Mit dem Freundschaftspass zum Pajares-Pass (15/15) (Reiseberichte)
Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei, sogar dieser Reisebericht. Vielen Dank an alle, die die Ausdauer hatten, bis zum Ende durchzuhalten. Im letzten Teil habe ich meine letzte Unterkunft in Lille erreicht und über die Grenze nach Belgien geschaut: https://www.ice-treff.de/index.php?id=701599
In diesem abschließenden Teil folgt ein weiterer Tagesausflug ins französische Umland. Zuletzt folgt die umwegige Heimreise mit flotten Regionalzügen und einem TGV.
Tag 28: Lille – Dunkerque – Bergues – Arras – Lille
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Trotz ziemlich gesalzener Tarife im Nahverkehr will ich heute ein wenig die französische Seite Flanderns erkunden. Am vorletzten Urlaubstag kann man sich ja nochmal was gönnen. Los geht es wie gestern in Lille-Flandres.
Nach Hirson fährt eine Nez Cassé mit Doppelstockwägen. Die fände ich auch mal spannend. Nach einem Gang durch die Wägen mit angelaufenen Scheiben und 2+3-Bestuhlung ist mir die Lust aber vergangen. Die Strecke nach Hirson würde sich eigentlich für die Heimfahrt anbieten, führt sie doch direkt entlang der belgischen Grenze Richtung Lothringen und der deutschen Grenze. Leider ist der Fahrplan dafür gänzlich unbrauchbar, die Strecke an einem Tag nicht machbar und dann noch auf einem Teilstück Bus-SEV.
Das Wetter während der Fahrt ist wenig fotogen. Somit folgt das nächste Bild schon aus Dunkerque.
Wie viele Städte an der Atlantikküste wurde Dunkerque im 2. Weltkrieg zu großen Teilen zerstört. Heute hat die Stadt einen der wichtigsten Handelshäfen Frankreichs. Da das Wetter wechselhaft ist, besuche ich auf Empfehlung der Tourist-Info den historischen Zuckerspeicher. Der wird heute für Ausstellungen genutzt und bietet eine Aussichtsplattform, bei Regen auch eine überdachte.
Nachdem ich am Wochenende mit Brest schon am westlichsten Bahnhof Frankreichs, bin ich jetzt auch am nördlichsten. Am östlichsten von Festlandfrankreich, Lauterbourg bei Karlsruhe, war ich natürlich schon mehrmals. Für den französischen „Zipfelbund“ fehlt mir damit nur noch der südlichste, vermutlich Cerbère. Bezieht man auch Korsika mit ein müssten sowohl der östlichste als auch der südlichste dort liegen.
Mein nächster Zug ist der AGC im Vordergrund, der TGV im Hintergrund fährt eine halbe Stunde später als TERGV nach Lille-Europe.
Schon nach unter 10 Minuten ist meine Fahrt in Bergues wieder beendet.
Gegenüber des Bahnhofs erwartet den ankommenden Reisenden direkt das Stadtor mit der flämischen Flagge.
Viele von euch dürften den sehr unterhaltsamen Film „Willkommen bei den Sch’tis“ gesehen haben, in dem ein Postbeamter aus der Provence strafversetzt wird in den hohen Norden nach Bergues. Ich finde ihn super und somit ist es mir eine Freude einige Schauplätze zu besuchen. Ganz prominent im Film ist der Belfried vertreten, auf dem der einheimische Kollege von der Post Carillonneur ist, also das Glockenspiel spielt.
Groß ist die Altstadt nicht. Vom zweiten Stadtor ist der Belfried noch in Sicht.
Das Wetter hält überraschend gut, womit ich viele Bilder mit blauem Himmel bieten kann. Hinter der Altstadt liegt eine Klosterruine.
Dann ist es Zeit für eine Mittagspause. Diese erfolgt natürlich wie im Film in der Baraque aux Frites, der Frittenbaracke.
Für einen Imbiss ist das Speisenangebot ziemlich reichhaltig und auch je nach Gericht auch gar nicht so billig. Statt der im Film gefürchteten Frikandel nehme ich Potjevleesch, verschiedene Fleischsorten in Aspik, natürlich mit Fritten.
Danach bleibt mir noch etwas Zeit, die ich nutze, um auf den Belfried zu steigen. Dieser wurde im 2. Weltkrieg von der Wehrmacht gesprengt und nach dem Krieg wieder aufgebaut.
Unten links liegt das örtliche Postamt, in dem die Hauptdarsteller des Films arbeiten.
Anstatt auf dem direkten Weg nach Lille zurück fahre ich noch einen Umweg über Arras. Bis Hazebrouck ist der Weg aber noch der gleiche wie auf dem Hinweg. So flach wie erwartet ist die Landschaft hier gar nicht. Cassel liegt sogar richtig auf einem Hügel.
Arras hat zwei riesige Plätze in der Innenstadt. Die Innenstadt wurde im 1. Weltkrieg gründlich zerstört und danach wieder rekonstruiert.
Auch das Rathaus mit dem Belfried war zerstört.
Mit einem Alstom Coradia Duplex aus Amiens fahre ich nach Lille-Flandres zurück.
Eigentlich war ich heute Mittag schon essen. Gestern Abend habe ich am Nachbartisch eine dekadente Leckerei von der Wochenkarte entdeckt, die ich mir ungern entgehen lassen will. Am letzten Abend im Urlaub, kann man auch nochmal essen gehen. Das Entrecôte à la Normande wird als Garnitur mit einem Markknochen au four garniert. Die normannische Sauce, eine Arte Mayonnaise mit Apfel, überzeugt mich nicht so besonders, das Gesamtkonzept dagegen sehr.
Tag 29: Lille – Boulogne – Amiens – Paris – Karlsruhe
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Nach fast genau einem Monat wird es Zeit, die Heimreise anzutreten. Heute ist der vorletzte Gültigkeitstag meines Freundschaftspasses und in einigen Tagen muss beginnt meine neue Arbeit. Die kürzeste Strecke im Nahverkehr über Hirson ist leider nicht praktikabel, über Belgien gilt mein Pass nicht, also geht es über Paris, jedoch nicht auf dem direkten Weg.
Mein TER nach Boulogne fährt erst kurz vor 10 Uhr. Ganz schön spät für einen Interrail-Reisetag. Wegen des inzwischen recht späten Sonnenaufgangs aber auch zu spät für einen richtigen Ausflug davor. Am Vorabend habe ich mit eine kleinen Fahrt ausgedacht, um noch ein Stück neue Bahnstrecke und vor allem eine neue Baureihe zu sammeln. Dazu starte ich nicht wie an den Vortagen in Lille-Flandres sondern im Süden der Jugendherberge am Haltepunkt Porte de Douai und fahre mit einem Coradia Duplex fünf Stationen Richtung Béthune nach Wavrin. Der Gegenzug nach Lille zurück soll laut der Website der TER Hauts-de-France ein TER 2N PG, der zweiteilige Vorgänger des Coradia Duplex sein. Mit einem solchen zu fahren, hatte keine große Priorität für mich, aber wenn sich so einfach die Chance bietet, sage ich nicht nein.
Tatsächlich kommt der Zug nach Lille wie angekündigt als Vertreter dieser Baureihe.
Von innen ist er wenig spektakulär und unterscheidet sich auf den ersten Blick kaum vom Coradia Duplex.
In Lille muss ich vom Bahnhof Flandres zu Europe wechseln. Mein TER nach Boulogne ist nämlich kein normaler, sondern ein TERGV. Nahverkehr auf Schnellfahrstrecken kennt man ja in Deutschland von mehreren Strecken, jedoch mit maximal 200 km/h. Die Region Hauts-de-France gönnt sich auf der LGV Nord dagegen Nahverkehr mit TGV-Triebzügen und 300 km/h. Auf mich wartet ein TGV POS, direkt die nächste neue Baureihe für mich.
In der Zeit, als diese nach Deutschland fuhren, bin ich nie mit ihnen gefahren. Die erste Bahnfahrt nach Paris, noch als Kind, war noch mit dem Eurocity, die Französisch-Kursfahrt in der Oberstufe mit dem ICE und bei der nächsten Fahrt nach Paris fuhren schon die Euroduplex nach Deutschland.
Innen weist wenig darauf hin, dass ich in einem TER bin. Das TGV-Wlan funktioniert und die Ausstattung ist die eines normalen TGV. Die Leistung von Lille nach Boulogne dürfte einfach die Überführung des Triebzugs nach Boulogne dienen, der dann nach 50 Minuten als TGV zurück und weiter nach Paris fährt.
Mit 300 km/h brettert der Nahverkehrszug durch den Norden. Hier queren wir den Kanal von Dunkerque ins Hinterland.
In Calais-Fréthun machen wir kurz vor dem Eurotunnel Kopf und verlassen die LGV.
Ich kann heute entweder eine Pause in Boulogne oder in Amiens machen. Beides wird mir nachher in Paris zu knapp. In Amiens war ich zwar schon, aber nach vorheriger Recherche und wegen der Wetterprognose wäre es trotzdem mein Favorit. Dafür muss ich aber einen 4-min-Umstieg in Boulogne schaffen. Ein längerer Halt vor dem Einfahrtsignal zum Bahnhof nimmt mir fast die Entscheidung ab, aber der Umstieg gelingt mir noch gerade so. Bei der Fahrt über den örtlichen Fluss von Boulogne bin ich schon in dem Régiolis nach Amiens.
Weitere Bilder von der Strecke bei dem trüben Wetter erspare ich euch. Der Bahnhof Amiens ist ähnlich wie Stralsund eine Mischung aus einigen Durchgangsgleisen und zahlreichen Kopfgleisen. Ich komme auf einem der Durchgangsgleise an. Der Bahnhof wurde nach Zerstörung des Vorgängers im 2. Weltkrieg in den 50er-Jahren wieder aufgebaut. Das Hochhaus, das ich zuerst für den Uhrturm des Bahnhofs halte, liegt zwar schon auf der anderen Straßenseite, wurde aber als Teil des Bahnhofsensembles gebaut.
Vor dem Bahnhof soll ein großes Denkmal oder Kunstwerk (?) aus Bronze für den bekanntesten Sohn der Stadt Jules Verne errichtet werden. Die Oktopustentakel nehmen Bezug auf seinen beliebten Roman 20.000 Meilen unter dem Meer.
Unumstrittene Hauptattraktion der Stadt ist die ungekrönte Königin der gotischen Kathedralen Frankreichs.
Das Mittelschiff ist sagenhafte 42,30 m hoch und damit das höchste Frankreichs. Höher ist nur der Chor der Kathedrale der Konkurrenz im nahegelegenen Beauvais. Diese wurde aber nach dem teilweisen Einsturz nie vollendet.
Das Portal wartet mit reichem Figurenschmuck auf.
Da hier tatsächlich die Sonne scheint, kann ich mich zum Mittagessen ins Freie setzen. Ich bestelle eine Ficelle picard, wie mich der Kellner aufklärt die lokale Spazialität: ein mit Kochschinken gerollter Pfannkuchen in Sahnesauce und mit Käse überbacken, keine leichte Kost.
Nach Paris verkehrt ein ziemlich neuer OMNEO der Region Hauts-de-France. Die Ausstatttung kann sich meiner Meinung nach sehen lassen.
Kurz nach Abfahrt durchfahren wir die weitläufigen Gleisanlagen von Longeau. Hier treffen die Gleise aus Amiens auf die frühere Magistrale von Paris nach Lille.
Bei Chantilly führt die Strecke über eine hohe Brücke. Das Schloss Chantilly ist leider nicht zu sehen.
Um 16 Uhr erreiche ich dann den Gare du Nord. Dort verkehren noch einige lokbespannte Züge mit Nez Cassés.
Da alle Verbindungen funktioniert haben, habe ich jetzt noch fast zwei Stunden bis zur Abfahrt meines TGV nach Karlsruhe; für den kurzen Fußweg zum Gare de l’Est viel zu lange. Das nutze ich für einen Abstecher zum nahegelegen Hügel von Montmarte.
Mit diesem Bild will ich meinen Bericht beenden. Die Rückfahrt ist wenig spektakulär im Untergeschoß eines TGV Duplex. Am Freitagabend ist dieser sehr voll und eigentlich hätte ich nur einen Gangplatz gehabt. Schließlich ergattere ich doch einen Fensterplatz, aber da bald nach Abfahrt die Sonne untergeht, wäre das auch nicht tragisch gewesen.
Die Bilanz meines Urlaubs für alle Zahlenfreunde: 7.200 km in Frankreich, 1.961 km in Spanien, 135 km in Belgien und 85 km in der Schweiz. In Frankreich sollte ich damit zusammen mit Strecken, die ich schon früher befahren habe, knapp über die Hälfte des im Personenverkehr betriebenen Bahnnetzes befahren haben. Bis auf die Normandie und Korsika bin ich durch alle Regionen Frankreichs gefahren, durch Auvergne-Rhône-Alpes nur schlafend im Nachtzug. Betrachtet man die alten Regionen von vor 2016, dann blieb auch die Auvergne ohne Besuch. Dabei bin ich durch 60 von 94 Départements auf dem Festland gekommen.
Ich hoffe der Bericht hat euch wieder gefallen. Solch ein „monumentaler“ Bericht wie dieser oder mein erster über Südosteuropa dürfte so schnell nicht mehr folgen, da ich in Zukunft als Teil der werkstätigen Bevölkerung nicht mehr einfach so einen Monat verreisen kann. Für die nächsten kleineren Reiseberichte ist der Stoff aber schon gesammelt.
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