Schlimm ... (Reiseberichte)

Der Blaschke, Bissendorf-Wissingen, Donnerstag, 27.07.2023, 17:30 (vor 878 Tagen) @ 611 040
bearbeitet von Der Blaschke, Donnerstag, 27.07.2023, 17:32

Hallo.

Das nun auch Fernreisende von und nach Berlin den NV nutzen liegt nunmal an diesen Billigtickets und ist nicht so vorgesehen.

Doch. Ist es. Sonst würden manche Billigtickets wie QdL oder Ländertickets gar keinen Sinn ergeben.

Man müsste politisch irgendwie dafür sorgen, dass Fernreisen auch im FV gemacht werden.

Mach mal. Irgendwie.

Sitze gerade im RE2 von Kassel. Wie üblich bis Leinefelde bis oben voll mit Umsteigern nach Halle und weiter Richtung Berlin. Kommen tun die alle aus dem RE11 aus Richtung NRW (auf den wir 25min warteten, gab es bis vor kurzem nie sowas)
Solche Verbindungen dann auch noch über Nacht wären doch im FV deutlich entspannter. Jedoch sind hauptsächlich Ausländer (einige davon mit Kindern) dort unterwegs. (Von denen viele den Hinweis der ZuB auf den wartenden Anschluss erst nicht verstanden) In Halle sind es dann auch planmäßig 3 Stunden Aufenthalt mitten in der Nacht. Warum tun sich sowas so viele Nicht-Bahnfans immer wieder an?

Besonders unglaubwürdig ist die Kritik, wenn man selbst auch mit Billigtickets und reichlich NV durch's Land fährt. Der Egoismus, den Zug gefälligst für sich allein haben zu wollen, schimmert immer wieder durch.

Bemerkenswert dazu die Aussage zu den Ausländern. Die in dem Kontext natürlich eine bestimmte Botschaft vermitteln soll. Ja es sind tatsächlich viele Zugewanderte, die mit solchen Tickets weit reisen. Warum sie das machen? Frag sie doch einfach mal! Da ich das regelmäßig getan habe, kann ich dir die Antwort nennen: weil die aus einer ganz anderen Kultur kommen und eine ganz andere Mentalität haben. Wie sagte mal wer zu mir, dem mehrere Stunden Übernachtung im natürlich völlig toten Rathenow drohten: Wo ist das Problem? Er sei monatelang auf der Flucht gewesen. Da seien 3 Std in der Nacht doch völlig egal. Auch dass das Ticket dann seine Gültigkeit verloren, sei kein Problem. Alles ließe sich regeln. Und so stieg er in aller Ruhe aus, die Frau schleppte Unmengen an Gepäck aus der S-Bahn. Er rauchte erst mal, zählte die Kinder durch und das Gepäck - und dann erst kümmerte er sich darum, wie es weitergeht. Der Anschlußzug, der eine Übernachtung im Nichts vermieden hätte, war da längst weg. Das war aber egal.

Ostbevern. Bus zum Bahnhof. Unterwegs kommt uns wer aus der Zuwandererunterkunft entgegen gerannt. Der Busfahrer, selbst Schwarzer, mit dem ich mich unterhalte, kommt ins Grinsen: Das sind diese Afrikaner. Kommen mir der Uhr nicht klar. Deswegen kommen dir auch zu nichts. Und dann hält er jenseits der Haltestelle an mit dem Argument: nehmen wir ihn mal mit; ich bin ja auch ein Neger - und ist quietschevergnügt dabei. Mit dem Zusteiger gibt es dann große Diskussion, weil der vor 9 Uhr ein 9 Uhr-Ticket begehrt. Was er auch bekommt - aber der Fahrer wußte natürlich, dass der Zug in Ostbevern wegen der durch die Diskussion entstandenen Verspätung weg war. Der Zusteiger war etwas säuerlich, der Fahrer kommentierte: hättest du mit dem Ticket eh nicht mitfahren dürfen.

So regeln sich die Dinge auf ihre Art. Echte Deutsche hätten Anwälte bemüht, in Foren getobt und den Bürgermeister angerufen. Und 3 Std nachts in Rathenow: Todesangst, Verstoß gegen die Menschenrechte, BILD hilft.

Da sind doch 3 Std Pause in Halle ein Pups. Zumal es da indoor Aufenthaltsmöglichkeiten gibt.

Es gibt dann aber auch reichlich Einheimische, die sowas machen. Nicht jeder ist schnöselig reich mit beschränktem Horizont. Und nicht jeder hat die Möglichkeit, frühzeitig SSP im FV zu buchen. Zumal man mit dem D-Tix dann auch noch viel flexibler ist.

Auch wenn du das dann nicht verstehst - traurig genug, wenn man selbst ständig rumcruised aus Spaß -: es gibt eben auch andere Sichtweisen. Ein Unternehmen ist dann erfolgreich, wenn es dann für viele diese Vorlieben und Sichtweisen ein Angebot machen kann. Und nicht, wenn es nur so handelt, wie es der Geschäftsführer für sinnvoll hält. An dem Problem krankt der ÖV ganz gewaltig, da er immer erst von seinen Belangen ausgeht (Umlaufoptimierungen z.B.) und die Welt nicht zuerst aus Sicht der Kunden betrachtet.

Schöne Grüße von jörg

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"Zu Lebzeiten will ich gerne bescheiden sein; doch wenn ich tot bin, soll man natürlich anerkennen, dass ich ein Genie war." (Michel Audiard)