Bahnhöfe im Allgemeinen, Konstanz im Speziellen... (Allgemeines Forum)

Arctocebus, Sonntag, 05.06.2022, 18:38 (vor 683 Tagen)

Auch wenn hier im Forum die falschen Adressaten sind, mich nimmt es wunder ob man sich im Bahnbetrieb jetzt allgemein in Deutschland einfach an alles gewöhnt hat und alles einfach so hinnimmt, nach dem Motto "Hauptsache es fährt überhaupt noch ein Zug"?

Jedenfalls verschlug es mir heute in Konstanz die Sprache. Der Bahnhof wurde dem Augenschein nach vor nicht allzu langer Zeit saniert. Die Bahnsteigüberdachung auf Gleis 2 und 3 wirkte nagelneu. Auch die Bahnsteige. Dann jedoch: Der Boden hat sich offenbar schon gesenkt, von Richtung Osten (Kreuzlingen/ Lago) auf der Bahnhofstrasse kommend sieht man deutlich die Senke oder den Knick im Bahnsteig und an einer Stelle auch eine grosse Lücke zwischen den Betonsteinen. Schlechtes Fundament?

Kommt man dann in den Bahnhofsbereich erfreut man sich des architektonisch gelungenen, harmonischen Innenausbaus und der durchdachten Aufteilung zwischen Tourist Info und Reisezentrum DB und SBB.

Dann geht es aber los: Anscheinend wurde komplett vergessen, den Bahnhofsvorplatz sinnvoll in eine Nutzung einzubeziehen bzw. mehr daraus zu machen als ein Provisorium. Demzufolge liegen alte Fahrräder herum, überall Müll, der Boden ist uneinheitlich asphaltiert und markiert, mal stehen Taxis irgendwo, mal ist ein Bushalt markiert, dann wurde eine merkwürdige geschwungene Bodentreppe in eine Haltezone gebaut, daneben recht verloren der Sitzbereich des Restaurants, halb auf der Strasse. Nirgends ein Blindenleitsystem. Alles voller Müll und getrockneten Rinnsalen von Urin und Softdrinks.

Auf der Gleisseite ein noch verwahrlosteres Bild. Die WCs wegen Vandalismus geschlossen stinkt es an den Plakatwänden nach Urin, die Zuganzeiger sind mit Taubendreck verschmutzt, trotz der Abwehrstacheln. 10 grosse blaue Säcke mit Restmüll stehen an der Bahnhofswand, trotzdem ist der Bahnsteig mit Plastikbechern und undefinierbarer Essensreste vermüllt. Eine eigenartige Treppe ins Untergeschoss des Gebäudes ist mit Geländer versperrt, mangels Gittern oder Netzen ist natürlich die Treppe und das Untergeschoss komplett mit Müll verdreckt.

Der geschlossene Bahnhof bietet immerhin einen Servicepoint auf ("Wir helfen gerne"). Dieser ist anscheinend besetzt, aber die Tür ist zu und man weiss nicht richtig, was die Funktion des Herrn in der orangen Schutzweste darin genau sein soll, der Zugang zu diesem Raum mit Theke ist natürlich kaum zu finden, die Tür mit A4-Ausdrucken Marke Eigenbau verklebt, die morsche Holzstufe mit nur noch halb klebendem schwarz-gelben Sicherheitsband gibt dem Ganzen nochmals den Anschein des Provisorischen, Notdürftigen.

Im Kleinen zeigt sich, was im deutschen Bahnverkehr im Grossen alles nicht zusammenpasst: Es wird viel angeschafft und saniert, auch mit sinnvollen und ästhetischen Lösungen. Und dann ist es nur Stückwerk, nicht systemisch zu Ende gedacht. Und man lässt es sofort wieder verkommen. Wertschöpfung (für das grosse Ganze oder nur die Umgebung) und Werterhalt der Investition, dafür scheint es keinen Platz zu geben, das scheint die Verantwortlichen nicht zu interessieren.


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