Abenteuertrip mit 1021 gestern (Allgemeines Forum)

Hamburger2015, Freitag, 28.06.2024, 09:57 (vor 264 Tagen)
bearbeitet von Hamburger2015, Freitag, 28.06.2024, 10:00

Irgendwann muss man als DB-Vielnutzer wohl einfach mal das Glück haben, in ein Unwetter zu geraten. Mich hat's gestern im 1021 (Hamburg -> Köln) erwischt.

Es ging schon gut los: Wegen einer Signalstörung standen wir 3 Minuten nach der Abfahrt minutenlang am Abzw Rainweg und schlichen die weitere Strecke bis Hamburg Hauptbahnhof, so dass wir nach 6 Kilometern die ersten 40 Minuten Verspätung hatten. Kaum waren wir aus dem Hauptbahnhof (mit +50) raus, brach das Gewitter über Hamburg herein, das sich schon seit Stunden ankündigte. Gut für die Fahrgäste der 1. Klasse, die so aus dem Bordrestaurant-Exil wieder in ihre Wagen mit ausgefallener Klimatisierung kamen. Wir rollten bis 120-130 Sachen durch Harburg und weiter bis Sprötze.

Dort war Schluss. Der Bahnhof Tostedt stehe unter Wasser, hieß es. Draußen regnete es, aber raus konnte eh keiner - der Bahnsteig ist zu kurz. Nach 30 Minuten war der kommunizierte Plan, nach Buchholz zurück zu fahren, dort in das Außengleis (wir standen in Sprötze im Mittelgleis) zu wechseln und auf diesem Außengleis via Buchholz nach NRW zu fahren. Denn das Außengleis sei noch passierbar in Tostedt.

Ees dauerte weitere 20-30 Minuten, bis der Zug sich tatsächlich rückwärts in Schrittgeschwindigkeit in Bewegung setzte. Gegen 18.30 Uhr waren wir kurz vor Buchholz und der Zug stoppte abrupt. 10 Minuten später war der Zug ohne Strom und damit klar, dass es länger dauern würde. Der ICE 1 hat ein interessantes Notstromkonzept: die LCD-Displays im Eingangsbereich liefen weiter, aber selbst eine Lüftung gibt es ohne Strom nicht. So wurde es schnell stickig. Das Zugpersonal bemühte sich um eine Vollsperrung der Nachbargleise, ohne die die Türen selbst zur Lüftung nicht geöffnet werden durften. Das dauerte 20-30 Minuten. In der Zwischenzeit gab die Bordgastronomie den Rest ihres Getränkebestands aus, der sich auf "heiße" und "warme" Getränke beschränkte. Die Kühlung war schon in Hamburg defekt.

Zunächst hieß es, dass jede geöffnete Tür mit DB-Personal besetzt werden müsse. Das wären maximal 4 Türen gewesen. Mehr Personale waren offenbar nicht auf dem Zug. Ohne die spontan als Türsteher engagierten mitreisenden Bundeswehr-Soldaten wäre das ein Fiasko geworden, so konnten halbwegs genug Türen für die Frischluftversorgung aufgemacht werden.

Nach 1 h in der Lage kam die erste Info, dass das Notfallmanagement komme. Man versuche, den Zug wieder mit Strom zu versorgen, so dass man noch die 1,5 km zum Bahnhof Buchholz komme. Dort stünden "fünf Reisebusse" für die Weiterfahrt bereit. Für den Alternativplan seien zwei Dieselloks zum Abschleppen bestellt. Mir wurde spätestens jetzt klar, dass die Fahrt gelaufen war. In der folgenden Stunde tauchten mehrere Streifen der Bundespolizei und zwei Notfallmanager auf, die den Zug im Nachbargleisbett außen von vorn nach hinten und von hinten nach vorn abliefen. Die Türen gingen zu, es wurde stickig, nach 20 Minuten hatte der Zug wieder Strom. Wohl der Best Case. Langsam rollten wir nach Buchholz, mittlerweile war es 21 Uhr. Die Fahrgäste nach NRW wurden auf die Ersatzbusse verwiesen, die vom Bahnhofsvorplatz nach Bremen fahren sollten. Ich blieb am Bahnsteig, denn der 1021 sollte irgendwann noch nach Hamburg weiter fahren. Ich hatte mir schon ausgerechnet, dass man NRW kaum vor Mitternacht noch erreichen würde.

20 Bahnsteig-Minuten später wurde es wieder voll. Es stellte sich offenbar heraus, dass die dem Zugpersonal zugesagten Ersatzbusse, eh, gar nicht da waren. Es standen nur Ersatzbusse nach Lauenbrück in Buchholz. Neuer Plan also: alle Fahrgäste wieder in den 1021, zurück nach Hamburg Hbf, dort in den 921. Nachdem wir irgendwann gegen 21.40 Uhr den bis dahin fehlenden Fahrplan bekommen hatten, setzte sich der Zug auch tatsächlich in Bewegung. Mit 100 km/h Spitze ging es reibungslos via Harburg bis zur Einfahrt Hbf. Da standen wir weitere 20 Minuten. Offenbar liefen wir im DB-System als "Leerzug" und wären fast am (bahnsteiglosen) Gleis 9/10 in Hamburg Hbf. gelandet, was noch rechtzeitig auffiel und geändert werden musste.

Schlag 22.40 kamen wir in HH Hbf an. Ich (und viele andere Fahrgäste) blieben in Hamburg, die Fahrgäste, die heute früh in NRW sein mussten, versuchten ihr Glück im 921, der um 23 Uhr fahren und nachts ab 2-3 Uhr ankommen sollte. Ich hab' eben im RIS nachgesehen - am Ende fiel der auch aus.

Fazit: Die DB-Personale im Zug waren hart gefordert und haben die Herausforderung gut gemeistert. Die Prozesse im Störungsfall sind stark verbesserungsfähig.


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