Mit dem Nachtzug nach Lissabon 6/7 | 40 B (Reiseberichte)

TD, Dienstag, 26.02.2019, 18:33 (vor 1892 Tagen)

Hallo zusammen,

willkommen zum sechsten Teil unserer kleinen Rundreise nach Portugal. Im fünften Teil waren wir von Porto aus einen Tag lang im Tal des Douro unterwegs.

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Für die Rückfahrt von Portugal an den Bodensee haben wir drei Tage eingeplant, heute fahren wir von Porto nach Madrid.


Tag 6: Porto – Vigo - Santiago de Compostela - Madrid

Die Reise beginnen wir diesmal an der Estaçao de Campanhã, der Durchgangsbahnhof liegt außerhalb des Zentrums. Der Bahnhof wurde 1877 eröffnet, er ist der ältere der beiden Bahnhöfe von Porto und hat auch im Fernverkehr eine größere Bedeutung.

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Neben dem historischen Empfangsgebäude…

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…gibt es mit dem Terminal Minho e Douro einen Neubau. Der Anbau beherbergt einige schmucklose Stumpfgleise, von dort fährt unser Zug ab.

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Die Bahn-Anbindung Portugals an den Rest Europas ist recht bescheiden. Im Fernverkehr gibt es eigentlich nur den Nachtzug nach Spanien sowie zwei Tagesverbindung von Porto ins spanische Vigo – und genau die Variante haben wir uns für die Rückfahrt ausgesucht. Die grenzüberschreitende Zugverbindung trägt den Namen Celta, zum Einsatz kommt ein dreiteiliger Dieseltriebwagen der Serie 594 – diesen Fahrzeugtyp hatten wir am Vortag schon im Douro-Tal kennengelernt.

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Wirklich hochwertiger Fernverkehr ist das nicht (nur 2. Klasse, keine Gastronomie), aber immerhin fährt überhaupt ein Zug auf dieser Strecke ins Nachbarland, denn es gab schon mehrfach Pläne, diese Verbindung einzustellen.

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Ok, bisher konnten wir uns wegen des Wetters nicht beklagen, da darf es zwischendurch auch mal ein neblig-trüber Tag sein. Wenn man den Zug online buchen möchte, wird man von der Internetseite der portugiesischen CP zur spanischen Renfe weitergeleitet, dort ist dann ein Onlineticket erhältlich. Bei der Fahrkartenkontrolle bin ich zunächst etwas irritiert, weil scheinbar alle Fahrgäste nur Onlinetickets haben. Beim genaueren Hinsehen sind an die DIN A4-Tickets teilweise noch andere Belege angeheftet, so dass ich schließlich vermute, dass die Sitzplätze von der Renfe verwaltet werden und die CP in irgendeiner Form auch solche Tickets ausgibt. Die Ticketkontrolle selbst ist auch ein interessantes Beispiel verbesserungswürdiger „Digitalisierung“: Der Zugbegleiter hat eine Papier-Liste aller Tickets und jedes Ticket auf der Liste will abgehakt sein. Nur sind die Tickets auf der Liste nicht nach Sitzplätzen sortiert. Bei jedem Fahrgast muss der Zugbegleiter somit erst blättern und das Ticket mühsam auf der Liste suchen – eine zeitraubende Angelegenheit.

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Die Bahnstrecke trägt den Namen Linha do Minho. Sie führt zunächst durch das Hinterland nach Norden, dann führt sie ein Stück entlang der Atlantikküste.

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Der Minho ist der Grenzfluss zwischen Portugal und Spanien. Von der Küste folgt die Bahnlinie dem Fluss auf der portugiesischen Seite landeinwärts. Hier fahren wir über das Mündungsdelta des Rio Coura, hinter der Straßenbrücke fließt der Minho und das gegenüberliegende Flussufer gehört zu Spanien.

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Nach dem Halt in Valença fährt der Zug dann über den Minho (bzw. spanisch Miño) nach Spanien, das Foto müsste so ziemlich auf der Grenze entstanden sein. Die auf der Hinfahrt durch den Zeitunterschied zwischen den beiden Ländern gewonnene Stunde müssen wir hier nun wieder abgeben. Der Zug war um 8.15 Uhr in Porto gestartet und nach einer Fahrzeit von 2 Stunden und 20 Minuten werden wir um 11.35 Uhr in Vigo ankommen.

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So, nun sind wir also wieder in Spanien, genauer gesagt in Galicien. So arg viel anders oder besser ist das Wetter hier allerdings auch nicht.

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Endstation des Zuges ist Vigo, die Stadt liegt an einer weit ins Land reichenden Meeresbucht, der Ría de Vigo. Vom Zug aus fällt der Blick auf die Puente de Rande, die Schrägseilbrücke überspannt die Ría de Vigo.

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Und wir sind angekommen. Hier der portugiesische Zug im Bahnhof Vigo-Guixar. Bis zur Weiterfahrt bleiben nun 55 Minuten Zeit. Das ist eine blöde Aufenthaltsdauer, zum Abbummeln am Bahnhof etwas lang, für eine Stadterkundung eigentlich zu kurz.

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Aber wir versuchen es trotzdem. Vigo ist eine Hafen- und Industriestadt mit knapp 300.000 Einwohnern. Ganz bis ins Zentrum schaffen wir es leider nicht, und so kann ich hier nur einen rudimentären Eindruck der Stadt vermitteln.

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Und hier sehen wir El Sireno. Die Skulptur zwischen Fisch und Mensch von Francisco Leiro führte zu kontroversen Diskussionen in der Stadt.

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Doch nun zurück zum Bahnhof Vigo-Guixar. Der Kopfbahnhof wurde 2011 in Betrieb genommen als provisorischer Hauptbahnhof für die Zeit des Umbaus des Bahnhofs Vigo-Urzáiz für den Hochgeschwindigkeitsverkehr.

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Mit einem Media Distancia fahren wir nun nach Santiago de Compostela. Auf der Verbindung wird ein dreiteiliger Dieseltriebwagen der Baureihe 599 eingesetzt. Die von CAF gebauten Breitspur-Fahrzeuge sind 160 Stundenkilometer schnell.

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Da Vigo am Ende einer Stichstrecke liegt, fahren wir nun zunächst wieder am Ufer der Ría de Vigo zurück und dann weiter nach Norden.

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Der Zug befährt die Altstrecke, parallel gibt es hier auch eine Hochgeschwindigkeitstrasse. Die Eje Atlántico de Alta Velocidad verbindet A Coruña mit Vigo, hier die Brücke der Schnellfahrtstrecke über den Fluss Ulla.

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Unser Zug quert den Río Ulla erst ein ganzes Stück später. Charakteristisch für Galicien sind weitläufige Wälder, im Hintergrund sind die Berge zu erahnen, die Galicien vom restlichen Spanien trennen. Jetzt ist es nicht mehr weit bis zu unserem nächsten Zwischenstopp.

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Verglichen mit den Pilgern auf dem Jakobsweg, die für den Weg nach Santiago de Compostela so manche Strapazen auf sich nehmen, war die Anreise in die Hauptstadt Galiciens für uns recht unbeschwerlich.

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Rund 200.000 Pilger kommen jedes Jahr nach Santiago de Compostela, neben Rom und Jerusalem ist die Stadt damit eines der wichtigsten christlichen Pilgerziele. Santiago wurde im Jahr 830 zum Wallfahrtsort ernannt, als man die in einem Grab gefundenen Gebeine dem Apostel Jakobus zuschrieb. Über der Grabstätte steht heute die Kathedrale von Santiago de Compostela.

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Und auch eine Universität gibt es in Santiago de Compostela, hier das Gebäude der Escola Universitaria de Traballo Social, also des Fachbereichs Soziale Arbeit.

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Würde ich Pilgerreiseberichte schreiben, würde ich mich jetzt wahrscheinlich ärgern, wenn ausgerechnet die Westfassade der Kathedrale von einem Baugerüst verunstaltet wäre und kein gutes Fotomotiv abgibt. Rein vorsorglich mache ich noch ein Foto von meinem Bruder mitsamt Rucksack vor der Kathedrale, man weiß ja nie, wann man ein Pilger-Foto mal brauchen kann.

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Es geht gleich weiter...

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Mit dem Nachtzug nach Lissabon 6/7 | 40 B Fortsetzung

TD, Dienstag, 26.02.2019, 18:34 (vor 1892 Tagen) @ TD

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Deutlich zufriedener mit der Ausbeute als in Vigo geht es nun zurück zum Bahnhof von Santiago de Compostela. Wie im Fernverkehr in Spanien üblich, geht es vor dem Zugang zum Bahnsteig zunächst durch die Gepäck- und Ticketkontrolle.

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Spanische Züge sind nun nicht mein Spezialgebiet, aber wenn ich es richtig sehe, müsste das ein Zug der Baureihe 730 sein. Die Züge werden auch Talgo 250 Hybrid genannt und sind wahre Multitalente, sie sind nicht nur umspurbar, sondern können sowohl unter Strom als auch mit Diesel fahren. Hinter den jeweiligen Triebköpfen befindet sich ein Wagen, in dem die Dieselmotoren untergebracht sind. Auf uns warten Sitzplätze in der Preferente-Klasse.

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Der Zug verkehrt unter der Zuggattung Alvia und hat das Fahrziel Madrid. Zwischen Santiago de Compostela und Olmedo ist eine Hochgeschwindigkeitsstrecke im Bau, die Línea de alta velocidad Olmedo-Zamora-Galicia. Einige Streckenabschnitte sind bereits fertig und in Betrieb, andere sind noch im Bau. Die Strecke wurde zunächst in Breitspur gebaut, damit die Züge bis zur Fertigstellung der Strecke zwischen alten und neuen Abschnitten wechseln können. Sobald die Gesamtstrecke des Atlantikkorridors fertig ist, soll die Strecke auf Normalspur umgebaut werden. Hier befahren wir gerade einen Abschnitt der neuen Trasse.

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Im Stadtgebiet von Ourense treffen wir wieder auf den Rio Miño. Wer sich erinnert: der Unterlauf des Flusses ist der Grenzfluss zwischen Portugal und Spanien. Die Steinbrücke im Bild ist die Puente Romano, sie wurde von den Römern errichtet, die den Ort aufgrund heißer Quellen für Thermal- und Heilbrunnen schätzten.

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Ab Ourense geht es auf der Altstrecke weiter, aber auch hier wird an der Hochgeschwindigkeitstrasse gewerkelt. Die Strecke durch die Ausläufer des Kantabrischen Gebirges ist landschaftlich toll, eine Gebirgsstrecke mit vielen Tunneln, wie man sie in Spanien zunächst nicht erwarten würde. Ich habe nur kaum vorzeigbare Bilder, da wir nun in ein Gewitter fahren und sich der Himmel verdunkelt.

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Wer kennt es nicht, das Schinken-Käse-Baguette aus der Bordgastronomie der DB? Hier das spanische Pendant aus dem Bordbistro der Renfe.

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Schließlich verlässt die Bahnstrecke das Gebirge und führt weiter über das dünn besiedelte Hochland der Meseta. Hin und wieder passieren wir einen verlassenen Bahnhof, ansonsten gibt es hier sehr viel Landschaft. In Zamora durchfährt der Zug eine Umspuranlage, dann geht es auf der Schnellfahrtstrecke weiter bis Madrid. Mit -8 erreichen wir schließlich Madrid Chamartín. Das passt ganz gut, da es am nächsten Tag von diesem Bahnhof aus weitergeht. In Bahnhofsnähe wartet ein Hotel auf uns, nachdem das Gepäck dort abgestellt ist, starten wir mit der Metro noch zu einem Stadtbummel.

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Zu den bekanntesten und meistbesuchten Plätzen in der spanischen Hauptstadt gehört die Puerta del Sol, rund um das Denkmal für König Karl III. herrscht reges Treiben.

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Das Edificio Telefónica war mit 14 Stöcken und 89 Metern Höhe 1929 das erste Hochhaus Europas, zeitweise war der Bau an der Gran Vía das höchste Gebäude Spaniens. Der Turmaufsatz diente im spanischen Bürgerkrieg als Wach- und Beobachtungsturm.

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Und mit dem Hauptplatz Plaza Mayor beenden wir den abendlichen Stadtrundgang und diesen Teil des Reiseberichts.
In den nächsten Tagen folgt der letzte Teil mit der Rückfahrt über Hendaye und Bordeaux an den heimischen Bodensee.


Viele Grüße

Tobias

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Danke auch für diesen Teil!

JanZ, HB, Dienstag, 26.02.2019, 18:49 (vor 1892 Tagen) @ TD

- kein Text -

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Im Volk, da ist sie sehr beliebt, unsere Eisenbahn,
Doch dort, wo's keine Schienen gibt, da hält sie selten an.

(EAV: Es fährt kein Zug)

Multitalent mit einem Preis...

Oscar (NL), Eindhoven (NL), Sonntag, 03.03.2019, 19:39 (vor 1887 Tagen) @ TD

Hallo TD,

Spanische Züge sind nun nicht mein Spezialgebiet, aber wenn ich es richtig sehe, müsste das ein Zug der Baureihe 730 sein. Die Züge werden auch Talgo 250 Hybrid genannt und sind wahre Multitalente, sie sind nicht nur umspurbar, sondern können sowohl unter Strom als auch mit Diesel fahren. Hinter den jeweiligen Triebköpfen befindet sich ein Wagen, in dem die Dieselmotoren untergebracht sind. Auf uns warten Sitzplätze in der Preferente-Klasse.

Dieses Multitalent hat auch einen Preis. Ein Grossteil der verfügbaren Länge wird an Antrieb verschwendet. Und unter Fahrdraht haben die Dieselagggregate selbstverständlich einen Totlast.

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Pajares Base Tunnel (25 km).

In Zamora durchfährt der Zug eine Umspuranlage, dann geht es auf der Schnellfahrtstrecke weiter bis Madrid.

Also auch durch den 28 km Guadarrama Tunnel?


gruß,

Oscar (NL).

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Mit den neuen IC-Triebwagen wird alles besser !!

Trans-Europ-Express 2.0? Abwarten und TEE trinken!

Schienenstränge enden nicht an einer Staatsgrenze, sondern an einem Prellbock.

Mit dem Nachtzug nach Lissabon 6/7 | 40 B

Turbonegro, Dienstag, 26.02.2019, 21:54 (vor 1891 Tagen) @ TD

Die Bahn-Anbindung Portugals an den Rest Europas ist recht bescheiden. Im Fernverkehr gibt es eigentlich nur den Nachtzug nach Spanien sowie zwei Tagesverbindung von Porto ins spanische Vigo – und genau die Variante haben wir uns für die Rückfahrt ausgesucht. Die grenzüberschreitende Zugverbindung trägt den Namen Celta, zum Einsatz kommt ein dreiteiliger Dieseltriebwagen der Serie 594 – diesen Fahrzeugtyp hatten wir am Vortag schon im Douro-Tal kennengelernt.

Kleine Ergänzung: Du hast 25% der internationalen Verbindungen unterschlagen ;)
Seit einiger Zeit gibt es auch einen Tages-Regionalzug von Entroncamento nach Badajoz. (R5501 10:10-14:16, R5500 16:24-18:25)

Erneut ein schöner und interessanter Bericht von dir, den ich gerne gelesen habe...

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