Deutsch-französische Ostertour 2/3: Saar und Elsass (65 B.) (Reiseberichte)

TD, Mittwoch, 30.12.2020, 17:37 (vor 1203 Tagen)

Hallo zusammen,

willkommen zum zweiten Teil unserer deutsch-französischen Ostertour. Im ersten Teil waren wir vom Bodensee mit Abstechern in den Taunus und in die Pfalz nach Saarbrücken gereist. Heute steht nun der eigentliche Anlass für die Tour auf dem Programm: der Karfreitagszug nach Bouzonville.

[image]


Tag 2: Saarbrücken – Dillingen – Bouzonville – Dillingen – Völklingen – Saarbrücken – Pirmasens Nord – Landau – Wörth(Rhein) – Lauterbourg – Strasbourg - Paris

Zum Karfreitagsmarkt pendelt ein Zug zwischen Dillingen und Bouzonville. Die erste Verbindung setzt schon in Saarbrücken ein, der Zug hat dann rund 40 Minuten Aufenthalt in Dillingen. Eigentlich hatte ich mit dem Gedanken gespielt, den Direktzug ab Saarbrücken zu nutzen, angesichts des Frühstücksbuffets im Hotel ist es dann aber doch eine Umsteigeverbindung geworden, denn auch mit der Regionalbahn, die Saarbrücken eine halbe Stunde später verlässt, erreicht man noch den ersten Karfreitagszug.

[image]

Und so starten wir am Karfreitagmorgen mit der RB 71 von Saarbrücken nach Dillingen. Ich weiß gar nicht mehr, warum ich von der Hinfahrt kein Bild vom Zug der Baureihe 425 habe.

[image]

Wir fahren nun also mit der Regionalbahn auf der Saarstrecke, unterwegs passieren wir die Grube Luisenthal. Das damalige Steinkohlebergwerk erlangte 1962 traurige Bekanntheit, als bei einem Grubenunglück 299 Bergleute starben. Entlang der Saar geht es weiter bis nach Dillingen.

[image]

[image]

In Dillingen treffen wir dann auf den Karfreitagszug nach Bouzonville, er besteht aus einem 628er-Pärchen. Der Karfreitagszug wird in Kooperation von DB Regio, SNCF, der Stadt Bouzonville und der Gemeinde Rehlingen-Siersburg angeboten. Während unseres Besuchs im Jahr 2019 fuhr der bislang letzte Karfreitagszug, 2020 wurde er wegen Corona abgesagt.

[image]

[image]

Der Zug befährt die Niedtalbahn, die von Dillingen über die Grenze nach Bouzonville führt. Regulär wird die Strecke im Personenverkehr nur noch auf dem deutschen Abschnitt bis Niedaltdorf bedient. Schon kurz nachdem der Zug Dillingen verlassen hat, queren wir die Saar.

[image]

Im weiteren Verlauf folgt die Strecke dem weiten Tal der Nied. Der Zug war bei der Abfahrt in Dillingen schon gut ausgelastet und an den weiteren Zwischenhalten drängen viele Menschen in den Zug. Bis sich alle Leute in den Zug gequetscht haben, verlängern sich auch die Haltezeiten. Die Fahrgäste nehmen es aber gelassen und machen sich ganz andere Sorgen: die haben das Fahrgeld abgezählt in der Hand, aber für das Zugpersonal gibt es kein Durchkommen – fahren sie nun schwarz? Für die Betreiber bedeutet dieser Erfolg wohl ein schlechtes Geschäft.

[image]

Zwischen Niedaltdorf und Guerstling quert der Zug die deutsch-französische Grenze. Bis auf die Karfreitagszüge verkehren auf diesem Abschnitt keine Züge mehr. Hier sehen wir Guerstling mit der Kirche Saint-Maurice von 1830.

[image]

In der Presse wird später zu lesen sein, dass sich im ersten Zug am Morgen über 500 Fahrgäste befunden hätten und aufgrund des großen Andrangs an dem Tag noch ein sechstes Zugpaar eingesetzt werden musste. Einen solchen Andrang erlebt der Bahnhof von Bouzonville sonst nicht – ganz im Gegenteil, der Personenverkehr auf französischer Seite wurde zwischenzeitlich komplett auf Busverkehr umgestellt.

[image]

Aus der Tradition von Pilgerwanderungen zur Benediktinerabteil von Bouzonville entwickelte sich der Karfreitagsmarkt, der zu einer Veranstaltung mit hunderten Markthändlern gewachsen ist. Neben regionalen Spezialitäten gibt es auch Haushaltswaren und Textilien bis hin zu Schuhen. Wir stürzen uns allerdings nur kurz ins Getümmel.

[image]

Das damals deutsche Busendorf erhielt 1883 mit der Bahnstrecke Völklingen-Diedenhofen (Thionville) Anschluss an das Bahnnetz, 1901 kam die Bahnstrecke nach Dillingen hinzu.

[image]

Bisher blieben die Bemühungen der Lokalpolitik für eine Wiederbelebung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs nach Bouzonville jedoch erfolglos, so dass der Bahnhof nur einmal im Jahr von Personenzügen angefahren wird. Selbst eine Ausweitung des Ausflugsverkehrs kam bisher nicht zustande. Da kann es noch so schöne Gedankenspiele über einen durchgehenden Verkehr bis Luxemburg geben.

[image]

Eigentlich bevorzuge ich Rundfahrten – da man Bouzonville mit der Bahn jedoch nur auf einer Strecke verlassen kann, wählen wir für die Rückfahrt wieder den Karfreitagszug. Ich bin ja schon froh, dass es mit der Bereisung der Niedtalbahn überhaupt geklappt hat, wenn es nur einmal im Jahr die Möglichkeit dazu gibt. Wir fahren gleich mit dem ersten Zug zurück, auf der Rückfahrt gibt es nun ausreichend freie Plätze.

[image]

[image]

Die Niedtalbahn war früher eine strategische Hauptbahn, die Dillingen mit Metz verband. Sie war zweigleisig ausgebaut und diente im Ersten Weltkrieg Truppentransporten. Aufgrund von Kriegszerstörungen wurde die Strecke nach dem Zweiten Weltkrieg auf eingleisigen Betrieb umgebaut. Später erlangte die Strecke im Güterverkehr Bedeutung für die Flüssigeisentransporte zwischen der Dillinger Hütte und lothringisches Stahlwerken.
Hier sehen wir Niedaltdorf mit der Pfarrkirche St. Rufus, dann folgt die Strecke weiter der Nied.

[image]

[image]

Die Eisenbahnbrücke über die Saar wurde 1944 durch einen Bombenangriff zerstört, um den Nachschub an die Westfront zu unterbrechen. Die heutige Brücke stammt aus dem Jahr 1987, damals wurde die Saar zur Großschifffahrtsstraße ausgebaut.

[image]

Am Bahnhof Dillingen wechseln wir nun wieder auf die RB 71, mit einem Zug der Baureihe 425 fahren wir auf der Saarstrecke zurück in Richtung Saarbrücken.

[image]

[image]

[image]

Diesmal legen wir jedoch in Völklingen einen Zwischenstopp ein. Wenn wir schon mal in der Gegend unterwegs sind, wollen wir die Gelegenheit für einen Besuch der Völklinger Hütte nutzen.

[image]

Die Völklinger Hütte ist ein ehemaliges Eisenwerk, es wurde 1986 stillgelegt und ist heute als Industriedenkmal ein UNESCO-Weltkulturerbe. Besucher können auf einem Rundgang die Industrieanlagen entdecken, die teilweise auch zu Aussichtsplattformen umgewidmet wurden.
Ich finde die Erkundungstour durch die Anlage faszinierend – habe aber keine Ahnung von der Eisenerzeugung. Bevor ich mich als technischer Laie blamiere, gibt es nachfolgend nur einige Eindrücke ohne Bildbeschreibung.

[image]

[image]

[image]

Nanu, was ist denn das? In der Völklinger Hütte gibt es auch Kunstprojekte zu sehen, hier ein Werk des Künstlerkollektivs "Rocco und seine Brüder" mit einem sakrales Bleiglasfensterensemble, dessen Zentrum echte geklaute Berliner U-Bahn-Fenster sind.

[image]

[image]

[image]

[image]

Anschließend fahren wir weiter nach Saarbrücken, von der kurzen Fahrt habe ich keine vorzeigbaren Bilder. Wir wollen nun „untenrum“ – also durch den Pfälzerwald – nach Landau fahren. Die Strecke waren wir teilweise am Vortag bei der Anreise schon gefahren, allerdings bei Dunkelheit.

[image]

Mit einem Desiro fahren wir zunächst bis Pirmasens Nord. Der Zug nutzt zunächst bis Rohrbach die Hauptbahn Richtung Mannheim, dann befährt der Zug die nicht elektrifizierte Schwarzbachtalbahn. Die Strecke ist auch unter dem Namen Südpfalzbahn bekannt.

[image]

[image]

Die Strecke führt landschaftlich reizvoll durchs Grüne, hier sind wir am Niederwürzbacher Weiher. Der See wurde künstlich angelegt, er gehört zum Biosphärenreservat Bliesgau. Die Strecke folgt nun weiter dem Würzbach, dann der Blies und schließlich dem namengebenden Schwarzbach.

[image]

[image]

Neben der Landschaft des Bliesgaus gibt es auch Ortschaften und Bauwerke zu entdecken wie die Protestantische Kirche von Bierbach…

[image]

…oder das Bahnhofsgebäude von Dellfeld. Die Bahnstrecke ist eingleisig, hier in Dellfeld gibt es eine Kreuzungsmöglichkeit. In der Diskussion über die Zukunft der Strecke tauchen immer wieder Pläne für eine schnelle Regionalverbindung zwischen Saarbrücken und Karlsruhe auf, hierfür wären jedoch weitere Kreuzungsbahnhöfe notwendig. Als Fernziel gibt es ein Konzept für einen zweigleisigen Ausbau und eine Elektrifizierung der Strecke. Früher hatte die Strecke auch im Güterverkehr und im Fernverkehr Bedeutung als Ost-West-Magistrale zwischen Saar und Süddeutschland.

[image]

Zugunsten von Direktverbindungen nach Pirmasens gibt es kaum durchgehenden Verkehr zwischen Saarbrücken und Landau, und so heißt es auch für uns in Pirmasens Nord Umsteigen – die Umsteigezeit beträgt planmäßig nur drei Minuten. In unserem Fall noch etwas weniger, es geht weiter wieder mit einem Desiro.

[image]

Die Strecke von Pirmasens Nord nach Landau trägt den Namen Queichtalbahn, die Queich ist ein Nebenfluss des Rheins, sie entspringt im Pfälzerwald. Wir fahren nun weiter durch den Pfälzerwald, das nächste Bild zeigt die doppeltürmige Kirche von Wilgartswiesen.

[image]

[image]

Immer wieder sind auch die Felsformationen des Pfälzerwalds zu sehen. Ich ärgere mich bis heute, dass ich es verpasst habe, früher schon mal mit dem Felsenland-Express von Karlsruhe aus in diese Gegend zu fahren, als noch Ausflugszüge mit dem Esslinger Triebwagen der AVG angeboten wurden, bevor jener einen Motorschaden erlitt.

[image]

Schließlich endet die schöne und landschaftlich reizvolle Fahrt und der Zug erreicht Landau. Die Bahnstrecke führt in einem weiten Bogen um die Innenstadt von Landau. Wir steigen schon in Landau West aus und laufen durch die Altstadt zum Hauptbahnhof.

[image]

Hier sind wir auf dem Rathausplatz vor der Reiterstatue, im Hintergrund das Rathaus von Landau.

[image]

[image]

Am Hauptbahnhof von Landau setzen wir die Tour dann fort. Weiter geht es mit dem nächsten Desiro in Fahrtrichtung Karlsruhe. Wir fahren mit bis Wörth, die Strecke führt durch die flache Südpfalz.

[image]

[image]

[image]

Ab Wörth geht es mit dem nächsten Dieseltriebzug weiter – zur Abwechslung treffen wir hier nun mal auf einen Talent. Die meisten grenzüberschreitenden Strecken zwischen Deutschland und Frankreich kennen ich nun schon, Lauterbourg fehlt aber noch in meiner Sammlung; das soll sich nun ändern.

[image]

[image]

Zwischen Bienwald und Rheinebene fahren wir von Wörth zur Grenze, der deutsche Teil der Strecke wird auch Bienwaldbahn genannt. Die Strecke ist Teil der Verbindung von Wörth nach Strasbourg, sie war bis 1914 Teil des europäischen Fernverkehrsnetzes, später kam der Verkehr auf dem grenzüberschreitenden Abschnitt zum Erliegen. Ab dem Jahr 2002 wurde der Personenverkehr wieder aufgenommen.

[image]

Ab 2024 soll die Strecke im Rahmen einer grenzüberschreitenden Ausschreibung durchgehend befahren werden, bis dahin gibt es im Bahnhof Lauterbourg regelmäßig deutsch-französische Triebzug-Begegnungen.

[image]

Lauterbourg ist eine kleine Gemeinde im Elsass mit 2.300 Einwohnern, sie ist die östlichste Gemeinde auf dem französischen Festland. Wir drehen eine kleine Runde durch den Ort, hier das Landauer Tor. Das nächste Bild zeigt die Ortsmitte.

[image]

[image]

Vorbei an der Dreifaltigkeitskirche laufen wir zurück zum Bahnhof. Als der Bahnhof 1876 eröffnet wurde, hieß er Lauterburg. Auch der preußische Stil des Empfangsgebäudes erinnert an die Zeit der Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen. Am Bahnhof gibt es auch einen deutschen Fahrkartenautomaten.

[image]

[image]

[image]

[image]

Mit einem Dieseltriebzug der Reihe X 76500 fahren wir nach Strasbourg. Landschaftlich ist die Strecke nun nicht mehr besonders spannend, sie führt weiter durch das breite Oberrheintal.

[image]

[image]

[image]

Im letzten Licht gibt es noch ein Bild des Bahnhofs von Seltz, wenig später passieren wir zwischen Beinheim und Roppenheim die Kapelle Saint Vit.

[image]

[image]

[image]

Schließlich erreichen wir Strasbourg. Für den dritten Teil des Reiseberichts machen wir jetzt noch einen Sprung mit dem TGV nach Paris.

[image]

[image]

Zu später Stunde drehen wir noch eine kleine Runde in fußläufiger Entfernung um den Gare de l'Est bis zur Porte Saint-Martin, ein Triumphbogen aus dem 17. Jahrhundert. Damit es aber nun auch genug für heute.

In den nächsten Tagen folgt der dritte und letzte Teil, dann fahren wir mit einem der letzten „Intercités 100% Éco“ auf der Altstrecke zurück bis Saverne und über Umwege nach Hause.

Viele Grüße und einen guten Rutsch ins neue Jahr

Tobias

--
[image] "Fensterplatz, bitte." - Meine Bahnreiseberichte.de.| instagram.com/fensterplatz.bitte/


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum