Im Schlafwagen an die Adria – oder auch nicht (5/6) (Reiseberichte)

Bahne aus Leidenschaft, Sonntag, 10.11.2024, 19:41 (vor 404 Tagen)

Im letzten Teil habe ich morgens in aller Frühe Postojna Richtung Koper verlassen: https://www.ice-treff.de/index.php?id=707034 Nach einer kurzen Busfahrt soll es jetzt mit dem EC wieder zurück nach Slowenien gehen.

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Tag 6: (Postojna – Koper –) Trieste – Görz
Am Bahnhof lese ich, dass der „Sonderzug“ nach Wien im SEV verkehrt. Na toll …
In dem Moment kommt schießt eine Gruppe österreichischer Radfahrer an mir vorbei Richtung Gleis und meint, da sei der Zug. Als ich ihnen folge, steht dort tatsächlich der EC. Der ÖBB-Zugchef, der kein Deutsch spricht (!), erklärt, die Lok sei kaputt. Auf meine Frage, ob der Bus in Sežana halte, bekomme ich die Antwort, dass nur bis zum ersten Zwischenhalt Villa Opicina SEV sei und dort in den Zug umgestiegen werden könne. Dann beginnt er, die Räder in den Packwagen einzuladen. Mit Blick auf die Lok beginnt mir die Lösung des Rätsels zu dämmern: Der planmäßige Taurus ist wohl defekt, stattdessen fährt ein Vectron von ÖBB Cargo, die vermutlich über keine Personenzugausrüstung verfügt. Deshalb verkehrt der Zug leer ohne Fahrgäste. In Villa Opicina wird planmäßig auf eine slowenische Lok gewechselt. Nervös werde ich bei der ganzen Sache nicht, da ich in Sežana über eine halbe Minute Umsteigezeit habe und der Fahrplan recht entspannt wirkt.
Das nächste Bild ist also aus dem Bus. Immerhin sehe ich so neue Ecken von Triest. Mit dem Zug bin ich schon 2022 gefahren. Dieser monströse Trümmer von einem Universitätsgebäude muss aus faschistischer Zeit stammen.
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Von der Straße bietet sich eine sehr beeindruckende Aussicht auf die Stadt, ganz anders als von der Bahnstrecke. Ob die Fahrt im Bus über die Serpentinen weniger riskant ist, als gut eine halbe Stunde im Zug ohne Stromversorgung sei mal dahingestellt.
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Koper liegt in einer Bucht hinter der vorgelagerten Landzunge. Dahinter beginnt Istrien.
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Netter Nebeneffekt der Busfahrt ist, dass ich das obere Ende der bekannten Straßenbahn und den Betriebshof zu sehen bekomme.
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Bei Ankunft am Bahnhof Villa Opicina ist noch kein Zug da. Um die Höhendifferenz auf den Karst zu überwinden, muss er eine sehr lange Schleife fahren. Nach kurzer Wartezeit kommt der Vectron mit seinen drei Wägelchen angeschossen.

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Ich fahre jetzt zum zweiten Mal von Triest nach Slowenien, beide Male offiziell ohne Umstieg, beide Male in Realität mit Umstieg hier am Grenzbahnhof. 2022 im Regionalzug war es von einem italienischen auf einen slowenischen Triebwagen. Ob ich es irgendwann mal ohne Umstieg schaffen werde?
Nachdem die slowenische Lok angekuppelt wird, wird es Zeit einzusteigen.
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Die Temperatur im Wagen legt nahe, dass die Zugsammelschiene bis eben ohne Spannung war und die Klimaanlage erst jetzt zu arbeiten beginnt. Die Wirkung werde ich aber nicht mehr mitbekommen. Nach planmäßig 11 Minuten ist meine Fahrt schon wieder beendet. Der EC wird bis Wien noch über 8 Stunden unterwegs sein.
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Sieht zwar aus, wie der Netzplan eines mittelgroßen deutschen Verkehrsverbundes, ist aber das komplette Bahnnetz Sloweniens.
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Mein Anschlusszug, ein Fiat-Triebwagen, nach Nova Gorica steht schon bereit.
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Vor der Abfahrt muss aber noch der Anschluss aus Ljubljana in Form eines Desiros abgewartet werden.
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Nach einigen Kilometern auf einer Nachkriegsneubaustrecke zur Umgehung des nun italienischen Bahnknotens Villa Opicina führt die Fahrt über die österreichische Karstbahn. Unverkennbar waren die meisten Bahnhöfe an der Strecke einmal Kreuzungsbahnhöfe.
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Wie schön die Karstbahn ist, hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Sie überrascht mir sehr positiv. Hier werden Ort und Burg Štanjel passiert.

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Etwas später folgen Ort und Burg Branik.

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Vor dem Bahnhof Nova Gorica wird das Franziskanerkloster, wo ich nachher noch hoch möchte, mit einem Tunnel unterquert.

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Der Bahnhof Nova Gorica ist eine Großbaustelle. Die Doppelstadt Gorizia/Nova Gorica putzt sich aktuell für das kommende Jahr 2025 als europäische Kulturhauptstadt heraus.

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Das gängige Bild mit der Grenze über den Bahnhofsvorplatz, das ich aus anderen Reiseberichten im Kopf habe, ist deshalb aktuell nicht möglich.
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Auf dem Bauzaun wird ein historisches Bild mit der schon lange stillgelegten Tram gezeigt.
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Görz wurde nach 1945 in die italienische Altstadt Gorizia und einen slowenisch-jugoslawischen Teil beginnend mit der Bahnlinie nd dem Bahnhof getrennt. Hier wurde nach dem Krieg Nova Gorica als Planstadt gebaut. Aus Gründen der Einfachheit werde ich deshalb einfach den historischen deutschen Namen Görz für beide Seiten verwenden.
Völlig überraschend, aber unüberhörbar kommt ein Güterzug aus Richtung Norden eingefahren.
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Anstatt eine halbe Stunde auf den Anschluss zu warten, wäre ich zu Fuß vermutlich schneller in meinem Hostel gewesen, aber die eine Station Bahnstrecke will ich nicht verpassen. Nach Jesenice verkehrt ein neuer WINK von Stadler. Dieser wirkt auf mich zwar sehr ansprechend, aber ein alter Fiat mit Übersetzfenstern wäre mir morgen für die Weiterfahrt lieber.
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Vom Haltepunkt Solkan ist es nicht weit zur Straßenbrücke über den Isonzo, von wo aus Solkan und dahinter Görz zu sehen ist.
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Deutlich interessanter ist aber die andere Richtung, wo der Gegenzug aus Jesenice die bekannte Solkanbrücke überquert.
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Hier um Görz tobte bei den 12 Isonzoschlachten im 1. Weltkrieg die Alpenfront zwischen Österreich und Italien am heftigsten. Auch die erst wenige Jahre alte Bahnbrücke wurde von den Österreichern bei einem zwischenzeitlichen Rückzug gesprengt. Nach dem Krieg bauten die Italiener sie nach den Originalplänen als größte gemauerte Steinbogenbrücke der Welt wieder auf. Um Görz gibt es mindestens zwei monumentale Kriegsgräberstätten aus der Mussolini-Zeit. Eine davon ist aus der Stadt zu sehen.
Hier verlässt der Zug gerade den Haltepunkt Solkan.
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Mein Hostel liegt nahe der Bahnstrecke. Als ich gerade aus der Dusche komme, sehe ich im Augenwinkel einen recht luxuriösen Nostalgiezug vorbeifahren. Zumindest meine ich das erkennen zu können. Leider ist er, als ich später am Bahnhof Nova Gorica ankomme, schon weitergefahren.
Dafür entdecke ich hinter dem Bahnhof dieses Möbelhaus in einem ehemaligen Ringlokschuppen.
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Die zweite Tunnelröhre unter dem Franziskanerkloster wurde recht frisch zum Radweg umgebaut.
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1836 starb bei einem Besuch hier in Görz der letzte König von Frankreich Karl X. 6 Jahre nach seiner Abdankung. Deshalb liegen hier im Franziskanerkloster liegen er und seine Familie: sein Sohn der letzte Dauphin Ludwig (XIX.), dessen Ehefrau die Tochter des unglücklichen Königspaars Ludwig XVI. und Marie-Antoinette (und damit auch direkte Cousine ihres Gatten), die zweite Schwiegertochter und deren Sohn, der Enkel und letzte Vertreter der Hauptlinie der Bourbonen Heinrich (V.). Leider hat die Gruft nur sehr kurze Öffnungszeiten und ist jetzt schon geschlossen. Von hier oben bietet sich aber auch eine schöne Aussicht auf den Bahnhof und die dahinter beginnenden Berge. Über der Stadt, gut sichtbar aus Italien, prangt noch heute der Schriftzug „Tito“. Wie gegenwärtig Tito unter anderem bei nach ihm benannten Plätzen im Stadtzentrum der Marschall hier in Kroatien und Slowenien noch ist, hätte ich nicht erwartet.
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Auf der anderen Seite ist die Burg von Görz zu sehen.
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Später in Gorizia werde ich dann von einem kräftigen Gewitterschau überrascht, was mir wertvolle Zeit vor Sonnenuntergang nimmt. Aus der Altstadt folgt deshalb nur noch das Bild des Kreuzgangs, wo ich zum Abendessen einkehre. Es gibt Nudeln al Ragù und Tiramisu.
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Die Wirtin ist verhalten optimistisch auf mehr Besucher im kommenden Jahr als Kulturhauptstadt, erzählt aber, dass für den großen Besucheransturm von viele Betten fehlen. Zudem sei die slowenische Seite engagierter bei den Investitionen. Die zahlreichen Baustellen waren mir aufgefallen. Mein nagelneues Hostel, an dem noch gearbeitet wird, liegt passend dazu auch in Slowenien. Dorthin fahre ich dann auch wieder in s Bett. Morgen will ich wieder zeitig aus dem Bett. Morgen soll es dann über die Wocheinerbahn wieder nach Deutschland zurückgehen. 


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