Kulanz (Allgemeines Forum)

Holger_HAM, Hamm (Westfalen), Sonntag, 17.10.2010, 02:05 (vor 4943 Tagen) @ Fabian318

Hallo,

Wie ich es immer mitbekomme, wird bei der 60-Minuten-Regelung in der Tat kaum Kulanz gezeigt. (Ist eigentlich auch richtig so, denn wenn plötzlich bei 58 Minuten schon Gutscheine ausgegeben werden, kommt der nächste mit 56 Minuten "bei 58 ging's doch auch", und dann welche bei 45, 50 Minuten...)

nunja, die Kulanz soll ja dazu dienen, dass sozusagen wieder der "Frieden" zwischen Anbieter und Kunde hergestellt wird. Wenn irgendwann mal irgendein Zug 59 Minuten Verspätung hat, so dürfte das kaum diesen "Frieden" zwischen Anbieter und Kunde belasten. Also ist dann auch keine Kulanz nötig.

Aber es gibt viele Fällen, in denen das Verhältnis zwischen Anbieter und Kunde beeinträchtigt ist. Die simpelste Stufe dafür ist erst einmal die Entschuldigung. Das mag abgedroschen klingen und ist in vielen Bereichen des Lebens aus der Mode gekommen (nicht bei den Ansagen im Zug). Zum Teil wird es auch damit übertrieben. Eine Entschuldigung für zwei Minuten Verspätung ist Kappes, wird aber dauernd gemacht.

Kulanz ist in vielen Fällen "ungerecht". Aber auf Kulanz zu verzichten bedeutet gleichzeitig, dass man ein ganz wichtiges Werkzeug an die Seite legt, mit dem sich die Beziehung zwischen Kunde und Anbieter wieder stabilisieren lässt.

Die Lounge ist zum Beispiel auch so ein Element der Kundenpflege. Das wird häufig aus Kundensicht vergessen. Damit kann man auch Wartezeiten wieder gutmachen. Oder das kostenlose Getränk bei deutlichen Verspätungen. Auch das sehe ich als Kulanz an.

Wenn man Mist gebaut hat, muss man erst einmal dazu stehen und dann irgendwie schauen, dass man das wieder gerade gerückt bekommt und dazu muss ich mir anschauen, mit wem ich es zu tun habe. Zwei Leute, Kunde A und Kunde B, kommen 45 Minuten zu spät am Zielbahnhof an. Ich kann beide gleich behandeln und sagen, "Entschuldigung, sollte nicht vorkommen." und die Sache abschließen. Kunde B kann damit leben. Seine Züge sind sonst fast immer pünktlich und die Sache geht in Ordnung. Kunde A ist zerknirscht über diese Aussage. Denn er hat sich auch gestern, vorgestern und letzte Woche gehört.

Wenn man die Kunden so behandelt, behandelt man sie gleich. Aber gerecht? Da habe ich Zweifel.

Allerdings werden auch durchaus Entschädigungen bei höherer Gewalt (Personenunfälle) gezahlt bzw. bestätigte Formulare ausgegeben, habe ich schon mehrfach erlebt.

Ja, und das ist auch gut. Am Ende will man einen zufriedenen Kunden haben. Was hat man davon, wenn man da hart an den gesetzlichen Ansprüchen klebt und am Ende unzufriedene Kunden hat, die womöglich dem Unternehmen auf Grund ihrer Erfahrungen den Rücken zukehren.

Eine Grundvoraussetzung für kulantes Handeln von Mitarbeitern ist natürlich, dass man sie mit dem entsprechenden Entscheidungsspielraum ausstattet, ihre Entscheidungen akzeptiert und auch nötigenfalls verteidigt.

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Viele Grüße aus Hamm in Westfalen,
Holger
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