Zwei Thermodynamiker sammeln Verspätung im IR Traianus (4/9) (Allgemeines Forum)

Bahne aus Leidenschaft, Donnerstag, 23.01.2025, 17:19 (vor 16 Tagen)

Am Ende des letzten Teils waren wir nach quälend langsamer Fahrt aus Bukarest in Craiova: https://www.ice-treff.de/index.php?id=709925

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Tag 7: (Bukarest - ) Craiova - Orşova
Jetzt fahren wir weiter nach Orşova am Eisernen Tor. Die restliche Fahrt dauert nur noch 2,5 Stunden und der Zug holt sogar noch etwas Verspätung raus. Westlich von Craiova wird zudem auch die Aussicht interessanter. Unser Wagen dürfte ein ehemaliger deutscher Interregio-Wagen sein. Sitzbezüge wurden mal erneuert, aber die charakteristischen Klappsitze, der Sitzteiler und die Deckenverkleidung sind geblieben. So begeistert bin ich von den Sitzen nicht, aber sehr wohl von den Übersetzfenstern, wie hier wo wir vor Drobeta-Turnu-Severin ins Donautal hinunterfahren.
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Da ist die Donau. Wir werden ihr für den Rest der Fahrt folgen.
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In Drobeta-Turnu-Severin passieren wir den Rest der römischen Trajansbrücke, von der ich leider das Bild vermassle. Nach der Stadt folgt bald die Staustufe Eisernes Tor, an deren Stausee wir bis Orşova bleiben. Hier stört uns das Schneckentempo überhaupt nicht.
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Orşova hat einen mächtigen Bahnhof aber wenige Abfahrten und Reisende.
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Völlig respektlos ignoriere ich den Reisendenübergang.
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Richtung Ort steht dieser Rottenkraftwagen.
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Der Weg zum Ort führt erst entlang und dann über einen Seitenarm der aufgestauten Donau.
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Der Ort liegt sehr langgezogen am gegenüberliegenden Ufer des Seitenarms. Unser Gästezimmer liegt zum Glück nahe dem Ortseingang.
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Für die nächsten beiden Tage haben wir ein Zimmer mit Balkon und Seeblick. Die Gastgeberin bietet uns frei raus einen satten Rabatt an, wenn wir bei Booking stornieren und in bar zahlen. Sie trägt es dann in ihr „eigenes Buchungssystem ein“. Bestimmt tut sie das …
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Am Südufer liegt Serbien.
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Von unserem Balkon können wir den Bahnhof mit seinem charakteristischen Turm sehen. Was sich darin versteckt, konnte ich nicht wirklich herausfinden. Nach einem Stellwerk sah er mir nicht aus. Viel Bahnverkehr können wir leider nicht beobachten.
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Wenn wir schon an der Donau sind, wollen wir heute Fisch essen. Leichte Kost ist die gemischte Fischplatte für zwei mit unter anderem Karpfen nicht, aber lecker.
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Tag 8: Nationalpark Eisernes Tor
Am nächsten Morgen können wir in Ruhe den Sonnenaufgang über Stausee und Bahnhof beobachten.
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Unsere Vermieterin hatte uns am Vorabend einen Bekannten für eine Bootsfahrt am heutigen Vormittag empfohlen und bei ihm telefonisch angefragt. Er werde sich heute rechtzeitig bei uns zurückmelden, wenn er wisse, ob er genug Leute für eine Fahrt zusammenbekomme. Vermutlich ihr Cousin oder Schwager, aber bis jetzt fühlten wir uns von ihr nicht übers Ohr gehauen, weshalb wir gerne zusagen. Eilig haben wir es heute schließlich nicht und wegen des morgendlichen Nebels über der Donau war er unabhängig davon nicht schlecht, etwas zu warten.
Die Freizeit nutze ich, um den relativ pünktlichen Vormittagszug aus Arad zu fotografieren, was für heute das letzte Bild mit Bahnbezug bleiben wird. Die Bahnstrecke verlässt hier entlang die Donau in Richtung Norden durch das Cerna-Tal.
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Natürlich ausgerechnet in diesem Moment ruft Adrian von der Bootstour an und muss uns leider absagen. Halb so schlimm entlang des Ufers gibt es viel Konkurrenz, wo wir sicherlich fündig werden.
Eine Altstadt gibt es in Orşova nicht mehr. Diese liegt seit über 50 Jahren auf dem Grund des Stausees. Bis 1918 war Orşova der österreich-ungarische Grenzort zu Rumänien, was bedeutet, dass wir schon im Banat und nicht mehr in der Walachei sind. Etwas flussabwärts lag die Insel Ada Kaleh, die kurioserweise bis zum 1. Weltkrieg osmanisch blieb, weil sie 1878 bei der Grenzziehung zwischen Österreich-Ungarn, Rumänien und Serbien schlicht vergessen wurden. Bis zu ihrer Überflutung lebte hier eine überwiegend türkische Bevölkerung, die dann Richtung Schwarzmeerküste in die Dobrudscha oder die Türkei umgesiedelt wurde bzw. ausgewandert ist. In den letzten Jahren waren die Inselbewohner wegen der Grenzlage am Eisernen Vorhang zu Jugoslawien steigenden Repressionen durch die rumänische Regierung ausgesetzt.
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Offensichtlich wurde wir fündig bei unserer Suche nach einer Bootstour. Wieder Mal war zufälligerweise das Kartenlesegerät kaputt, was nervig war, weil wir gestern Abend schon für die Unterkunft unsere meisten Lei losgeworden sind, jedoch wurden wir zuvorkommend zum nahegelegenen Bankautomat chauffiert.
Erste Attraktion ist die Tabula Traiana am serbischen Ufer, die an die Anlegung einer Straße durch den namensgebenden römischen Kaiser erinnert. Bis zum Bau der Staustufe waren die Stromschnellen hier am Eisernen Tor ein gefährliches Hindernis für die Schifffahrt. Obwohl die Donau „nur“ um durchschnittlich 27 m aufgestaut wird ist sie an ihrer tiefsten Stelle über 120 m tief, was ich für einen Fluss immens finde. An den tiefsten Stellen liegt der Flussboden damit signifikant unter Meeresniveau.
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Wir sind mit knapp 10 weiteren Gästen auf einem Boot mit Außenborder. Auf Nachfrage dürfen wir uns vor dem Kapitän vorne auf dem Bug räkeln. Beste Aussicht, aber bei Vollspeed ganz schön zugig. Gut 20 km brettern wir flussaufwärts und danach wieder zurück.
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Jonas bereut es kein bisschen, noch mit ans Eiserne Tor gekommen zu sein.
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Auch ich freue mich auf die Fahrt, da noch ohne Jacke, was ich aber wegen des Fahrtwindes bei der ersten Pause schnell ändere. Es ist zwar warm für Mitte Oktober, aber doch nicht so warm.
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Das Felsrelief des antiken Dakerkönigs und Gegenspieler Kaiser Trajans Decebal ist neuer als man meinen könnte. Sie ist erst gut 20 Jahre alt und wurde von einem Privatmann in Auftrag gegeben.
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Dann kommt ein Frachtschiff. Wie schon vor zwei Jahren in Ruse haben wir abgesehen von diesem nicht viele Frachtschiffe gesehen. Vom heimischen Rhein bei Karlsruher sind wir eine deutlich höhere Frequenz gewöhnt.
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Zu Beginn des Rückwegs fahren wir ziemlich weit in den Eingang einer Höhle.
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Wir fahren weiter, bis wir leicht unten aufsetzen. Unser Kapitän wird doch hoffentlich wissen, was er tut. Jonas scheint daran gerade zu zweifeln.
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Ja, er wusste natürlich, was er tut. Generell sind wir begeistert von unserem Kapitän, der uns als einzigen ausländischen Gästen alle Infos nochmal ausführlich auf Englisch gibt. Diese zum Teil überschwemmte Tafel auf der rumänischen, ehemals habsburgischen Seite, erinnert an die in Ungarn sehr populäre Kaiserin Sissi, auf Ungarisch Erszébet.
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Zurück geht es fast nonstop. Kurz vor Orşova kommen wir an dieser waghalsigen Brückenkonstruktion vorbei, die laut unserem Kapitän von der Grenzschutzpolizei angelegt wurde. Stolz erzählt der Kapitän, dass vor 1989 die Menschen aus Rumänien über die Donau geflohen sind, jetzt aber die Fluchtrichtung sich umgekehrt habe. Er erklärt uns, dass deshalb ein deutsches Frontex-Boot in Orşova stationiert ist.
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Alles in allem war es eine sehr lohnenswerte Fahrt und mit über 2,5 Stunden sogar länger als ursprünglich angekündigt. Am frühen Nachmittag ist damit unser Tagesprogramm beendet. Theoretisch hätten wir heute Abend noch weiter nach Timişoara fahren, aber die Fahrt im Dunkeln durch die Karpaten und die späte Ankunft in Timişoara begeistern mich nicht so sehr, während Jonas an Timişoara generell nicht so viel Interesse zeigt. Warum also nicht einen entspannten Nachmittag und Abend bei Kaiserwetter and er Donau verbringen, wobei der Ort selbst wenig Sehenswürdigkeiten hat. Wir folgen am Nachmittag dem Ufer Richtung Süden, wo dieses Panoramabild der Stadt entsteht. Rechts ist wieder der Bahnhofsturm zu sehen, unsere Unterkunft ist circa in Bildmitte links der Straßenbrücke.
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Richtung Osten ist der Stausee mit den Brücken von Straße und Bahnstrecke Richtung Drobeta-Turnu-Severin zu sehen, auf der wir gestern kamen, rechts das serbische Ufer.
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Diese fast bezugsfertige Immobilie in Toplage ist vermutlich günstig zu erwerben.
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Dann lassen wir den letzten Tag unserer gemeinsamen Reise auf unserem Balkon und im Restaurant von gestern ausklingen. Jonas‘ Urlaub neigt sich nämlich dem Ende zu, während ich noch ein paar Tage mehr Zeit habe.

Tag 9: Orşova ( - Timişoara)
Heute verlassen wir Orşova in Richtung Timisoara mit dem Traianus, nach dem Muntenia um halb vier Uhr nachts der nächste Zug in diese Richtung. Da dieser erst kurz vor der Mittagsstunde abfährt, können wir aber trotzdem den Morgen entspannt angehen. Wie gestern starte ich mit einem Bild vom Sonnenaufgang über der Donau.
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Unsere Bäckerei liegt am Ortsausgang an der Nationalstraße.
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Unser Zug, der Traianus, soll um 11.42 Uhr fahren, sammelt bis Craiova aber wenig überraschend fleißig Verspätung, sogar gut 100 Minuten. Mangels späterer Alternativen wollen wir uns darauf aber nicht komplett verlassen und sind schon kurz vor halb Eins am Bahnhof. Mein Ticket und die Reservierung für Jonas sind trotz freundlicher Unterhaltung mit der Bahnangestellten schnell erledigt. Sie freut sich sichtlich über ein wenig Kundschaft, erst recht über so exotische. Bleibt also noch eine gute Stunde Wartezeit in der milden Oktobersonne, die auch die Bahnhofshunde genießen. Perfekt wäre jetzt ein Biergarten am Bahnhof.
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Von meiner Gesellschaft fühlen sie sich eher belästigt und eine Hündin verzieht sich unter lautstarkem Protest in gemütlicher Geschwindigkeit über das komplette Gleisfeld. Großes Risiko für Leib und Leben dürfte dabei nicht bestehen.
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Der Regionalzug aus Caransebes steht seine 4 Stunden Mittagspause ab, bevor er nach Timişoara zurückfahren wird. Ob es nicht möglich wäre, ihn in dieser Pause bis zum deutlichen größeren Drobeta-Turnu-Severin zu verlängern, anstatt ihn hier mitten im Nirgendwo enden zu lassen. Vermutlich ist die auch rumänische Bahn hier an der Grenze zwischen Banat und Walachei Opfer vom aus Deutschland oder Frankreich wohlbekannten Problem der Bundesländer- bzw. Regionengrenze im Nahverkehr. Zuglok ist im Gegensatz zu den omnipräsenten Sechsachsern von Electroputere ein vierachsiges jugoslawisches Fabrikat.
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Hängt an anderen Bahnhof ein Rauchverbotsschild, steht am Sockel des Turms diese ungewöhnliche Anschrift: Loc de fumat – Platz des Rauchens. Besonders offiziell dürfte die Anschrift nicht sein.
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Jonas fühlt sich durch die Bahnhofs“streuner“ etwas gestört, aber eigentlich sehen sie relativ gepflegt aus, weshalb ich schon vermute, dass das Bahnhofspersonal sich um sie kümmert. Am Kiosk finde ich dann ihr Zuhause.
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Nach einer entschleunigenden Stunde kommt endlich der Traianus, unser letzter gemeinsamer Zug. Auf die Fahrt mit ihm müsst ihr aber bis zum nächsten Teil warten.


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