Letztmals die Cola-Dose. Teil 2 (Reiseberichte)

Der Blaschke, Bissendorf-Wissingen, Mittwoch, 26.07.2023, 13:42 (vor 880 Tagen) @ Der Blaschke

Hey.

Da alles funktionierte und mein Zeitplan entspannt ist, entscheide ich mich spontan, ab Spandau b Berlin die S-Bahn zu nehmen. Dort steht die S 9 zum BER parat. Ein Zug der BR 481. Der mich erschreckt.


Kein Graffiti. Kein Scratching. Keine Schmiereien. Wow. Unterwegs entscheide ich, dass ich bis zum BER mitfahre. Der Zug bleibt angenehm überschaubar gefüllt. Stadtbahn, über die Südringkurve mittlerweile ohne Bahnsteig am Ostkreuz vorbei Richtung Flughafen. So sehe ich dann das Weltkulturerbe "Bahnhof Schönefeld" mit dem bald unter Naturschutz stehendem Mittelbahnsteig. In der S-Bahn wird drauf hingewiesen, dass von hier derzeit keine Abflüge stattfinden und man bis zur Station BER 1-2 mitfahren solle. Auch wird schon zuvor drauf hingewiesen, dass für die Weiterfahrt ein Ticket für Zone C erforderlich ist. Hm, hab ich sowas? Egal. Die neue Station Waßmannsdorf lerne ich dann auch kennen. Und zack, bin ich wieder am Flughafenbahnhof: Da war ich vor Eröffnung anlässlich einer Übung mit einem Shuttlezug hingefahren und somit sicher in einem der ersten für Fahrgäste freigegebenen Züge dort unten angekommen.

Nun steht alles noch; meine Notfallsimulationen waren also erfolgreich. Die öffentliche Toilette ist peinlich dreckig. Dann gehe ich runter zu Gleis 1, wo der FEX steht. Der ist auch peinlich. Uralt versiffte Wagen wechseln sich mit neu designten Wagen ab; mal außen beschriftet und mal nicht. Auf einem wirbt DB-Gebrauchtzug für sich. Zusammenfassend: wer das als ankommender Fluggast als erstes von der Eisenbahn wahrnimmt, weiß, was er von eben dieser in Deutschland erwarten kann. Der DB ist eben nichts zu peinlich. International allerdings, dass man da einsteigt, wo die Treppe von oben ankommt. In der Mitte alles voll. Den hinteren um- oder neugebauten Steuerwagen mit wenig Sitz und viel Gepäckstauraum habe ich für mich.

Auch wieder pünktlich scheppern wir los. Ohne Halt zum Ostkreuz. Die dortige Beschilderung ist etwas gewöhnungsbedürftig für Außenstehende; aber natürlich finde ich zum Ringbahnbahnsteig. Der ist vollgebaut mit Freßtempeln und damit unübersichtlich. Für den Normalfahrgast egal. Aber ich habe ein Problem:

Die Züge der S 85 fahren zur selben Minute in die jeweilige Richtung ab! Das könnte mir ja egal sein, würden alle Umläufe mit dem 485 bestückt. 5 Umläufe gibt es. Bei Dreiviertelzügen als Standardzuglänge werden 15 Viertelzüge benötigt und m.W. gibt es aktuell auch nur noch 15 485er. Und auch, wenn die nur noch auf der S 85 verkehren, kann das knapp werden. War es wohl auch; ich sah nur 2 Umläufe mit dem 485er.

Jetzt habe ich Glück. Gleich der nächste Zug nach 10 Min Wartezeit - die S 85 fährt im 20-Minuten-Takt - nach Grünau ist ein 485er.

Yei! Die rumpeln noch immer mächtig. Dazu der Anfahr-Sound einer früheren Generation. Toll. Fenster sind meist offen. So hört man jede überfahrene Weiche. Und auch der Lärm in den Unterführungen je nach Richtung vor bzw hinter Pankow ist dann mehr Musik statt Krach.

Und so fahre ich den Umlauf mit:
13.58 Uhr Ostkreuz - Grünau 14.17 Uhr
14.39 Uhr Grünau - Pankow 15.18 Uhr
15.20 Uhr Pankow - Grünau 15.57 Uhr
16.19 Uhr Grünau - Pankow 16.58 Uhr
17.00 Uhr Pankow - Ostkreuz 17.18 Uhr.

Auf den Fernbahngleisen gibt's Unmengen ICE zu sehen, die ODEG und reichlich DB Regio. Aber was interessiert das schon.

Zwischenzeitlich erinnere ich mich an unseren Star-Bahnhofs-Portraitisten Sören und seinem 'running gag' der Spiegelei. Und wie weise ich auch nach, daß ich mitfuhr. Außenaufnahmen beweisen das nicht; drinnen war es immer selbst direkt nach Bereitstellung in Grünau und bei der Kurzwende in Pankow eh so voll, dass ein sinnvolles Selfie schwer war. Und so stellte ich jetzt bestimmt wieder einen Rekord auf: das schlechteste Selfie aller Zeiten:

[image]

Der rechte der beiden zu sehenden Personen, der seinen Kopf auf der Hand abstützen muss. Wenn man's forenisch untersucht, wird man mich identifizieren; Berlin kann ja, auch wenn es 3 Tage dauert, ein Wildschwein vom Löwen unterscheiden.


Was mich allerdings bis dahin enttäuschte: ich wurde nicht einmal kontrolliert, nur einmal war für eine Station eine Bettlerin im Zug und, ganz zu Beginn in der S 9, auch nur einmal ein Musikant für 2 Stationen. Wo es doch sonst immer heißt, nur mit Glück überlebt man dort. Dem 485 sah man sein Alter durchaus an und dass ihm nicht mehr Unmengen an Pflege zuteil wird. Aber in Grünau stieg beide Male bei Bereitstellung offensichtlich ein Reiniger ein. Die Kurzwende in Pankow mit 2 Lokführern funktionierte auch jedes Mal.

485 141 war es übrigens, in dem ich alle Runden verbrachte. Das ab Grünau führende Fahrzeug - in Pankow war mir die Zeit zum Platzwechsel ans andere Ende zu knapp.

Was mich zwischendurch mal schockierte: die neuen 483 haben ja gar nicht mehr den Dreiton beim Türenschließen, sondern das stinkordinäre dü-dü-dü-dü-dü-Gepiese heutiger Fahrzeuge. Ist das düüüüü-diiiiii-düüüüü nicht mehr zulässig? Jedenfalls stirbt auch dieses Geräusch dann bald ebenfalls aus. Ein Fall für's Museum:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Museum_f%C3%BCr_gef%C3%A4hrdete_T%C3%B6ne

https://learngerman.dw.com/de/ein-digitales-museum-f%C3%BCr-ger%C3%A4usche/l-54366556/lm

Um 17.18 Uhr am Ostkreuz angekommen, gehe ich runter Richtung Stadtbahn-Bahnsteig. Ich habe noch etwas Zeit. Warte ein paar 481er ab und habe wieder Glück: auf der S 3 kommt ein 480er, auch uralt, mit dem ich zum Ostbahnhof fahre. Der Zug ist dann auch völlig versifft vollgeschmiert und heruntergekommen. Jaaa, so muss das.

Am Ostbahnhof eben bei Penny günstig und dafür reichlich eingekauft. Wieder hoch zu Gleis 3. Nebenan fährt der gut gefüllte Zug nach Warschau. Während die aus Polen massig Verspätung haben. Dann wird mein IC 2242 bereitgestellt. Auf eine Rückfahrt nur mit NV hatte ich keine Lust und war mir zu zeitaufwändig. Und durch Spielerei entdeckte ich wenige Tage vorher ein Schnäppchen. Berlin Hannover sollte mit SSP was um die 36 Euro kosten. Aber Berlin - Stendal und Stendal - Hannover gab es jeweils als SSP-Aktion für 9,90 Euro. 19,80€ statt 36 - das klang fair. Und 'SSP-Aktion' aneinander ketten ist ja im Gegensatz zum z.B. Sparticket in Niedersachsen nicht verboten. Und das Stückeln auch nicht.

Ab Hannover wollte ich dann mit dem RE 60 nach Osnabrück fahren. Aber nun hatte ich in Berlin schon eingekauft und zufrieden glücklich müde war ich auch. Die DB dachte mit: Hannover Osnabrück gab es dann, als ich kurz vor Stendal war, auch als SSP-Aktion. Ja, komm, egal - kannst im Zug bleiben, fast ne Stunde früher daheim. Machen! Also in Berlin, Stendal und Hannover jedesmal den KCI bemüht und die immerselbe Wagen- und Sitzplatznummer eingegeben. Ein Brüller scheint KCI nicht zu sein; jedesmal wurde ich als fast einziger vom Schaffner nicht angesprochen. Immerhin also eine Technik, die funktioniert ... ;-)

Zusammenfassend war es eine PERFEKTE Tour. Nicht ein einziges Mal den gesamten Tag hatten wir eine über 2 Minuten hinausgehende nennenswerte Verspätung. In den Zügen war die Mitfahrt für mich auch in Ordnung. Ich fuhr nochmal viel länger als gedacht in der "Cola-Dose" mit und erwischte für 2 Stationen den "Toaster". Ich mag die Betonung von Grünau auf der letzten Silbe: GrünAU statt GrÜNau. Ich sah den BER-Bahnhof mal wieder und in Stendal bekommt man kein Augenkrebs mehr, nachdem endlich ALLE Bahnsteige saniert wurden. Selbst im Metronom war alles gut (Huhu, Kater! *g*) und Hohenwulsch sah ich auch.

Kurzum: Ein absolut perfekter Bahnfahrtag.


Schöne Grüße von jörg

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"Zu Lebzeiten will ich gerne bescheiden sein; doch wenn ich tot bin, soll man natürlich anerkennen, dass ich ein Genie war." (Michel Audiard)


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