Mit dem Nachtzug nach Lissabon 5/7 | 60 B (Reiseberichte)

TD, Samstag, 23.02.2019, 13:30 (vor 1910 Tagen)

Hallo zusammen,

willkommen zum fünften Teil unserer kleinen Rundreise nach Portugal. Im vierten Teil waren wir von Lissabon noch Porto gefahren und hatten unterwegs einen Abstecher zur Linha da Beira Baixa unternommen.

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Porto ist die einzige Stadt auf der Reise, in der wir zwei Übernachtungen eingeplant haben. Und so starten wir von Porto aus heute zu einem Tagesausflug, der zudem keine Kreuz- und Querfahrten enthält, sondern ganz banal aus Hin- und Rückfahrt auf der gleichen Strecke besteht. Das klingt langweilig, oder? Mal sehen.


Tag 5: Porto – Pinhão – Pocinho - Porto

Der Zug heute fährt erst um 9.25 Uhr ab. Also erstmal gemütlich im Hotel frühstücken? Quatsch! Wenn wir Porto auch bei Tageslicht sehen wollen, gibt es nur jetzt die Möglichkeit dazu. Nach einem kurzen Frühstück geht es gleich los in die Altstadt.

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Unser erstes Ziel ist wieder die Ponte Dom Luís I über den Douro. Die obere Ebene der Brücke ist für Stadtbahnen und Fußgänger reserviert, unten fahren Autos.

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Der Fluss Douro wird uns heute den ganzen Tag begleiten. Wir blicken hier flussabwärts, wenige Flussbiegungen weiter mündet der Fluss in den Atlantik. Rechts die Altstadt von Porto, oben am Berg der Bischofspalast, dahinter die Kathedrale.

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Porto hatte früher ein umfangreiches Straßenbahnnetz, das auf heute zwei Linien zusammengeschrumpft ist. 1992 fiel der Beschluss, ein neues Stadtbahnnetz aufzubauen und 2002 wurde die Metro do Porto eingeweiht. Heute umfasst das Streckennetz der Stadtbahn 70 Kilometer mit 6 Linien, davon verlaufen knapp 10 Kilometer unterirdisch. Mit der Metro fahren wir nun Richtung Bahnhof Porto São Bento.

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Nein, das ist noch nicht der Bahnhof, hier hat sich ein Bild der Kathedrale von Porto eingeschlichen.

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Porto hat zwei große Bahnhöfe; nachdem wir am Vortag am Bahnhof Porto-Campanhã angekommen waren, starten wir die heutige Tour am Bahnhof Porto São Bento. São Bento liegt recht zentral unterhalb der Kathedrale. Der Bahnhof wurde gebaut... – ach, lest selbst:

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Der Bahnhof zählt zu den Sehenswürdigkeiten Portos, denn die Vorhalle wurde im Jahr 1930 mit Azulejo-Bildern des Malers Jorge Colaço gestaltet. Die typisch portugiesischen Fliesenbilder zeigen verschiedene historische Szenen aus der Geschichte Portugals.

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Auf dem unteren Bild ist dargestellt, wie sich Egas Moniz (1080–1146) König Afonso VII von Kastilien und Léon vorstellt, darüber eine Kampfszene.

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Und hier Infante D. Henrique bei der Eroberung Ceutas im Jahr 1415.

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Bahnhöfe werden mitunter als Kathedralen der Moderne und der Mobilität bezeichnet – der Bahnhof Estação de São Bento hingegen hat einen ganz anderen sakralen Bezug. Er wurde nämlich auf dem Gelände eines Klosters errichtet. Nach dem Tod des letzten Mönchs des Mosteiro de São Bento de Avé-Maria ging das Kloster in Besitz des Staates über und wurde 1894 abgerissen, ein Stein des alten Klosters bildete dann Grundstein für das neue Bahnhofsgebäude.

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Normalerweise mache ich um Ausflugs- und Nostalgiezüge einen großen Bogen und reise lieber mit Regelzügen. Aber heute machen wir mal eine Ausnahme und nutzen für eine Etappe den „Especial“-Zug Comboio MiraDouro.

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Und hier wird er auch schon bereitgestellt. Eine Diesellok zieht die Garnitur des MiraDouro aus dem Tunnel unter der Innenstadt in die Bahnhofshalle des Kopfbahnhofs. Die Loks der Serie 1400 wurden zwischen 1967 und 1969 gebaut.

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Der MiraDouro ist ein Ausflugs- und Touristenangebot, der Zug verkehrt nur in den Sommermonaten. Der Name „MiraDouro“ ist ein nettes Wortspiel, denn Miradouro ist das portugiesische Wort für einen Aussichtspunkt, so gibt es beispielsweise auch in Lissabon viele bekannte Miradouros. Der Zug fährt durch das Tal des Flusses Douro – und fertig ist der Comboio (Eisenbahn) MiraDouro.

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Die Wagen können ihre schweizerische Herkunft kaum verbergen, sie wurden in den 1940er-Jahren in der Schweiz von der Firma Schindler gebaut. Die Wagen wurden zwischen 1949 und 1977 bei der portugiesischen Bahn eingesetzt.

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Gezogen wir der Miradouro ebenfalls von einer Diesellok der Serie 1400, hierfür hat man die Lok 1424 in ihre ursprüngliche Farbgebung zurückversetzt.

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Der Zug fährt zunächst durch den Innenstadt-Tunnel, dann für ein kurzes Stück entlang des Douro zum Bahnhof Porto-Campanhã. Hier der Blick flussabwärts in Richtung Altstadt.

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Anschließend führt die Strecke durch das Hinterland nach Ermesinde, dort zweigt die Linha do Douro ab. Die nächsten 60 Kilometer sind nett aber unspektakulär...

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...bis die Fahrgäste plötzlich „aufwachen“, die Leute stehen auf und die Fenster werden geöffnet: wir haben das Douro-Tal erreicht. Der Douro wird hier am Carapatelo-Staudamm für ein Kraftwerk aufgestaut.

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Ab jetzt folgt die Bahnstrecke dem Fluss Douro. Der Douro ist der drittlängste Fluss der iberischen Halbinsel, er entspringt in Spanien und fließt durch Nordportugal nach Porto, wo er in den atlantischen Ozean mündet. Wir folgen dem Fluss flussaufwärts.

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Die Bahn erreicht nun Peso da Régua, die Stadt gilt als Zentrum der Portweinproduktion. Die Weinregion Alto Douro ist die älteste Weinbauregion der Welt, sie gehört seit 2001 zum UNESCO-Welterbe.

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In Régua verlässt ein Teil offenbar weinaffiner Fahrgäste den Zug. Sehr gut – denn damit gibt es endlich Fensterplätze auf der „richtigen“ Seite für uns. Das ist auch der Grund, warum wir uns für diese Etappe auf den Touri-Zug eingelassen haben: die Fenster lassen sich öffnen. Es ist herrlich, bei sommerlichen Temperaturen am offenen Fenster durch das Flusstal zu fahren.

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Die Linha do Douro wurde ab 1873 von Porto ausgehend gebaut, sie diente ursprünglich dem Abtransports des Weins zu den Portweinkellereien in Vila Nova de Gaia an der Atlantikküste. Der Bahnhof von Covelinhas liegt bei Kilometer 103,8.

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Der nächste etwas größere Ort ist Pinhão. Na ja, „groß“ ist relativ, 650 Einwohner leben in der Kleinstadt an der Mündung des Rio Pinhão in den Douro. Die Reiseplanung für den Tag hatte mir etwas Kopfzerbrechen bereitet, denn tagsüber gibt es eine vierstündige Taktlücke bei den Regelzügen. Das macht es schwierig, zwischendurch mal auszusteigen und mehrere Orte an der Strecke anzuschauen.

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Letztendlich war die Entscheidung gefallen, in Pinhão einen Zwischenhalt einzulegen. Der MiraDouro fuhr damals noch eine Station weiter bis Tua – falls nun jemand Lust auf eine Mitfahrt bekommen hat, bitte aufpassen, der MiraDouro fährt 2019 nur noch bis Régua.
Der MiraDouro hat in Pinhão einen längeren Halt für eine Zugkreuzung, so können wir für ein abschließendes Foto noch nach vorne laufen...

Es geht gleich weiter...

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[image] "Fensterplatz, bitte." - Meine Bahnreiseberichte.de.| instagram.com/fensterplatz.bitte/


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