere Wahl.

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Der Zug mit einer Dampflok aus Rottweil wartet schon auf einem bahnsteiglosen Gleis des Bahnhofs Etzwilen und wird nach Durchfahrt des nächsten Thurbo-Zugs an den Bahnsteig rangiert. Bald darauf startet die Fahrt nach Singen.

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Die größte Attraktion der Strecke wird schon nach kurzer Fahrt erreicht, dann fährt der Zug auf die Eisenbahnbrücke Hemishofen. Die eingleisige Fachwerkbrücke wurde 1875 erbaut, sie ist 254 Meter lang und quert den Rhein in einer Höhe von 25 Metern. Auf dem übernächsten Bild blicken wir von der Brücke rheinabwärts.

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Wenig später folgt der Bahnhof Hemishofen. Die Bahnstrecke von Etzwilen nach Singen wurde von der Schweizerischen Nationalbahn errichtet, nach deren Konkurs wurde sie von der Schweizerischen Nordostbahn übernommen und kam schließlich zu den SBB. Der Personenverkehr wurde bereits 1969 eingestellt. Lange Zeit wurde die Strecke noch von Zügen der rollenden Landstraße benutzt, bei ihrer Stilllegung 2004 war sie die letzte nicht elektrifizierte Strecke der SBB.

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Die Strecke verläuft nun ein ganzes Stück gradlinig entlang einer Landstraße durch die offene Landschaft des Bibertals nach Ramsen…

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…an der schweizerisch-deutschen Grenze. Auf dem nächsten Bild sehen wir den Grenzübergang für den Straßenverkehr. Weiter geht die Fahrt durch den Hegau nach Rielasingen.

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Mittlerweile gibt es auf deutscher Seite Untersuchungen für eine Reaktivierung der Strecke, der Bahnhof Rielasingen könnte durch eine Verlängerung der S 62 von Schaffhausen über Singen hinaus wieder Personenverkehr bekommen. Alternativ wurde eine Verlängerung der S 29 aus Winterthur über Stein am Rhein nach Singen geprüft.

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Der letzte Abschnitt der Strecke von Rielasingen nach Singen konnte längere Zeit nicht befahren werden, weil im Stadtgebiet von Singen beim Bau eines Kreisverkehrs die Schienen entfernt wurden. Seit dem Jahr 2020 ist die Strecke wieder durchgängig befahrbar.

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Auf dem nächsten Bild sehen wir links schon den Hausberg von Singen, nämlich den Hohentwiel mit seiner Burgruine. Die Bahnstrecke aus Etzwilen verläuft hier parallel zu einem Industriegleis.

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Mit der Einfahrt in den Bahnhof von Singen ist die Mission der Tour erfüllt - ich kann zwei weitere Bahnstrecken für meine Sammlung abhaken. Bei der Ankunft in Singen erspähe ich rechts etwas, das ich gar nicht auf dem Schirm hatte…

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…wobei der Ferienexpress Südbahn ja gar nicht so unpassend für das heutige Thema „Museumsverkehr“ ist. Weil es sich gerade anbietet, fahren wir mit dem Zug bis Radolfzell. Der Ferienexpress verkehrt von Singen über die Bodenseegürtelbahn und die Südbahn nach Ulm, die SVG setzt modernisierte Silberlinge und einen Fahrradwagen ein.

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Die Fahrt am offenen Fenster können wir allerdings nur für eine kurze Etappe genießen, auf dem nächsten Bild sehen wir in der Ferne schon den Kirchturm von Radolfzell. In Radolfzell…

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…steigen wir um auf den nachfolgenden seehas. Mit dem Flirt-Triebzug fahren wir am Ufer des Untersees zurück an unseren Ausgangspunkt in Allensbach.

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Und damit sind wir am Ende dieser Rundfahrt angekommen, ich hoffe, es hat gefallen. Doch halt, diesmal habe ich noch eine Zugabe...

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[image] "Fensterplatz, bitte." - Meine Bahnreiseberichte.de.| instagram.com/fensterplatz.bitte/


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