PKP IC is watching you (5 Knipsbilder) (Allgemeines Forum)

Alibizugpaar, Köln (im Herzen immer noch Göttinger), Dienstag, 14.08.2018, 22:53 (vor 2088 Tagen)

Hallo,

neulich verschlug es mich zurück in fernöstliche Gefilde, denn ich wollte die diesseitige Schiene entlang der deutsch-polnischen Region weiter abreisen. Vorpommern hatte ich gerade erst durch, auch Schwedt - Eberswalde - Frankfurt/O, wo sich eine Begleiterin der Barnimer Eisenbahn nach meiner Frage zur durchfahrenen Landschaft direkt zu mir gesellte und mir wirklich alles erklärte. Von abzweigenden Strecken über das NEB-Kundenmagazin bis zu Kfz-Kennzeichen der Region. Die war echt nett.

Nun sollte es von Frankfurt/O über Cottbus und Görlitz nach Zittau gehen, über Dresden zurück nach Berlin. An- und Abreise jeweils im Kölner Nacht-ICE mit all dem was dazu gehört.

Die DB-Zwittergattung TagesNachtreisezüge sind ein einziger Fluggepäck-Rollkoffer-gegen-Sitze-rumsen-lassen-Wettbewerb. Wie soll man schon ein Auge zu machen, wenn die Klimaanlage des ICE2 die ganze Zeit Ritzeratze-ritzeratze-ritzeratze-ritzeratze-Geräusche von sich gibt? Leider konnte der Zugchef nicht helfen, denn "das kommt von irgendwo hinter den Abdeckungen und die sitzen fest". Was der Mann wohl ins Schadensmeldebordbuch eingetragen hat: Ritzeratze-ritzeratze? Quer durch NRW ist an Schlaf eh nicht zu denken. Die Flughäfen Köln(CGN), Düsseldorf(DUS) und Dortmund(DTM), aber auch Amsterdam(AMS) wollen ihre Urlauber über Nacht gut nach Hause gebracht wissen. Andere starten und da bietet sich dieser ICE als Zubringer nach Hannover(HAJ), Leipzig(LEJ) und Berlin(TXL/SXF) an.

Also irgendwann Kopfhörer in die Ohren, sanften Pop aus den 80er Jahren aktiviert und zu Marillion's Kayleigh die Augen geschlossen. Der Titel ist noch nicht halb durch -rrrrums...rrrrums- zwei Großkoffer mit HAJ-Fähnchen. Ich höre kein Wort aber die Augen des schiebenden/ziehenden jungen Dame sagen "Schuljunk, ich kann auch nicht mehr".

Für Magdeburg wurde passend der Anschluß nach Halle und von dort weiter zum Flughafen durchgesagt. Doppelter Folgeanschluß sozusagen, gibt es nicht oft zu hören.

In Potsdam lagen zig Boote an den Ufern der Havel schief auf dem Trockenen. In Berlin Hbf war es um 6 Uhr vergleichsweise ruhig und die Geschäfte noch leer. So bin ich schnell an eine Stärkung gekommen.

Dann der EC nach Warschau, die vier Zweitklasswagen waren mässig besetzt. So eine Fahrt im Abteil kann man als DB-Kunde schon komplett verlernt haben und sich deshalb neu gefallen lassen, aber dann... Wer kennt noch den Bordrechner HAL-9000 des Raumschiffs Discovery im Film 2001: Odyssee im Weltraum? Jetzt bitte nicht HAL mit HAJ verwechseln!

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Dann waren da kleine grün leuchtende Spionageaugen, die mich die ganze Zeit genau beobachtet haben. Was ich esse und trinke, ob ich mich unanständig kratze oder die Zunge rausstrecke.

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Die Hauptstadtsonne glänzte doch was stark vom wolkenlosen Himmel. Im übernächtigten Dämmerzustand so angeblendet zu werden, das ist schon was unwirklich.

Irgendwo im Märkischen Sand bei Erkner fühlte ich mich doch von PKP 9000 bis auf den Schlüpper gescannt und wollte schon Tempos über die Leuchtaugen klemmen, dachte dann aber 'Komm, versuche ein Kerl zu sein'. Geschehen ist geschehen. Irgend jemand in Warschau kennt nun mein ganzes Leben, denn links und rechts zu meinen Schultern saßen die Augen auch, so daß ich über die Handynachrichten doch die Hand hielt. Nun bin ich gespannt, ob ich eines Tages einen Anruf oder eine Mail bekomme "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast". In Anlehnung an den gleichnamigen amerikanischen Horrorstreifen.

In Frankfurt/O dösten zwei altrote 243 im Vorfeld. Und dann stand er da, der vermutlich kürzeste Kurz-RE Deutschlands.

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Kurz seine Zuglänge und kurz auch sein Laufweg, denn der ist nach nur 15 Minuten in Eisenhüttenstadt schon beendet. Ja wie geht das, zumal mit der prominenten Liniennummer RE1 unterwegs. RE1, RE2, RE3 = das sind doch immer die wichtigsten Starzüge der einzelnen Bundesländer. Im Brandenburgischen steht RE1 also auch für einen Ausdruck der Bescheidenheit. Mit mir waren drei Leute an Bord des fürchterlich miefenden Steuerwagens.

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In Eisenhüttenstadt. Mich hat das Kopfsteinpflaster rund um den Bahnübergang sehr an erste DDR-Besuche erinnert. Heute ist ja überwiegendst 'Schwarzstraße' üblich. Die Sonne kläffte inzwischen sehr stark vom Himmel, aber wenigstens hier konnte keine Teerdecke aufplatzen.

Weiter stramm nach Süden. Auch der Solotriebwagen der ODEG war traurig besetzt. Ich hätte mich in verschiedenen denkbaren Stellungen in alle Himmelsrichtungen ausbreiten können. Sogar ohne dabei von kleinen grünen Augen beobachtet zu werden. Dachte ich. Denn bei einem Blick auf den Monitor war ich mir nicht mehr so sicher. Woher wusste die ODEG, daß...

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...ich mich mit meiner Tasche tatsächlich auf erhöhter Position vor dem Wagengelenk breit gemacht hatte? Es muß also auch einen ODEG-9000 geben. Nun erwarte ich eine zweite anonyme Mail.

Ich fand neben der schönen Landschaft beachtlich, wie die Zugbegleiterinnen bei der ODEG wie auch bei der TRILEX und zuvor schon bei der Barnimer Bahn sehr auf Zack waren. Soweit ich beobachten konnte, ist denen kein einziger Pappenheimer durchs Netz gegangen. Und überall haben sie Fahrkarten im Zug verkauft. Im tiefen Automatisierungs-Westen eine total unbekannte Welt - aber zu 100% zuverlässig und ohne Tarif-Menüführung auf Tastatur, die einen wahnsinnig werden lassen kann!

Ab Bischofswerda wurde es im TLX zum ersten Mal voll und der EC ab Dresden war es sowieso. Hier reicht der 2-Stundentakt nach Berlin wirklich nicht mehr aus. Aber auf die Idee in Dresden Entlastungswagen anzuhängen kommt keiner.

In Berlin habe ich mich mit einem Bekannten getroffen und zur dunkelblauen Stunde bei einem angenehmen leichten Abendwind auf den Bänken des Zietenplatzes vor der Kulisse der merkwürdig abgeschirmten nordkoreanischen Botschaft ein paar kühle Helle gezischt. Tief unter uns entweder die Vibrationen der U2 oder doch Miniatur-Kernwaffentests in den Kellergewölben der Botschaft.

Kurz vor Mitternacht ging es dann mit dem Nacht-ICE zurück (der für Wuppertal - Köln satte 50 Minuten braucht und diese mit verschlossenen Türen in Solingen absteht). Die Ereignisse sind die selben wie auf der Hinfahrt, bitte den Eingangstext rückwärts lesen.

Rrrrums - Großkoffer mit LEJ-Fähnchen. Es ist Viertel vor zwei, guten Morgen in Magdeburg.

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Gruß, Olaf

"Die Reise gleicht einem Spiel; es ist immer Gewinn und Verlust dabei und meist von der unerwarteten Seite."

Goethe an Schiller 1797

Großartig! :D

J-C, Da, wo ich grad gedanklich nicht bin., Dienstag, 14.08.2018, 23:08 (vor 2088 Tagen) @ Alibizugpaar

Die kleinen grünen HALs sind bei meinen Fahrten mit den polnischen ECs auch schon öfters aufgefallen. Also ich werd von den Polen schon öfters ausspioniert. Ich bin halt in der komfortablen Lage, durchaus öfters im Abteil sitzen zu können, wenngleich ich für 1:15h dann doch eher Großraum wähle.

Aber danke für den Bericht, er hat mir sehr gefallen :)

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Reisehäppchen für zwischendurch gefällig?
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(Bildquelle: ČD)

PKP ICCC mit seinen Eigenheiten

Destear, Berlin, Dienstag, 14.08.2018, 23:41 (vor 2088 Tagen) @ Alibizugpaar

Ich bin überrascht, dass dein Warzawa-EC recht leer war. Ich bin auf der Strecke meist von Berlin bis Poznan recht regelmäßig unterwegs und erlebe dort fast immer sehr volle Züge. Meine letzte Fahrt fand am Mittwoch frühmorgens statt - und schon am Berliner Hauptbahnhof war abzusehen, wie voll es werden würde.

An diesem Tag war auch die Klimaanlage inaktiv - das deutsche Zugbegleitpersonal versicherte, PKP-Personal könnte da erst ab Rzepin was machen, DB-Personal sei es verboten, Einstellungen am Wagen zu verändern. Leider hatten wir dann im IC nach Krakow die gleichen Probleme, hier fiel die Klimaanlage gänzlich aus. Und der Zug war voll. Im engen Gang des Abteilwagens standen etliche Leute, in der zweiten Klasse war das noch schlimmer. Am Abend las ich dann und hörte auch in den tvn-Nachrichten, dass als Pilotprojekt eine Buchungssperre an den PKP-Schaltern für bereits ausreservierte Züge getestet wird. Das wurde einigermaßen empört aufgenommen.

Also da muss man wissen, was man will.

J-C, Da, wo ich grad gedanklich nicht bin., Dienstag, 14.08.2018, 23:59 (vor 2088 Tagen) @ Destear

Will man einen Platz haben, so sollte man keine Fahrkarte ohne Platzgarantie kaufen.

Will man hingegen um jeden Preis mitreisen, sollte man sich nicht beschweren, wenn man stehen muss.

Und letzteres hab ich ja auf meiner Fahrt nach Danzig erlebt. Dass sich Leute dann wundern, wenn sie da in der ersten Klasse stehen müssen, ist für mich unverständlich.

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Reisehäppchen für zwischendurch gefällig?
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(Bildquelle: ČD)

Also da muss man wissen, was man will.

Destear, Berlin, Mittwoch, 15.08.2018, 00:24 (vor 2088 Tagen) @ J-C

Es scheint hier mehr um die kurzfristigen Fahrscheinkäufer zu gehen. Wer schnell von A nach B muss, nimmt dann das Stehen wohl in Kauf. Gestört fühlen sich vielleicht eher diejenigen, die einen Sitzplatz haben. Aus meiner Sicht und als Verfechter yer Pflichtreservierung nachvollziehar, aus Sicht der Reiseflexibilität aber - natürlich - ein Nachteil.

I watched your report

oppermad, Wuppertal/Wunstorf, Mittwoch, 15.08.2018, 06:47 (vor 2088 Tagen) @ Alibizugpaar

Moin,

Also irgendwann Kopfhörer in die Ohren, sanften Pop aus den 80er Jahren aktiviert und zu Marillion's Kayleigh die Augen geschlossen.

ich habe es mit Helene Fischer versucht: Atemlos durch die Nacht. Und da mich das ICE-Portal über eine Verspätung von 50 Minuten in Kenntnis gesetzt hatte, funktionierte das sogar kurzzeitig bei mir.

Und dann stand er da, der vermutlich kürzeste Kurz-RE Deutschlands.

Das gab es auch mal von Hagen nach Iserlohn (?), aber nicht als RE 1.

...ich mich mit meiner Tasche tatsächlich auf erhöhter Position vor dem Wagengelenk breit gemacht hatte? Es muß also auch einen ODEG-9000 geben. Nun erwarte ich eine zweite anonyme Mail.

Wer da wohl noch alles in cc gesetzt wird. Sind ja hochwichtige und wegen der Fahrt über teilweise polnisches Gebiet mitunter kriegsentscheidene Informationen. ;-)

Ich fand neben der schönen Landschaft beachtlich, wie die Zugbegleiterinnen bei der ODEG wie auch bei der TRILEX und zuvor schon bei der Barnimer Bahn sehr auf Zack waren. Soweit ich beobachten konnte, ist denen kein einziger Pappenheimer durchs Netz gegangen. Und überall haben sie Fahrkarten im Zug verkauft.

Bei meinen wenigen Fahrten auf diesen Strecken waren es mitunter auch männliche Zugbegleiter, machte aber keinen Unterschied. Ich kann deine Erfahrungen nur bestätigen!

Kurz vor Mitternacht ging es dann mit dem Nacht-ICE zurück (der für Wuppertal - Köln satte 50 Minuten braucht und diese mit verschlossenen Türen in Solingen absteht).

*lach* Wahrscheinlich für Kontrollen durch unsere Scharia-Polizei. ;-) Das wäre dann die dritte Mail.
Vielen Dank und viele Grüße,

Dirk

--
Wer ist kundig auf folgenden Baureihen:
101, 103, 110, 111, 112, 120, 139, 140, 141, 143, 150, 151, 155, 181.2, 218, 225, 233, 362, 420, 472, 601, 605, 624, 628, 643 und 644?
Richtig: Bender!

Logisch ...

Blaschke, Mittwoch, 15.08.2018, 16:01 (vor 2088 Tagen) @ Alibizugpaar

Huhu.

In Eisenhüttenstadt. Mich hat das Kopfsteinpflaster rund um den Bahnübergang sehr an erste DDR-Besuche erinnert. Heute ist ja überwiegendst 'Schwarzstraße' üblich. Die Sonne kläffte inzwischen sehr stark vom Himmel, aber wenigstens hier konnte keine Teerdecke aufplatzen.

Was insofern auch bei Vorhandensein einer "Schwarzstraße" schwierig wäre, als dass seit lockeren 30 bis 40 Jahren nicht mehr geteert, sondern asphaltiert wird ...


Schöne Grüße von jörg

Logisch ... nicht ganz

Alter Köpenicker, BSPF, Freitag, 17.08.2018, 07:12 (vor 2086 Tagen) @ Blaschke

Huhu.

In Eisenhüttenstadt. Mich hat das Kopfsteinpflaster rund um den Bahnübergang sehr an erste DDR-Besuche erinnert. Heute ist ja überwiegendst 'Schwarzstraße' üblich. Die Sonne kläffte inzwischen sehr stark vom Himmel, aber wenigstens hier konnte keine Teerdecke aufplatzen.


Was insofern auch bei Vorhandensein einer "Schwarzstraße" schwierig wäre, als dass seit lockeren 30 bis 40 Jahren nicht mehr geteert, sondern asphaltiert wird ...

Aber nicht in diesen Gefilden.
Die Kombination aus Teer und Splitt ist mir zwar auch lange nicht untergekommen, aber 30 Jahre ist das keinesfalls her.

VBB-RE1 Abschnitte

Alter Köpenicker, BSPF, Freitag, 17.08.2018, 07:08 (vor 2086 Tagen) @ Alibizugpaar

Und dann stand er da, der vermutlich kürzeste Kurz-RE Deutschlands.

Kurz seine Zuglänge und kurz auch sein Laufweg, denn der ist nach nur 15 Minuten in Eisenhüttenstadt schon beendet. Ja wie geht das, zumal mit der prominenten Liniennummer RE1 unterwegs. RE1, RE2, RE3 = das sind doch immer die wichtigsten Starzüge der einzelnen Bundesländer. Im Brandenburgischen steht RE1 also auch für einen Ausdruck der Bescheidenheit.

Es handelt sich dabei nur um eine Teilstrecke des RE1. Die ganze Linie führt von Magdeburg via Brandenburg(Havel), Potsdam, Berlin-Stadtbahn und Frankfurt(Oder) nach Cottbus. Viele Kurse befahren jedoch nur Teilstrecken. Die Kurse Magdeburg <> Frankfurt sowie Brandenburg <> Frankfurt bilden auf dem gemeinsam genutzten Streckenabschnitt tagsüber sogar einen 30-Minuten-Takt, der in der HVZ zwischen Potsdam und Brandenburg nochmal verdichtet wird. Aktuell wird über einen durchgehenden 20-Minuten-Takt zwischen Brandenburg und Frankfurt nachgedacht. Die komplette Linie von Magdeburg nach Cottbus und zurück fahren dagegen nur einige Umläufe.

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