Fortschritt vs. Nostalgie (Allgemeines Forum)

218 466-1, Red Bank NJ / ex-Ingolstadt, Freitag, 19.06.2015, 19:13 (vor 3253 Tagen) @ Blaschke

Aber erzähle Bahnfreunden mal was von Fortschritt. Da bist Du gleich raus. Die wollen ihre Dampflok haben, Donnerbüchsen und n-Wagen. Und Fahrten auf Großmutters Strecken zu Großmutters Fahrzeiten.

Die Mehrheit der Fuzzies ist leider tatsächlich so eingestellt. Das war aber schon immer so. Die "bösen" BR 215 & Co, die Anfang der 70er Jahre die ach so "tollen" Dampfrösser verjagt haben, wurden von vielen konsequent mit Verachtung bestraft und demostrativ nicht fotografiert.
30 Jahre später rennt nächste Genaration eben diesen bösen Loks hinterher weil noch viel bösere Triebzüge die nun guten BR 218 & Co verjagen.
Eine altrote 218 zieht heute hunderte Fuzzies an. Ich hatte vor über 25 Jahren schon darauf geachtet...
Ich für meinen Teil schmunzle darüber und genieße die Zeit, in der ich z.B. die "böse" BR 101 bewundere, die ja die "gute" BR 103 ausgerottet hat (einige hier sehen mich ohnehin als das Böse in Person, daher passt das schon ;)) ... bis in etwa 20 Jahren die nächste Generation die dann gute BR 101 auch bewundern wird. ;)
Nur bei den Wagen stehe ich auf der Seite der Fuzzies. Nicht wegen dem nostalgischen Wert, sondern weil die Nachfolger qualitativ leider minderwertiger ausgefallen sind. Das Problem ist, dass BR 101 außer dem MET, immernoch das zieht/schiebt, was auch BR 103 schon am Haken hatte. Da wurde 1996 versämt, die gesamten Züge zu modernisireren.
Zu den Dampfrössern: Es gab zeitweise ein generelles Dampfverbot auf dem Netz der DB. Das sollte m.M. wieder eingeführt werden, weil solche Fahrten den regulären Bahnbetrieb wegen Böschungsbränden und Gleislatschern zu sehr behindern.
Auf extra Museumsstrecken, wo man mit Formsignalen, Telegrafenmasten u.a. auch die passende Kulisse hat und kein regulärer Bahnbetrieb stattfindet, können sie ja fahren. Ansonsten sollte aber auch der Museumsbetrieb mit der Zeit gehen, da es mit BR 103, 111, 139, 212, 218, 420, etc. mittlerwile genug Alternativen zum Dampfross gibt. Wie man in Koblenz-Lützel sieht, bergeistern artreine TEE und City-Bahn (passender Zug fehlt noch) die Fuzzies genauso und es stört niemanden, wenn diese Züge nicht nur auf ihren früheren, planmäßigen Strecken, sondern auch bundsweit als Sonderzüge fahren.

Und alles, wirklich ALLES, RESTLOS ALLES muß unter Denkmalschutz gestellt werden. Und nichts, wirklich nichts, gar nichts, darf sich jemals ändern. Kein Zuglauf - auch wenn der heute gar nicht mehr benötigt wird in der Form -, keine Strecke, kein Bahnhof, kein Signal, keine Weiche, nichts, gar nichts. Alles muß so bleiben, wie es war.
Allein deswegen bin ich so happy, dass Stuttgart 21 gebaut wird. Nicht weil ich das für sinnvoll erachte, sondern nur, weil überhaupt mal was neues gebaut wird.

Der Leitsatz: Des hemma no nie so g'mocht, wo kemma denn do hi, do kennt jo jeda kimma gilt allgemein. ;)

Ich stelle mir immer vor, wenn die heutige Generation in vergangenen Zeiten gelebt hätte. Wäre Köln Hauptbahnhof je entstanden? Und der Dom? Würde es ihn je gegeben haben? Und in der Ferne: Die Pyramiden? Das Kollosseum? Den Eiffelturm? Den Kreml in Moskau? Maccu Picchu? Oh Gott, gab es damals auch überall Bürgerinitiativen? Online-Petitionen? Nein, gab es alles nicht. Weil es nicht unbedingt eine Demokratie gab. Die hat ihre Reize. Hierzulande allerdings mittlerweile den Nachteil, dass nicht mehr gebaut wird, sondern nur noch ENDLOS gequasselt und prozessiert.

Jeder versucht heutzutage aus allem den persönlichen Vorteil zu ziehen. Wird dieser nicht erkannt, ist man prinziepiell erstmal dagegen.
S21 hat nur aus der Region Oberschwaben/Bodensee die Merheit. Dort auch nur aus Eigennutz, weil die Elektrifizierung der Südbahn davon abhängig gemacht wurde...
Die Lieblingsbeschäftigung der deutschen ist jammern. Neubauten bieten eine günstige Gelegenheit dazu.
Darüber hinaus sehen in der Automobielnation Deutschland, viele die Eisenbahn an sich schon als etwas altes, überflüssiges aus Großmutters Zeiten an, dass man sofort abschaffen sollte.
Vielen ist offenbar langweilig. Bei Protesten ist "Action". Darum machen einige auch bei Peginda & Co mit, obwohl die Sache um die es geht, selbst eigentlich egal wäre.

Bei Entscheidungen, die dem Gemeinwohl dienen, wie S21, Transrapid, NBS usw. sollten Einzelinteressen grundsätzlich untergeordnet werden. Lokalfürsten, die keinen Vorteil daraus ziehen können, sind natürlich dagegen und bekommen wegen der "Action" auch reichlich Zuspruch. Darum geht nichts voran.
In dem Punkt sind andere Länder wie China und Japan den deutschen um einiges voraus. Dort wird das Gemeinwohl der Bevölkerung eben aufgezwungen, aber ist das wirklich so falsch?

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Dieser Beitrag gibt (sofern nicht anders gekennzeichnet) allein die Meinung der Verfasserin wieder
MET - Der beste Zug den es je gab
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